"Die Menschen in Georgien brauchen eine Perspektive"

25.6.2015, 16:33 Uhr

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Sechs Tage lang war der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete im Rahmen einer Pressereise unterwegs, wanderte zu einem in 2500 Metern Höhe gelegenen Kloster und durch Weinberge, traf bekannte Künstler, Politiker, Schriftsteller und einen Mönch, der Wein anbaut. Hufe sah beeindruckende Landschaften, fruchtbare Ebenen, 5000 Meter hohe, schneebedeckte Berge, Wasserfälle, Klöster, Dörfer, Städte und überall „gut gelaunte freundliche und weltoffene Menschen“. Das Land, so groß wie Bayern am östlichen Ufer des Schwarzen Meeres gelegen, hat „viel Westliches“. Die Bevölkerung ist multikonfessionell und multi-ethnisch, wobei das Christentum überwiegt.

Hufe hat erfahren, dass Georgien eine lange Tradition hat, es lag an der Seidenstraße nach China und hat wirtschaftliche Blütezeiten hinter sich, in denen schon immer der Weinanbau dank des milden Klimas eine tragende Säule war.

Es ist nicht verwunderlich, dass sich die Mehrheit der 4,5 Millionen Einwohner zum Westen hingezogen fühlt. Das bekam Peter Hufe vor allem in einem Vieraugengespräch mit dem Staatsminister für Nato- und EU-Angelegenheiten, David Bakradze, zu hören. Die Bevölkerung habe Angst davor, dass Russland das kleine Land wieder an sich binden will. „Die Georgier können allein in dieser politischen Lage nicht überleben“, so Hufe.

1921 besetzte die Rote Armee das Land am Schwarzen Meer. Bis 1991 gehörte Georgien zur UdSSR. In den Regionen Abchasien und Südossetien herrscht immer noch starke russische Militärpräsenz. Dort hat die georgische Regierung noch nicht die Kontrolle. Es sei auch für Touristen nicht erlaubt, dort einzureisen, weiß Hufe zu berichten.

Aufnahme in EU im Visier

Am liebsten würde Georgien lieber heute als morgen der EU und der NATO beitreten. Ein kleiner Schritt in diese Richtung wurde 2014 getan, als ein Assoziierungsabkommen mit der EU vereinbart wurde. Das bedeutet, dass Georgien in den Genuss von Handelserleichterungen und mehr politischer Kooperation kommt. Damit einher geht auch eine Annäherung an EU-Rechtsvorschriften.

Der Minister machte in dem Gespräch deutlich, dass die Menschen in seinem Land eine Perspektive brauchen. Die Konflikte in den besetzten Gebieten könnten jederzeit wieder aufflammen, betonte er. Hufe warnt allerdings eindringlich davor, dass die EU nicht zum Block gegen Russland werden solle.

Aber warum sollte das traditionsreiche Land nicht vom Westen profitieren? Ein Beispiel sei der Weinanbau. Wo die Massenproduktion noch nicht Einzug gehalten hat, wird der Wein auf eine besondere Art und Weise hergestellt. Mit der Maische wird der Wein sechs Monate in riesigen Tongefäßen, sogenannten „Qvevri“ unter der Erde gelagert und vergoren. Erstklassige Weine würden so entstehen, die auch in Westeuropa gut vermarktet werden könnten.

Und auch touristisch habe das Land viel zu bieten. Wandern, Skifahren, Baden, kulturelle Städtetrips – alles ist möglich. Derzeit nutzen diese Möglichkeiten überwiegend die Reisenden aus den Nachbarländern Russland und Türkei.

Hufe lernte auf seiner Reise auch den bedeutendsten Schriftsteller des Landes, Lasha Bakradze, kennen. Da die Georgier eine eigene Sprache und Schrift haben, sind seine Werke relativ unbekannt. Peter Hufe könnte sich vorstellen, mit Hilfe von Projekten einige Werke zu übersetzen, zumal Georgien im Jahr 2018 auch das Partnerland bei der Frankfurter Buchmesse ist.

Der Hilpoltsteiner Politiker hat sich auf alle Fälle zum Ziel gesetzt, „Georgien mehr in den Blick zu nehmen“. Er könnte sich eine partnerschaftliche Zusammenarbeit vorstellen. Als Mitglied des Rundfunkrats des Bayerischen Rundfunks will er Redakteure des BR überzeugen, einen Schwerpunkt auf das Land am östlichen Rand Europas zu setzen und vielleicht passend zur Buchmesse 2018 mehr darüber zu berichten. Ihm schwebt darüber hinaus vor, auf einer weiteren Reise Kollegen aus der SPD–Fraktion und/oder die bayerische Staatsministerin für europäische Angelegenheiten mitzunehmen.

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