Mut zu mehr Sichtbarkeit beweisen

27.3.2019, 06:00 Uhr
Mut zu mehr Sichtbarkeit beweisen

© Foto: Norbert Kiesewetter

Herr Schneider, es gibt doch schon Unternehmertreffs, die selbstverständlich auch Homosexuellen offenstehen. Warum braucht es für diesen Personenkreis einen eigenen Unternehmer-Verband?

Marcel Schneider: Zum einen, weil die Homophobie wieder steigt. In Nachbarländern wie Polen und Tschechien ist es ganz schlimm, von Russland will ich gar nicht reden. Aber auch das Nürnberger Denkmal, das an verfolgte Homosexuelle während der Nazizeit erinnert, ist zuletzt mehrfach beschmiert worden.

Und deshalb einen eigenen Unternehmertreff?

Schneider: Nicht nur deshalb. Wir wollen auch zeigen, dass homosexuelle Unternehmer und Selbstständige nicht nur Friseure oder Modedesigner sind. Beim ersten Treffen war ein Schornsteinfegermeister dabei, ein Steinmetzmeister, eine Goldschmiedemeisterin, ein Hausverwalter, ein Schlosser-Obermeister, eine Psychologin, ein Rechtsanwalt, ein Designberater, ein Fotograf und ein Journalist. Ein Florist, eine Sängerin und ein Gastronom waren verhindert, wollen aber beim nächsten Mal kommen.

Was wollen Sie erreichen?

Schneider: Zunächst einmal wollen wir sichtbar sein. Viele Homosexuelle, Bi- und Transsexuelle trauen sich auch heute noch nicht, sich zu outen. Gerade in der Berufswelt, sowohl angestellte Mitarbeiter als auch die Leute in den Chefetagen, verstecken sich oftmals aus Angst vor befürchteten beruflichen Konsequenzen. Bei einem Unternehmertreff wie dem unseren können sich solche Leute viel leichter austauschen. Eines aber möchte ich betonen: Der Treff definiert sich ausdrücklich nicht über Sexualität. Es geht darum, dass wir wirtschaftliche und gesellschaftliche Themen ansprechen.

Wie soll das gehen?

Schneider: Ach, da ist zunächst einmal kein großer Unterschied zu einem herkömmlichen Treff. Wir planen Firmenbesichtigungen oder Kulturabende. Dann wird es aber auch Außenauftritte geben, wie beim Nürnberger Christopher-Street-Day.

Und welche Botschaft wollen Sie dabei transportieren?

Schneider: Die Botschaft, dass unsere Community kein Bittsteller für alles mögliche sein will. Sondern dass wir über eine enorme Wirtschaftskraft verfügen und oft überdurchschnittliche Leistungen für diese Gesellschaft erbringen.

In Nürnberg gibt es bereits eine Regionalgruppe des sogenannten Völklinger Kreises, ein bundesweites Netzwerk für schwule Führungskräfte und Selbstständige. Machen Sie dieser Gruppierung nicht Konkurrenz?

Schneider: In der Tat gab es Überlegungen, diese Regionalgruppe wieder zu vitalisieren. Doch das war schnell vom Tisch. Denn dort sind tatsächlich nur Schwule dabei. Wir dagegen wollen auch offen sein für Lesben, für Bi- und Transsexuelle und selbstverständlich auch für Heteros.

Ganz losgelöst von bestehenden Strukturen arbeiten Sie aber nicht.

Schneider: Wir haben schon über die Gründung eines Vereines oder Verbandes gesprochen, das aber dann vorerst verworfen. Vielmehr wollen wir uns jetzt unter dem Dach des seit über 40 Jahren etablierten Vereins Fliederlich in Nürnberg etablieren. Aber es geht ganz bewusst nicht nur um Nürnberg, es geht um ganz Franken. Beim ersten Treffen waren Leute aus Bamberg dabei, aus Feucht, aus Schwabach, aus Kammerstein, aus Rednitzhembach. Interview: ROBERT GERNER

ZWer mehr über den LSBTI-Treff für Unternehmer und Selbstständige wissen will, kann sich an per E-Mail Organisator Marcel Schneider wenden: info@by-marcel.de

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