20. Februar 1965: Stadt kriegt Millionen vom Staat

20.2.2015, 07:00 Uhr
20. Februar 1965: Stadt kriegt Millionen vom Staat

© Gerardi

Diese erfreuliche Nachricht brachte gestern Finanziminister Dr. Konrad Pöhner bei seinem ersten offiziellen Besuch im Rathaus mit. Er sicherte den beiden Bürgermeistern und dem Stadtrat zu, daß sich der Staat an den Kosten für eine Untergrundstraßenbahn zu einem Drittel beteiligen wird; das macht schon beim ersten Abschnitt neun Millionen aus. Alle neuen Klinikbauten werden zu 30 v. H. vom Finanzministerium mitgetragen. Für das geplante letzte Messegelände am Maxfeld, das 8,5 Millionen kosten wird, sagte Pöhner einen Zuschuß von 1,5 Millionen zu.

Freude über Aufgeschlossenheit

„Nürnberg ist jetzt in dieser Beziehung München“, das war fast gleichgestellt die einhellige Meinung des Ältestenrats nach der Sondersitzung mit dem Minister. Noch nie in der Nachkriegszeit hat man bei einem Staatsbesuch so viele strahlende Mienen gesehen. In einer Sondersitzung hinter verschlossenen Türen waren Dr. Konrad Pöhner die großen Probleme vorgetragen worden, die Nürnberg und seine Bürger beschäftigen. „Die Brocken habe ich noch nicht verdaut, aber eingesteckt“, sagte danach der Gast aus München, der sich von Stil und Form dieser Begegnung angenehm überrascht zeigte. Oberbürgermeister Dr. Urschlechter bekannte: „Wir freuen uns über die Aufgeschlossenheit, die man uns entgegengebracht hat!“

Am wichtigsten erscheint den Nürnbergern die Zusage, daß das Land Bayern ein Drittel der Kosten trägt, wenn das Massenverkehrsmittel Straßenbahn in die zweite Ebene verlegt wird. Mit den Arbeiten dazu ist auf der Strecke zwischen Fuchsstraße und Stadtgrenze Fürth bereits begonnen worden, wo die Tram später auf „Stelzen“ über die Fürther Straße und die Schnellstraße fahren wird. Als nächster Abschnitt ist geplant, sie in Langwasser unter die Erde zu verlegen. Allein diese beiden Projekte kosten 28 Millionen Mark, von denen nun der Staat neun Millionen bezahlt. „Ich muß anerkennend feststellen, daß die Verkehrsplanung der Stadt sehr real, nüchtern, sorgfältig und überlegt ist“, erklärte Dr. Pöhner. Daher sei es auch leicht gewesen, ihren Antrag auf einen bedeutenden Zuschuß zu genehmigen.

20. Februar 1965: Stadt kriegt Millionen vom Staat

© Gerardi

Der Minister brachte dem Regierungspräsidenten und dem Oberbürgermeister gleich eine Entscheidung mit, in der schwarz auf weiß festgehalten ist, was der Staat für eine Hoch- oder Tiefbahn (je nach den örtlichen Verhältnissen) zu tun gedenkt. Die Nürnberger sehen in dieser Zusage noch viel mehr, denn sie glauben, daß auch künftige Abschnitte der Straßenbahn in der zweiten Ebene in dieser Weise vom Land mitfinanziert werden. „Es ist die Hauptsache, daß wir diesen Zipfel in der Hand haben“, frohlockte ein Referent. Er durfte sich in seiner Meinung durch die Worte des Minister gestärkt fühlen: „Es ist ein denkwürdiger Tag, daß sich der Staat dazu bekennt, den Städten in ihrer Verkehrsnot zu helfen.“

Zuschüsse für die Gesundheit

Auf einem anderen Feld, dem Krankenhausbau, soll Nürnberg auch genauso behandelt werden wie die Landeshauptstadt, die für ihre neuen Kliniken in Harlaching – entgegen der bisherigen Gepflogenheit – einen Staatszuschuß von 30 v. H. erhalten hat. Als dies den Nürnbergern zu Ohren kam, schickten sie einen Beschwerdebrief nach dem andern an die Staatsregierung. „Wir wollten München nicht einseitig begünstigen“, versicherte Dr. Konrad Pöhner, der zugleich für die Zukunft auch der Stadt eine Beihilfe von 30 v. H. verhieß. Ein Anfang soll schon beim Alterskrankenhaus Sebastianspital und der Unfallklinik Erler gemacht werden. Beim geplanten Süd-Krankenhaus ist ebenfalls daran gedacht, nach dem „Modell Harlaching“ zu verfahren. Vom Land Bayern ist bares Geld für den Neubau einer weiteren Messehalle im Gelände am Maxfeld zu erwarten: es wird sich an den Gesamtkosten von 8,5 Millionen DM mit einem Zuschuß von 1,5 Millionen in drei Jahresraten beteiligen.

Oberbürgermeister Dr. Urschlechter kündigte an, daß schon in der Stadtratssitzung vom 3. März über die Finanzierung des Gebäudes beschlossen werden soll. Das Haus muß fix und fertig stehen, wenn die Spielwarenmesse 1966 beginnt. „Bei diesem Vorhaben wollen wir der Stadt weitgehend helfen“; erklärte der Finanzminister. Von guten Gesprächen über den Hafen Nürnberg zwischen der Stadt und seinen Behörden berichtete Dr. Pöhner. Sie aber allein genügten nicht, denn die Schwierigkeiten mit den Grundstücken müßten vom Landwirtschaftsministerium, bei der Eingemeindung vom Innenministerium ausgeräumt werden. „Ich habe daher ein großes gemeinsames Gespräch auf höchster Ebene vorgeschlagen, zu dem der Ministerpräsident alle wichtigen Ressorts der Regierung, die Stadt und die Regierung von Mittelfranken einladen soll“, sagte der Gast. Er gab zu erkennen, daß er dem Hafen eine außergewöhnliche Bedeutung für die Stadt und ganz Franken beimißt. „Damit wird Nürnberg als wirtschaftlich-industrieller Standort aufgewertet!“

Gobelin ist nicht vergessen

Hingegen war von dem berühmten Geschenk, das der Amtsvorgänger von Dr. Pöhner bei der Einweihung der Meistersingerhalle versprochen hatte und das schon zu manche Sticheleien Anlaß gab, in der Sitzung gar keine Rede. Der Gobelin soll aber noch kommen. Zunächst werden drei Akademie-Professoren – ein Münchner, zwei Nürnberger – beauftragt, Entwürfe auszuarbeiten. Der Wandteppich selbst wird von der Nürnberger Gobelin-Manufaktur hergestellt. „So einem Auftrag über 80.000 DM bekommt man nicht alle Tage“, meinte Pöhner.

Die Stadtväter hatten wohl gar nicht erwartet, daß an diesem einen Tage gleich alle ihre Blütenträume reifen. Sie waren überrascht genug, wie sehr der Minister sein Füllhorn ausschüttete. Daher durfte er sich ins Goldene Buch der Stadt eintragen. Als „selbstbewußter und begeisterter Franke“ zeigte sich Dr. Pöhner dieser Ehre wohl bewußt. Vom Oberbürgermeister bekam er als Erinnerungsgabe das Buch über die Meistersingerhalle.

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