Mann in Nürnberg erstochen: Angeklagter gesteht Tat

Ulrike Löw

27.11.2018, 20:00 Uhr

Vor fünf Jahren drückten die Männer gemeinsam die Schulbank: Drogendelikte hatten beide hinter Gitter gebracht, im Gefängnis in Bayreuth holten sie den qualifizierenden Mittelschulabschluss nach. 2014 kam Clemens K. (Namen der Betroffenen geändert) frei – doch der Tag, an dem sie wieder draußen vor der Tür stehen, ist für Gefangene schwer. Viele haben einen Berg Schulden und weder Wohnung noch Job. Clemens K. schlüpfte erst bei seiner Mutter, dann bei seiner Schwester unter und mühte sich redlich, so schildert heute seine Mutter als Zeugin vor der Schwurgerichtskammer, sich ein neues Leben aufzubauen – ohne Straftaten, Spielsucht und Drogen.

2015 verliebte er sich in Sandra H. und wurde bald Vater. Dass sie jene Sandra H. nicht für die Beste aller Schwiegertöchter hielt, verhehlt die Mutter im Landgericht nicht, diese hätte "psychische Probleme“ und "Schaum vor dem Mund, wenn sie ausrastet", außerdem habe Sandra H. ihrem Sohn Clemens im Streit die Nase gebrochen. Im Juli 2017 verließ Clemens, trotz des kleinen Sohnes, seine Freundin. Das Drama hätte an dieser Stelle enden können.

Frau geriet zwischen Männer

Doch im November 2017 kam Kumpel Jonas G. aus der Haft, die Männer trafen sich sofort – allerdings hielt die Knastfreundschaft in Freiheit nicht, auch weil Sandra H. zwischen die Männer geriet. "Wir sind im Krieg auseinander", schildert die 32-Jährige. Die Rolle als Mutter und Hausfrau sei ihr schwergefallen, "turbulent" ging es in der Beziehung mit Clemens zu, bis er einen Schlussstrich zog. "Ich hätte ihn nicht verlassen", sagt sie und erzählt, eine Nacht mit Jonas verbracht zu haben. Doch weil die Trennung an ihr nagte, war nicht mehr als eine Freundschaft drin. Dennoch bot sie Jonas an, bei ihr zu wohnen.

Sein ehemaliger Knast-Kumpan als Mitbewohner der Ex-Freundin und quasi Babysitter für sein kleines Söhnchen – für den Kindsvater Clemens eine unerträgliche Vorstellung. Am 14. Mai 2018 traf sie Clemens zum Abendessen, schildert Sandra H. vor Gericht. Als sie ihm eröffnet habe, dass gerade Jonas G. zu Hause den kleinen Sohn hüte, verlangte er, dass "der Typ in den nächsten 30 Minuten seine Sachen packt und auszieht". Sofort sei er aus dem Lokal gespurtet. "Er war total geladen." Sandra H. rief Jonas G. an, riet ihm dringend, in der Wohnung zu bleiben. "Ich war sicher, dass sich die Männer schlagen würden", sagt sie. Sie sei in die U-Bahn gestiegen und nach Hause gerannt.

Mitten ins Herz

Doch als sie endlich die Wohnung in der Sigmundstraße erreichte, standen schon die Rettungsfahrzeuge, Notarzt und Polizei, vor der Tür. Clemens K. (28) verblutete gerade auf dem Bürgersteig. Er habe nicht mehr klar denken können, behauptet Jonas G. ein halbes Jahr später vor Gericht. Clemens K. habe Sturm geklingelt und auf der Straße getobt. Er selbst habe Angst gehabt und ging bewaffnet mit einem Küchenmesser nach draußen. Sein Stich ging mitten ins Herz. "Ich war nur Untermieter, nicht mehr", weint er vor der Schwurgerichtskammer und erklärt, dass er gerne die Zeit zurückdrehen würde. Heimtückisch, so die Anklage, habe er einen Mord begangen. Jonas G. ist 32 Jahre alt, ein Drittel seines Lebens saß er bereits hinter Gittern. Nun könnte eine lebenslange Freiheitsstrafe folgen. Der Prozess geht weiter.