Podiumsdiskussion der Nürnberger Nachrichten

Adidas und Puma: Sportgiganten auf Kuschelkurs

21.11.2017, 22:16 Uhr
Zwei Vorstandsvorsitzende mit Humor: Kasper Rorsted (Adidas) und Björn Gulden (Puma) stellten sich am Dienstagabend in Nürnberg nicht nur den Fragen von NN-Chefredakteur Michael Husarek (ganz rechts) und Kurt Heidingsfelder (links), Leiter des NN-Leserforums.

© Stefan Hippel Zwei Vorstandsvorsitzende mit Humor: Kasper Rorsted (Adidas) und Björn Gulden (Puma) stellten sich am Dienstagabend in Nürnberg nicht nur den Fragen von NN-Chefredakteur Michael Husarek (ganz rechts) und Kurt Heidingsfelder (links), Leiter des NN-Leserforums.

Früher war das einmal so: Wenn sich Menschen in der Kleinstadt Herzogenaurach begegneten, blickten sie sich gegenseitig erst in die Augen und dann sofort auf die Schuhe. Waren da drei Streifen drauf oder eine im Sprung geduckte Raubkatze? Arbeitete der andere bei Adidas oder bei Puma? Auf diese Weise wurde unter Umständen entschieden, ob man etwas miteinander zu tun haben wollte, oder nicht.

Die Mitarbeiter der Sportartikelhersteller trennte wie die Firmenchefs mehr als nur der geschäftliche Wettbewerb. Viel ist über diese Aversion geschrieben worden, die Geschichte des Streits zwischen Horst und Rudolf Dassler wurde mehrfach verfilmt, der Zwist wurde zum Mythos. Und wie ist das heute für die Vorstandsvorsitzenden? Für Kasper Rorsted, den gebürtigen Dänen an der Spitze von Adidas und Björn Gulden, den ehemaligen Fußballprofi aus Norwegen im Chefsessel von Puma? Von einer Feindschaft spüre er "absolut Null", meint Rorsted.

Natürlich hoffe er, dass sich möglichst viele Kunden für Produkte von Adidas entscheiden. Aber wenn nicht, sollen sie doch bitte, "bevor sie irgendwo anders kaufen", zu Puma gehen. Und zu den Streitigkeiten um Markt- und Patentrechte vor Gericht meint Gulden im vollbesetzten Sparkassen-Saal der TH Nürnberg nur: "Wir haben ja auch zwei große Rechtsabteilungen, die müssen irgendwie beschäftigt werden."

Skandinavische Gelassenheit beim Talk

Beim Talk der Nürnberger Nachrichten herrschte also in gewisser Weise skandinavische Gelassenheit und dass die beiden Steuermänner am Ruder weltbekannter Konzerne miteinander gut können, zeigte sich ja auch daran, dass sie überhaupt gemeinsam eine Bühne betreten haben. Denn dass sie sich zusammen den Fragen von Journalisten stellten, war eine Premiere. Wobei das einige gegenseitige Spitzen während der Moderation von NN-Chefredakteur Michael Husarek und dem Leiter des NN-Leserforums, Kurt Heidingsfelder, nicht ausschloss.

So erklärte Rorsted, dass er am Ende des Tages nicht etwa in Herzogenauracher Kneipen, dafür aber am frühen Morgen für eine Stunde im Fitnessbereich von Adidas zu finden sei. Und zwar, bevor sein Kollege Gulden in der Arbeit auftaucht, wie sich herausstellte. Nur einmal blitzte während der eineinhalbstündigen Veranstaltung der Nürnberger Nachrichten so etwas wie persönlicher Wettstreit auf: Bei der Aufzählung prominenter Sportler, die ihre Marken tragen.

Rorsted rechnet mit Durchbruch der 3-D-Drucktechnik

Ansonsten herrschte überwiegend freundliche Einigkeit, auch in der Bewertung des Firmenstandorts. "Herzo ist schön", meinte Puma-Chef Gulden. Und Rorsted verwies auf die eine Million Bewerbungen, die bei Adidas jährlich eingingen und eindrucksvoll zeigen würden, dass es nicht immer eine europäische, amerikanische oder asiatische Metropole sein muss. "Wir haben in Herzo eine lange Geschichte und darauf können wir stolz sein. Das ist ein Wettbewerbsvorteil", so Rorsted. Auch für Gulden gehört die Zentrale in Herzogenaurach zur "DNA" von Puma. Eine Rückkehr von größeren Teilen der Produktion nach Deutschland schlossen hingegen beide aus. Die Fertigung in Asien habe auch nichts mehr mit den Verhältnissen vor 15 Jahren zu tun, erklärten sie. In modernsten Fabriken würde alles andere als billigst und mit einem Knowhow produziert, dass es in Europa schon längst nicht mehr gäbe, so Rorsted.

Gleichwohl rechnet der 55-Jährige, der vor dem Wechsel zu Adidas bei Henkel die Geschäfte führte, mit dem baldigen Durchbruch der 3-D-Drucktechnik. Sie werde es in wenigen Jahren ermöglichen, dem Kunden im Geschäft vor Ort auch in Deutschland einen maßgeschneiderten Schuh anzubieten - gegen einen entsprechend höheren Preis gegenüber dem Standart-Sortiment. Doch auch diese Technik werde wohl vor allem in Asien zum Einsatz kommen, meinte Gulden. "Der Markt in China wächst am schnellsten. Deshalb werden dort wohl auch die meisten Drucker stehen".

Spende an den Behindertensportverein Nürnberg

Ebenso wie bereits jetzt die Fabriken für die Massenproduktion. Und nach welchen Leitsätzen versuchen die beiden Firmenchefs eigentlich persönlich zu leben und zu handeln, was geben sie ihren Kindern mit auf den Weg? Aus dem Sport könnten sehr viele Lehren gezogen werden, meinten beide.

Auf dem Fußballfeld etwa müsse man lernen, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die besser oder schlechter seien als man selber, aber deshalb nicht weniger wert, sagte Gulden: "Sei flexibel und offen für Menschen" lautet sein persönliches Motto, das Rorsted noch um das "gute Benehmen" ergänzte. Dazu gehörte auch eine Spende an den Behindertensportverein Nürnberg über insgesamt 5000 Euro, der am Ende des NN-Talks stand.

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