Fall 31: Wenn das Geld für den Arzt nicht reicht

Maria Segat

Neumarkter Nachrichten

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15.12.2018, 12:52 Uhr
Fall 31: Wenn das Geld für den Arzt nicht reicht

© Foto: Fengler

"Na, dann schauen wir doch mal" — das ist ein Satz, den wohl schon viele Menschen beim Arzt gehört haben, bevor die Behandlung losgeht. So auch Martin K. an diesem Tag im Dezember. Vor einigen Wochen ist er krank geworden, muss seitdem dreimal die Woche versorgt werden. Krankenpfleger Patrick Philipps misst ihm, wie immer, zu Beginn den Blutdruck.

Ein ganz normaler Besuch beim Arzt? Fast. Denn Martin K. ist nicht krankenversichert. Er ist einer von vielen Patienten in Nürnberg, die jedes Jahr ohne ärztliche Hilfe bleiben würden — wenn es die Straßenambulanz nicht gäbe.

Etwa 1300 Menschen kamen in diesem Jahr in die nach Franz von Assisi benannte Einrichtung im früheren Franziskanerkloster St. Ludwig in Gibitzenhof. In etwa genauso viele wie 2017, sagt Roland Stubenvoll, Krankenpfleger und Leiter der Einrichtung. Unter ihnen sind Obdachlose ebenso wie Menschen aus sozial schwachen Verhältnissen. "Das kann auch der Rentner von nebenan sein, der so am Ende des Monats besser über die Runden kommt." Denn nicht bei jedem Klienten, der in die Straßenambulanz kommt, geht es um die ganz große Hilfestellung. "Manchmal fehlen am Ende des Monats eben nur die fünf Euro für die Rezeptgebühr", erklärt Stubenvoll.

Für andere Patienten dagegen ist die Straßenambulanz die einzige Option, überhaupt eine Behandlung zu bekommen, sowohl in ärztlichen Sprechstunden wie pflegerisch. So auch für Martin K. Der Nürnberger ist gelernter Installateur, hat in verschiedenen Jobs gearbeitet, zuletzt bei einem Wachdienst.

Fall 31: Wenn das Geld für den Arzt nicht reicht

© F.: Matejka

Das war 2001, dann ging die Firma pleite, K. verlor seinen Job. Zunächst bekam er Arbeitslosengeld, doch dann habe er Schwierigkeiten gehabt, einen neuen Pass zu beantragen, und nicht gewusst, an wen er sich wenden sollte, so erzählt es der 44-Jährige. K. verlor die Kontrolle. Und mit ihr nicht nur die finanzielle Unterstützung, sondern auch seine Wohnung — und seine Krankenversicherung. "Die übliche Geschichte", nennt er das. "14 Jahre lang habe ich mich so durchgeschlagen", sagt er. Mal übernachtete er bei Bekannten, mal bei seiner Mutter. "Ich hab immer gesagt, ich komm schon irgendwie klar, und so war es auch, bis ich krank wurde."

Dass K. nun regelmäßig in die Straßenambulanz kommt, bedeutet für ihn Glück im Unglück: Hier wird ihm nicht nur die notwendige medizinische Versorgung geboten, sondern auch eine neue Perspektive. Denn die Fürsorge hört nicht bei der Gesundheit auf. "Wir arbeiten mit vielen weiteren sozialen Einrichtungen zusammen", erklärt Leiter Stubenvoll.

So hat K. die Unterstützung gefunden, die ihm wieder auf die Beine hilft. Mit seinem neuen, vorläufigen Ausweis konnte er so einen neuen Antrag auf Arbeitslosengeld stellen. "Wenn ich bald wieder eine eigene Wohnung hätte, das wär’ schon was", sagt er.

Auch arbeiten möchte K. gerne wieder, doch aufgrund seiner Erkrankung werde es bis dahin noch etwas dauern. Das Wichtigste für ihn: wieder eine Krankenversicherung zu haben.

Solange er die nicht hat, muss die Straßenambulanz die Behandlung von Menschen wie ihm aus einem Zuschuss der Stadt Nürnberg decken. Der entspricht aber nur etwa der Hälfte der üblichen Vergütung durch die Krankenkassen. Für vieles weitere ist die Ambulanz auf Spenden angewiesen: für Medikamente, Antibiotika und Verbandsmaterial, für Laborkosten und auch für Impfstoffe. Denn einige der Patienten, die das Team von Roland Stubenvoll behandelt, sind noch Säuglinge. Kinder nichtversicherter Eltern, die sonst keine Vorsorgeuntersuchungen erhalten würden.

Auch Kleidung und Mahlzeiten

Auch für den nichtmedizinischen Bereich der Ambulanz sind Spenden wichtig: Es gibt eine Kleiderkammer, in der Secondhand-Kleidung verteilt wird. Im ehemaligen Franziskanerkloster haben wohnungslose Menschen auch die Möglichkeit, ihre Wäsche zu waschen und zu duschen. Und im Tagestreff wird täglich mit gespendeten Lebensmitteln gekocht, drei Mahlzeiten am Tag.

In dem holzgetäfelten Raum ist es warm, in der Ecke steht ein großer Weihnachtsbaum. Wer sich an die Regeln hält, kann sich hier den ganzen Tag aufhalten. "Das ist auch für die medizinische Versorgung sehr wichtig", erklärt Leiter Stubenvoll. Der Tagestreff ist ein niedrigschwelliges Angebot, jeder darf kommen. "Wenn jemand erst einmal da ist, ist es für uns viel leichter zu sagen: ,Hör mal, du siehst aber nicht gut aus, komm doch mal eben mit‘", erklärt er.

Was sich erreichen lässt, zeigt das Beispiel von Martin K. Er ist entschlossen, sein Leben in geregeltere Bahnen zu bringen. Zur Unterstützung der Klienten bittet auch "Freude für alle" um Gaben für die Straßenambulanz.

Die "Freude für alle"-Spendenkonten:
Sparkasse Nürnberg:
DE63 7605 0101 0001 1011 11;
Sparkasse Fürth:
DE96 7625 0000 0000 2777 72;
Sparkasse Erlangen:
DE28 7635 0000 0000 0639 99;
Postbank Nürnberg:
DE83 7601 0085 0400 0948 54
Alle Spendernamen werden veröffentlicht (außer bei dem Vermerk "anonym"). Für zweckgebundene Zuwendungen bitte Fallnummer angeben, für eine Spendenbestätigung außerdem die vollständige Adresse.

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