Kippenplage in Nürnberg: Soll Tabakindustrie zahlen?

Sabine Stoll

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22.12.2018, 05:26 Uhr
Kippenplage in Nürnberg: Soll Tabakindustrie zahlen?

© Stefan Hippel

Wer offenen Auges durch die Stadt geht, kann das Problem nicht übersehen: Gerade in der Innenstadt, wo Tausende zu Fuß unterwegs sind, sammeln sich die Kippen; insbesondere um Sitzbänke herum oder an Baumscheiben. Wie viel Zigarettenmüll Jahr für Jahr in Nürnberg zusammenkommt, wird zwar nicht eigens erfasst. "Aber wir reden nicht von ein paar Kilo, wir reden von immensen Mengen", sagt Bürgermeister Christian Vogel (SPD) auf Anfrage.

Wer glaubt, bei der nächsten Reinigung durch die Mitarbeiter von Sör ist alles wieder weg, irrt. Denn die Stadt macht immer häufiger mit großen Kehrmaschinen sauber. Diese kommen aber nicht überall hin. Zigarettenkippen, die vom Wind oder Regen in Ecken geweht beziehungsweise geschwemmt wurden, bleiben liegen. Auch die gelben Stummel, die zwischen den Gittern der Baumscheiben landen, werden nur sporadisch entfernt. "Handreinigung ist nur noch die Ausnahme", so Vogel, weil die Stadt die Gebühren im Rahmen halten will.

"Ist zumindest diskussionswürdig" 

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat vor dem Hintergrund der wachsenden Vermüllung eine Abgabe der Tabakindustrie für das Einsammeln von Zigarettenstummeln ins Gespräch gebracht. "Wer Wegwerfartikel wie Zigaretten herstellt, wird künftig mehr Verantwortung für den Müll übernehmen müssen", sagte Schulze. "So könnte die Zigarettenindustrie zum Beispiel an den Kosten für die Reinigung von Stränden oder Parks beteiligt werden." (wir berichteten)

"Dass sich die Tabakindustrie beteiligen muss, ist zumindest diskussionswürdig", findet Bürgermeister Vogel, der als Sör-Chef für das Thema Müll zuständig ist. Wobei er sich noch nicht genau festlegen will, ob er Schulzes Vorschlag für wirklich realisierbar hält. Denn wer sei der Verursacher, fragt er. Sei das die Tabakindustrie oder sei das nicht der Raucher, der seine Kippe wegwerfe?

Zwischen Ablehnung und Zustimmung

Um andere Meinungen zum Thema zu hören, hat Vogel auf seiner Facebook-Seite selbst die Frage gestellt: "Wie seht ihr das, ist das richtig und sinnvoll? Oder sagt ihr, dass soll weiterhin die Allgemeinheit über die Straßenreinigungsgebühren und/oder Steuern bezahlen?"

Die ersten Reaktionen reichen erwartungsgemäß von Ablehnung bis Zustimmung. Etliche Kommentatoren fordern, dass Raucher zur Kasse gebeten werden, wenn sie ihre Kippen einfach wegwerfen.

Wer erwischt wird, dem droht schon jetzt ein Bußgeld. Soweit die Theorie. "Das wird nicht funktionieren", so Vogel. Da bräuchten wir 1000 Mitarbeiter, die das kontrollieren."

"Sie wirken dadurch schlicht unansehnlich"

Die Stadt versucht derweil im Kleinen, der Kippenplage Herr zu werden. Am Zugang zur Königstorpassage, am Zentralen Omnibus-Bahnhof oder vor dem Hauptbahnhof wurden Bodenascher installiert. Und vielleicht animieren ja auch die brandneuen grauen Mülleimer, die es bald in der Stadt geben soll, den einen oder anderen dazu, seine Zigarette darin zu versenken.

Denn pro Jahr müssen Hunderte der bislang orangefarbenen Mülleimer ausgetauscht werden. Der Grund: Sie seien beschmiert worden oder mit Zigarettenasche so übersät, dass man sie nicht mehr verwenden könne, so Vogel. "Sie wirken dadurch schlicht unansehnlich." Jetzt also (asch)grau — für die bessere Optik.

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