Den Rechtsterroristen auf der Spur: NSU-Podium in Nürnberg

Sabine Stoll/ Elke Graßer-Reitzner

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30.1.2019, 20:43 Uhr
Allein in Nürnberg brachte der NSU drei Menschen um.

© Martin Hähnlein/BR Allein in Nürnberg brachte der NSU drei Menschen um.

Ein gemeinsames Rechercheteam von Nürnberger Nachrichten und Bayerischem Rundfunk ist den Unterstützern der Rechtsterroristen auf der Spur. Allein in Nürnberg brachte der NSU drei Menschen um, hier begann im Jahr 2000 die Mordserie. Doch wer half Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe bei ihren grausamen Taten? Das Team von NN und BR ist auf zahlreiche Sympathisanten und Verbindungsleute gestoßen, die sich teilweise jahrelang in der Region tummelten.

Das NSU-Trio pflegte etwa rege Kontakte zu Größen aus der fränkischen Neonazi-Szene. Der damals in Fürth wohnende Matthias Fischer, ein mehrfach vorbestrafter Volksverhetzer, sagte in einer Vernehmung dem Bundeskriminalamt, er habe Uwe Mundlos gekannt. Und Fischers Name stand auf einer von Mundlos gefertigten Telefonliste mit Daten von möglichen Fluchthelfern, die man 1998 in einer Jenaer Garage neben Rohrbomben fand.


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Ein früherer Führungskader der Szene, den das Rechercheteam ausfindig gemacht hatte, offenbarte den Journalisten, dass Fischer nach einem Treffen im Nürnberger Szenelokal "Tiroler Höhe" mit Gesinnungsgenossen über Anschläge gesprochen habe: Man habe geplant, mit Panzerfäusten den Nürnberger Justizpalast "wegzuschießen“. Zudem war Beate Zschäpe in Begleitung einer Gruppe Rechtsradikaler in Fischers Stammpizzeria in Fürth-Stadeln Anfang der 2000er Jahre gesehen worden, wie eine Augenzeugin berichtete. 

Der gelernte Maler Fischer, der heute in Brandenburg lebt, hatte auch zum direkten NSU-Umfeld Kontakt. Die Sächsin Mandy S. zum Beispiel besuchte Schulungen der mittlerweile verbotenen "Fränkischen Aktionsfront", die Fischer mit aufgebaut hatte. 

Mandy S. gilt als wichtige Helferin des Trios, weil sie Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe eine Wohnung im Untergrund besorgt hatte. Die Friseurin lebte in den Jahren 2002/2003 einige Monate in Büchenbach bei Roth und absolvierte dort im Schützenheim Schießübungen, wie das NN-BR-Rechercheteam aufdeckte. 

Ebenso ist die Rolle des Verfassungsschutzes noch nicht aufgearbeitet. Ein V-Mann, der sich selbst als "Gauleiter von Franken“ bezeichnete und heute unter anderem Namen in Nürnberg lebt, ermöglichte der fränkischen Neonazi-Szene den Austausch mit dem "Thüringer Heimatschutz", aus dem dann der NSU hervorging. Gegenüber dem Rechercheteam wollte sich der ehemalige V-Mann nicht zu seinen Verflechtungen äußern.


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Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe als oberste Strafverfolgungsbehörde der Bundesrepublik ermittelt auch ein gutes halbes Jahr nach der Verurteilung von Beate Zschäpe weiter. Derzeit führe man gegen neun namentlich bekannte Beschuldigte Ermittlungsverfahren, sagte ein Sprecher auf Anfrage.

Außerdem laufe ein Verfahren gegen unbekannt. Dabei gehe es um "Strukturermittlungen", also Ermittlungen bezüglich des Netzwerks. Doch ob Anklage erhoben wird, ist fraglich. Denn zunächst will der Generalbundesanwalt die schriftliche Begründung im Zschäpe-Urteil abwarten, ehe er entscheidet, wie es weitergeht. 

"Die Arbeit des Rechercheteams im Fokus" heißt das Publikumsgespräch im Bildungszentrum Nürnberg am Mittwoch, 6. Februar, um 18 Uhr. Die Veranstaltung findet im Fabersaal am Gewerbemuseumsplatz 2 statt. Der Eintritt ist frei, aber eine Anmeldung ist nötig: Kurs Nr. 00061 ist hier buchbar.


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