Sparkasse Nürnberg: "Die Deutschen lieben ihr Bargeld"

5.9.2016, 17:33 Uhr
Sparkasse Nürnberg:

© Fotos: Sabine Göb

NZ: Der 500-Euro-Schein wird abgeschafft, ist das der Beginn der von vielen prognostizierten Bargeldabschaffung?

Matthias Everding: Ich glaube nicht, dass das Bargeld abgeschafft wird. Ich denke, es wird nach wie vor seine Bedeutung haben. Richtig ist sicher, dass der 500-Euro-Schein bei den wenigsten Menschen im Portemonnaie vorkommt, ich behaupte, dass 90 Prozent der Deutschen den 500er gar nicht kennen. Insofern ist das ein Punkt, bei dem die Vermeidung von Geldwäsche und das Interesse an Bargeschäften aufeinanderstoßen können.

Experten sagen, dass die derzeitigen Niedrigzinsphase, in der auch Negativzinsen zur Debatte stehen, durch eine Bargeldabschaffung eher durchzudrücken sei, da es den Leuten dann unmöglich gemacht wird, bei den Banken ihr Geld zu holen und damit der negativen Verzinsung zu entgehen. Sehen Sie diesen Zusammenhang?

Everding: Es ist sicher unglücklich, dass die Diskussion über die Abschaffung des 500ers gleichzeitig in die Zeit der Niedrigzinsen fällt, das hätte man besser zwei Jahre vorher oder nachher diskutieren sollen. Ich glaube nicht, dass einer der Beteiligten – außer vielleicht einigen Theoretikern – Interesse daran hat, das Bargeld wegen der Negativzinsen abzuschaffen. Das würde sich in Europa nicht durchsetzen lassen.

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Wie sieht es denn innerhalb Europas aus mit der Liebe zum Bargeld?

Everding: Es ist schon so, dass Deutsche und Österreicher ihr Bargeld lieben, wobei ich dafür keine rationale Erklärung habe. Ich verstehe es ehrlich gesagt auch nicht, auch wenn immer das Argument der Datensicherheit kommt. Ich bin sicher, dass Deutschland eines der strengsten Datensicherheitsgesetze hat. Auf der anderen Seite werden Payback-Karten genommen, es wird alles mögliche auf Facebook gepostet. Ich war gerade in Norwegen im Urlaub, dort wird vor Ort fast alles ohne Bargeld bezahlt. Wenn man in einem Restaurant mit Bargeld ankommt, wird man schon überrascht angesehen. Da hat jede Bedienung ein mobiles Kartenlesegerät, womit sich Deutschland ja nach wie vor schwertut.

Was wären die Vorteile der Abschaffung des Bargelds?

Everding: Ich denke schon, dass es für alle Seiten bequemer wäre. Für den Kunden, der nicht mehr sehen muss, ob er das passende Geld dabei hat. Für den Händler, der sich das Procedere mit Ein- und Auszahlung sparen könnte. Auch das Thema Hygiene ist in bestimmten Fällen abenteuerlich. Und für Banken und Sparkassen würde der bargeldlose Verkehr ebenfalls vieles erleichtern.

Was kostet uns der Umgang mit Bargeld, der elektronische Geldverkehr kostet ja auch Gebühren?

Everding: Wenn alle beim elektronischen Geldverkehr dabei wären, käme der Markt mit Gebühren sicher in Bewegung. Bargeld ist relativ teuer, wir als Sparkasse haben allein etwa 800 000 Euro im Jahr Kosten für Bundesbank und Werttransporte etc. Aber es wird sich beim Thema elektronischer Zahlungsverkehr in den nächsten Jahren sehr viel tun.

Was wären die Nachteile der Abschaffung von Bargeld?

Everding: Es wird argumentiert, dass man keinen Überblick über die Ausgaben mehr hätte. Wenn man einmal die Woche den Kontoauszug holt, dann kann ich das nicht nachvollziehen. Es mag sein, dass es psychologisch schwerer fällt, den Schein aus dem Geldbeutel zu nehmen als die Karte hinzuhalten. Zweitens der Datenschutz, weil man theoretisch nachvollziehen kann, wo jeder gewesen ist, aber das dürfte niemand in der Realität auswerten.

Und das Thema Hacking, also unerlaubter elektronischer Zugriff auf fremde Konten?

Everding: Ich denke, das kommt theoretisch nicht häufiger vor, als dass Bargeld geklaut wird. Wenn einer am Geldautomat abhebt und überfallen wird, dann hat das für ihn die gleichen Konsequenzen wie bei einem unerlaubten elektronischen Zugriff auf das Konto: Das Geld ist weg. Es wird nur anders wahrgenommen.

Wie wäre es bei kleinen Beträgen, etwa für den Straßenmusiker oder den Bettler mit Hut? Soll der sich dann ein Lesegerät anschaffen?

Everding: Ich denke, das ist eine Frage der Gewohnheit. Ein Bettler mit EC-Gerät wäre sonderbar, zugegeben. Das Bargeld wird auch nicht abgeschafft. Es wird immer einen gewissen Umlauf an Cash geben.

Wie erleben Sie die Diskussion im Kreis der Experten?

Everding: Bestimmte Dinge könnte man schon noch tun, wie die Abschaffung der Ein- und Zwei-Cent-Münzen, die nur Platz wegnehmen im Portemonnaie und stören. Beim Bezahlen haben sie keinen Sinn. Das zeigt auch das Beispiel Niederlande, wo das schon de facto der Fall ist. Insgesamt dürfte es aber in den kommende Jahren eine starke Entwicklung hin zum bargeldlosen Zahlen geben. Derzeit dürfte es in Deutschland 50:50 sein. Kleinere Beträge bis etwa 50 Euro gehen bar über den Tresen, größere Beträge lieber bargeldlos. Es ist auch eine Frage der Generationen. Ältere Menschen mögen lieber Bargeld als jüngere.

Gegen eine Einführung der 5000-Euro-Bargeld-Obergrenze haben sich etliche Branchen gewehrt, ist die Schwarzgeldproblematik aus Ihrer Sicht so groß?

Everding: Ich weiß es nicht im Detail, aber ich glaube, dass die wenigsten schon mal eine Transaktion über 5000 Euro mit Bargeld vorgenommen haben. Daher weiß ich nicht, ob es so viele Fälle in der Praxis gibt, bei denen solche Summen Bargeld eine Rolle spielen. Und wo es eine Rolle spielt, da ist man dann auch schnell in der Grauzone – wo viel Bargeld im Umlauf ist, gibt es häufig Gründe dafür.

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