Griechische Filmtage stellen sich neu auf

21.11.2018, 13:03 Uhr
Griechische Filmtage stellen sich neu auf

Der Umzug aus dem Stadtzentrum nach Gostenhof ist dem 3. Bauabschnitt im Künstlerhaus und der vorübergehenden Schließung des Festsaals geschuldet. Für Elene Psoma passt das Gastspiel im schmucken Rio-Palast jedoch perfekt: In der Nachbarschaft konzentriert sich ein Großteil der griechischen Gemeinde Nürnbergs. Und dass die neuen türkischen Betreiber des Rio, Yasmin und Bülent Terzioglou, das Kino spontan für die Kollegen öffneten, hat Psoma sehr gefreut: "Wir wollen ein Miteinander, kein Gegeneinander."

Die 44-Jährige, die in Nürnberg aufgewachsen ist und in Erlangen studierte, war vom Griechischen Kunstclub, Veranstalter der Filmtage, nach dem Abschied der bisherigen Leiterin Irini Pappa angefragt worden. Eine naheliegende Wahl, Psoma hat über die Anfänge der griechischen Filmgeschichte promoviert und während ihrer Dissertation ein enges Netzwerk zur Cinemathek in Athen und dem Filmmuseum in Thessaloniki aufgebaut.

Auch die aktuelle griechische Kinoszene beobachtet sie genau. Filmemacher wie Giorgos Lanthimos, der seit "Dogtooth" international Karriere macht, und Athina Rachel Tsangari ("Attenberg") hätten dem im Ausland lange Zeit kaum mehr beachteten griechischen Film einen kleinen Boom beschert. "Greek weird Cinema" sei zu einem festen Begriff für das junge, wilde Kino des Landes geworden.

Eröffnung mit "Amerika Square"

Lanthimos ist inzwischen auch in Hollywood gefragt. Hautnah an den Problemen Griechenlands sind die Werke, die Psoma – teils als Deutschland-Premieren – in Nürnberg zeigt. Im Zentrum stehen die Wirtschaftskrise, unter der die Griechen nach wie vor massiv leiden, und das Flüchtlingsthema. Der Eröffnungsfilm "Amerika Square" führt die Schicksale ganz verschiedener Menschen zusammen. Darunter ist der arbeitslose, rechtsradikale Nakos, dem es gar nicht passt, dass in seinem Viertel immer mehr Flüchtlinge wohnen und der gegen die "Überfremdung" mobil macht.

Griechische Filmtage stellen sich neu auf

© F.: André De Geare

Auch "Worlds Apart" erzählt, verbunden mit drei ungewöhnlichen Liebesgeschichten, von den sozialen Umbrüchen, von Flüchtlingen, die in Griechenland festsitzen, und von Griechen, die von ihren Arbeitgebern vor die Tür gesetzt werden. Obwohl die Themen bitterernst sind, zeichne beide Filme eine bemerkenswerte Leichtigkeit aus, versichert Psoma.

Ganz besonders empfiehlt sie "Sofias Sohn", auch wenn die Geschichte sehr melancholisch sei: Als der elfjährige Misha von seiner Mutter aus Russland nach Athen geholt wird, trifft er auf einen extrem konservativen, von Vorurteilen behafteten Stiefvater, vor dem er sich in eine dunkle Märchenwelt flüchtet. Der Film von Elina Psykou wurde auf Festivals vielfach ausgezeichnet. Zur Vorführung am 25. November kommt Hauptdarstellerin Valery Tscheplanowa.

André Hennicke zu Gast

Auch Regisseur Christos Georgiou stellt seinen Film "Happy Birthday" über eine schwierige Vater-Tochter-Beziehung, die vor dem Hintergrund gewalttätiger Demonstrationen spielt, am 23. November persönlich vor. Zu den Gästen zählt nicht zuletzt der bekannte Schauspieler André Hennicke, der in "Die letzte Notiz" von Altmeister Pantelis Voulgaris einen deutschen Lagerkommandanten verkörpert, der während der deutschen Besatzung 1944 die Exekution von 200 Griechen veranlasste.

Deutlich unbeschwerter geht es in der Filmcollage "Dance Fight Love Die" zu, ein Langzeitportät der griechischen Musik-Legende Mikis Theodorakis. Und mit dem 1991 auf der Berlinale preisgekröntem Kinderfilm "Der Floh" gibt es auch diesmal einen Klassiker, der in Deutschland allerdings nie ins Kino kam. "Floh" heißt die Zeitung, die der in einem Bergdorf lebende zwölfjährige Elias herausgibt – handgeschrieben und voller fantastischer Reiseberichte. Die Dorfbewohner tun den Jungen als Spinner ab, bis ihn eine Journalistin aus Athen kennenlernen will.

Begleitet wird das Filmprogramm von einer Podiumsdiskussion zum Thema "Migration – wann ist man Zuhause?" (25. November), Konzerten und einer Ausstellung mit Filmplakaten aus dem Filmmuseum Thessaloniki. Sie zeigen eindrucksvoll, wie junge Künstler in den 50er bis 70er Jahren Kinowerbung zur Kunstform erhoben.

Rio-Palast Nürnberg, Fürther Str. 61; Eröffnungsfeier 22.11.,  18 Uhr; bis 25. November; www.griechische-filmtage-nbg.de

Keine Kommentare