Welpenschmuggel in Franken: Geschäft mit dem Mitleid

24.9.2016, 06:00 Uhr
Welpenschmuggel in Franken: Geschäft mit dem Mitleid

© Tierheim Nürnberg

NZ: Frau Rickert, werden hier mehr Transporte aufgegriffen als in anderen Städten?

Daniela Rickert: Ganz im Gegenteil, In Nürnberg finden wir relativ wenig Transporte, weil wir wenig Autobahnen haben im Stadtgebiet. Der Eindruck entsteht aber, weil das Tierheim hier logistisch, personell und funktionell gut aufgestellt ist. Daher schaffen es die Mitarbeiter dort, die Tiere auch in Quarantäne zu nehmen. Denn viele dieser Tiere kommen krank hier an. Die großen Transporte sind Einzelfälle, aber wir haben es täglich mit den Fällen aus den Ebay-Kleinanzeigen zu tun.

NZ: Was hat es damit auf sich?

Rickert: Das kann man unter dem Begriff "Wühltischwelpen" zusammenfassen. Ich produziere billig Welpen im Ausland, schaffe die illegal nach Deutschland im Kofferraum des Privatautos und verscheuere sie über Kleinanzeigen. Da fährt man am Wochenende mal zur Oma ins Ausland und kommt mit dem Schwung Welpen zurück, die dann hier aus der Wohnung heraus verkauft werden. Diese Hunde kommen oft unter unglaublichen Umständen auf die Welt, dann kommt der Transportstress dazu. Aber sobald man einen Welpen sieht, setzt der Verstand aus, man sieht nur noch den armen Wurm, den man retten will. Dem einen tut man vielleicht was Gutes, aber damit zieht man weitere Welpen aus dieser Zucht nach, die vielleicht unterwegs krepieren.

NZ: Wie finden Sie diese schwarzen Schafe heraus?

Rickert: Unter anderem durch Mitbürger, die uns anrufen und sagen, dass ihnen da was komisch vorkommt. Das sind Leute, die sich Gedanken machen, bevor sie sich einen Hund kaufen, und dann stutzig werden. Andere haben solche Händler gezielt auf dem Kieker, die haben sich auf die Fahne geschrieben, solche illegalen Hundeverkäufe bei uns zu melden.

Daniela Rickert, Tierärztin beim städtischen Veterinäramt, sprach mit uns über das skrupellose Geschäft mit den wehrlosen Tieren.

Daniela Rickert, Tierärztin beim städtischen Veterinäramt, sprach mit uns über das skrupellose Geschäft mit den wehrlosen Tieren.

NZ: Gibt es denn trotz der Aufklärung dafür noch einen Markt?

Rickert: Zurzeit sind die Moderassen in aller Munde, Mops, Französische und Englische Bulldogge. Wir Tierärzte sprechen da schon von Qualzuchten, die von Geburt an Probleme haben. Aber die tauchen in der Werbung auf, das ausgeprägte Kindchenschema funktioniert da, diese Hunde sind im Trend. Bei einem seriösen Züchter kommen Sie erst mal auf die Warteliste. Die illegalen Züchter sind aber auch nicht mehr blöd und verkaufen ihre Hunde längst nicht mehr für 300 Euro, das kann schon bis 800 oder 1000 gehen. Keiner sagt, das sind illegal importierte Hunde. Die bekommen einen ungarischen, bulgarischen oder slowakischen Impfpass als Ausweis und werden gechipt. Eigentlich müssten sie mindestens 15 Wochen alt sein, um über die Grenze zu kommen, aber beim letzten Transport war einer dabei, der maximal sechs Wochen alt war, also viel zu früh von der Mutter getrennt wurde.

NZ: Welche Geschichten erzählen die illegalen Händler ihren Kunden?

Rickert: Mittlerweile ist bekannt, dass immer mehr Käufer darauf achten, ob die Hündin noch dabei ist. Inzwischen habe ich mehrfach gehört, dass statt des Muttertieres irgendein anderes erwachsenes Tier in der Wohnung herumläuft und als Mutter vorgestellt wird. Ein anderer Händler sagte, er sei plötzlich allergisch gegen Hundehaare geworden und hat mit dieser Masche immer wieder Hunde vertickt, angeblich "schweren Herzens". Das fällt erst auf, wenn die gleiche Anzeige öfter erscheint.

NZ: Was kann man tun, um nicht auf so einen Händler reinzufallen?

Rickert: Wenn Sie einen Rassehund haben wollen, dann schauen Sie sich unbedingt die Umgebung an, wo der aufgewachsen ist. Lassen Sie sich nie den Hund anliefern, egal mit welcher Ausrede. Ein normaler, guter Züchter will Kontakt zu Ihnen haben, bevor die Welpen geboren sind. Dann besuchen Sie die Welpen mehrmals - und der Welpe sucht Sie dann aus! Die Chemie muss stimmen. Wenn Sie als potenzieller Käufer dem Züchter nicht gefallen, dann gehen Sie ohne Hund heim und bekommen nicht noch den zweiten dazu. Man merkt es schon im Verkaufsgespräch, die illegalen Händler wollen die Hunde einfach schnell weg haben.

NZ: Sonstige Fallen für Hundefreunde?

Rickert: Viele Hunde aus sogenannten Rettungsaktionen aus dem Ausland - so viele Tiere, wie da ins Land kommen, so groß kann das Problem nicht sein. Etliche dieser Tiere werden gezielt für den deutschen Markt gezüchtet. Auf der Homepage der Schutzorganisation sollte ein Impressum stehen, außerdem die Erlaubnis nach § 11 Tierschutzgesetz. Und je herzzerreißender die Geschichten sind, desto vorsichtiger sollte man sein. Einen kinderfreundlichen Hund aus der Tötungsanstalt - wie soll das gehen? Ich erlebe immer wieder große Angst vor Menschen bei diesen Tieren - und der Hund soll dann in der Stadt wohnen und auch noch dankbar sein? Aber auf Facebook wurde ja garantiert, dass der Hund menschenbezogen ist.

NZ: Was also tun, wenn man einen Hund will?

Rickert: Die Tierheime sind voll mit Hunden, die schwer vermittelbar sind, viele sind groß, alt und schwarz. Selbstverständlich wollen die Tierheime wissen, wohin das Tier vermittelt wird, und kontrollieren dann auch, ob der Platz passt. Und zwar ganz zu Recht. Jeder Händler, der so etwas nicht abfragt, ist schon mal dubios.

Mehr Informationen finden Sie unter: www.wühltischwelpen.de oder  www.tierschutz-tvt.de.

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