Mit viel Herzblut Akzente gesetzt

9.10.2015, 17:53 Uhr
Mit viel Herzblut Akzente gesetzt

© Foto: Robert Schmitt

Bereits 1975 hatte eine Enquete-Kommission im Bundestag Vorschläge erarbeitet, wie die Situation psychisch kranker und behinderter Menschen bundesweit verbessert werden könnte. Hauptrichtung war eine wohnortnahe medizinische Versorgung, ergänzt um ambulante psychosoziale Unterstützungsangebote. So hat die Arbeiterwohlfahrt 1985 in Schwabach einen Sozialpsychiatrischen Dienst gegründet und 1995 die erste betreute Wohngruppe eingerichtet.

Kern der Versorgung

Diplom-Psychologin Dorothea Markowiak ist dort Frau der ersten Stunde. Sie leitet den SpDi seit seiner Gründung. Chefin des Betreuten Wohnens ist die Sozialpädagogin Anita Stumpp. Mit 19 weiteren hauptamtlichen Kräften und zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeitern bilden sie den Kern der psychosozialen Versorgung für psychisch Erkrankte in Schwabach und dem Landkreis Roth.

Der SpDi besitzt dafür Außenstellen in Roth und in Hilpoltstein. Hauptgeldgeber ist der Bezirk Mittelfranken, der für die Arbeit des SpDi jährlich 400 000 Euro aufwendet. Die Stadt und der Landkreis steuern sehr viel kleinere Beträge bei.

Allein im Betreuten Wohnen werden 54 Frauen und Männer im Alltag unterstützt. „Psychisch erkrankte Menschen haben oft Schwierigkeiten, geeignete Hilfen eigenständig zu finden und in Anspruch zu nehmen“, erklärte Markowiak eine Hauptschwierigkeit ihrer Arbeit. „Hier übernehmen wir Verantwortung und vermitteln schnell Hilfen“, so die Psychologin. „Dabei ist eine tragfähige und vertrauensvolle Beziehung unabdingbar.“

Dank weiterer Träger gebe es mittlerweile ein enges gemeindepsychiatrisches Versorgungssystem, in dem der SpDi fest verankert sei. „Wir sind eine wichtige Anlaufstelle für viele Bürger, die unter psychischen Belastungen leiden oder sich in einer Lebenskrise befinden“, erklärte Markowiak. Bald werde außerdem eine Tagesstätte in Schwabach das Netz noch weiter verbessern. Ferner habe man eine eigene Fachkraft für psychisch erkrankte Senioren beantragt.

Anita Stumpp betonte den Unterschied zwischen Betreutem Wohnen und einer stationären Einrichtung. „Unsere Klienten müssen ihr gewohntes Umfeld oder ihre Autonomie nicht aufgeben“, hob sie hervor. „Der größte Teil lebt in der eigenen Wohnung oder bei den Familien.“ Dort erhielten sie langfristige Unterstützung im Alltag.

Leider komme es auch häufig vor, dass sie in einer Obdachlosenunterkunft wohnen, fügte Stumpp hinzu. „Denn ein Großteil wohnungsloser Menschen leidet unter psychischen Störungen.“

Das betreute Wohnen stelle außerdem darauf ab, dass die Menschen über eigenes Geld verfügen. Ein Mindestmaß an sozialen Kontakten und eine Beschäftigung sollen ebenfalls möglich sein. Das „Kochteam“ biete diese Möglichkeit für Schwabach. Im größeren Maßstab sorge das Awo-Unternehmen „Auf Draht“ in Roth für angemessene Arbeitsplätze.

Flucht, Asyl, Trauma

Für Grußworte waren regionale Politiker der verschiedenen Ebenen sowie der Vorsitzende der Awo Roth-Schwabach in die Schwabacher Marionetten-Bühne gekommen. Sie war gewählt worden, um die Feierlichkeiten mit einem Theaterstück zu bereichern. „Die Unbelehrbaren“, eine Nürnberger Gruppe aus Psychiatrie-Erfahrenen, Angehörigen und Studenten, zeigte eine Performance über Flucht, Asyl und Traumatisierung.

Der Thalmässinger Bezirksrat Ernst Schuster (CSU) hob die Bedeutung der elf Sozialpsychiatrischen Dienste in Mittelfranken hervor. „Ihre Arbeit ist außerordentlich wichtig, weil es unsere Gesellschaft hervorbringt, dass die Zahl der Betroffenen ständig zunimmt“, so Schuster. „Dafür gilt Ihnen unser Dank.“

Schwabachs Oberbürgermeister Matthias Thürauf (CSU) lobte die offene und leicht zugängliche Arbeitsweise des SpDi und hielt es für wichtig, sie ordentlich zu finanzieren. „Machen Sie weiter so“, lautete sein Appell.

Bezirksrat Walter Schnell (Freie Wähler), Erster Bürgermeister Kammersteins und stellvertretender Landrat, sah Steuergelder beim SpDi als „gut eingesetzt“ an. Auf dem Arbeitsfeld der psychisch Kranken war die Awo Roth-Schwabach seiner Ansicht nach „Vorreiter und hat Akzente gesetzt“.

Erfolgsgeschichte

Für Awo-Chef Hartmut Hetzelein haben beide Einrichtungen seit ihrer Gründung eine Erfolgsgeschichte geschrieben. Er dankte seinen Vorgängern bei der Awo, „dass sie den Mut und die Weisheit hatten, sie zu gründen“. Das Personal habe über Jahrzehnte mit Herzblut gearbeitet und sich einen ausgezeichneten Ruf erarbeitet, fand Hetzelein.

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