Werte als Königsweg

19.2.2016, 17:29 Uhr
Werte als Königsweg

© Foto: Jürgen Leykamm

Sehr zur Freude des Kammerchefs mit einem klaren Credo: Er wünscht sich, dass immer mehr Betriebe die „Ethik nicht mehr als Hindernis auf der Straße zum Gewinn, sondern als Königsweg dorthin“ wahrnehmen. Die IHK geht dabei selbst mit gutem Beispiel voran. Sie ist Teil des Netzwerks „Global Compact“, das die Firmen zu sozialer und ökologischer Selbstverpflichtung ermuntert und in diesem Sinne die Weiterbildung zum „CSR Manager“ ermöglicht. Hier hat die IHK Nürnberg für Mittelfranken ein bundesweit einheitliches Konzept entwickelt, das auch von den „Großen“ der verschiedenen Branchen wahrgenommen wird. Als erster Bundesligaclub klopfte Werder Bremen an die Tür.

Doch Werte soll es überall in der Wirtschaft geben. In der öffentlichen Wahrnehmung zeichnet sich ein anderes Bild. „Die Werte gehen kaputt,“ moniert „Toolcraft“-Gründer und Chef Bernd Krebs, dafür gäbe gerade „die Autoindustrie ein leuchtendes Beispiel“. Der Georgensgmünder Spezialist für Präzisionsteile aus Metall und Kunststoff will stattdessen den vom IHK-Präsidenten vorgeschlagenen Königsweg gehen. Das ist ein Grund, warum man sich hier immer noch als Familienbetrieb definiert — „und das bleiben wir auch!“ Trotz der rund 300 Mitarbeiter (deren Gros aus der Region kommt) und des Ziels, das halbe Tausend in absehbarer Zeit voll zu machen.

Die Kunden sind freilich in der Regel anders strukturiert. Deren Sprache müsse man natürlich auch sprechen können. „Da sind wir flexibel“, so Karlheinz Nüßlein, neben Krebs einer von drei Geschäftsführern bei „Toolcraft“. Was zeigt: Hier setzt man auf flache Hierarchien. Und auf eine Mitarbeitervertretung statt eines Betriebsrats. Was den Kundenkreis anbelangt, will die Firma zu starke Abhängigkeiten vermeiden. Der größte Abnehmer sorgt gerade für acht Prozent des Umsatzes. Die Palette und damit das Risiko ist weit gestreut. Eben weil das schnelle Geld keine Maxime ist.

Wohl der Mitarbeiter im Blick

„Wir fragen nicht nach dem Shareholder Value“, so Krebs. Sondern nach dem Wohl der Mitarbeiter, die hier auch am Gewinn beteiligt werden. Und nach dem, was langfristig dem Unternehmen und den Menschen nützt. Als Paradebeispiel hierfür gilt die Übernahme der Spalter Firma „Trix“ im Jahr 2005. Dort war die Mitarbeiterzahl nach der Insolvenz auf ein halbes Dutzend geschrumpft, fünf von ihnen über 60 Jahre alt. Man zog gemeinsam den Karren aus dem Dreck, „Toolcraft“ investierte acht Millionen und so entstanden sogar 120 neue Arbeitsplätze. Als 2009 die Finanzkrise der Wirtschaft zu schaffen machte, verhielt sich die Firma antizyklisch und stellte sogar Arbeitnehmer ein. Im Gegenzug zeigt sich das Personal loyal gegenüber dem Unternehmen und solidarisch untereinander, wenn mal der Gürtel enger geschnallt werden muss.

Die soziale Einstellung der Chefetage weckt auch die Lust der Mitarbeiter am Tüfteln. Und das wiederum zahlt sich aus: Als erstes Unternehmen fertigte man eine Auspuffanlage für einen Formel-I-Wagen im Metalllaserschmelzverfahren (3 D-Druck) und trug so seinen Teil zum Weltmeistertitel des Kunden bei. Alle Rennställe in jener Sparte greifen heute auf „Toolcraft“ zurück. Im gleichen Verfahren fertigt die Firma auch Bauteile aus Titan für die Luftfahrt. Das Unternehmen sei hier „wettbewerbslos“, so Krebs.

Im Formenbau für Kleinstteile im Hörgerätebereich „sind wir weltweit unter den Top drei!“ betont Krebs. „Wir bearbeiten Materialien, an denen sich andere gar nicht mehr herantrauen.“ Und das gelingt, weil der gesamte Prozess von der Materialanalyse bis zur Überprüfung eng ineinandergreift. Auch hier hilft es, familiäre Zusammenarbeit zu pflegen. „Wir sind eine Gemeinschaft und leben sie auch“, so der Chef. Neuestes Kind ist die Programmierung von Robotern, die auf digitalem Wege ebenso zur „Zusammenarbeit“ animiert und damit ihrerseits einen familiären Anstrich bekommen – auch hier muss man lange auf dem Globus nach Ähnlichem suchen.

Der ganzheitliche Ansatz gilt auch gegenüber dem Kunden: „Wir wollen kein Teil spritzen, sondern Lösungen anbieten.“ Mittlerweile agiert „Toolcraft“ auch als Prüfstelle für Hochsicherheitsteile in den Bereichen Luftfahrt und Motorsport. Als erstes Unternehmen wagte man sich auch ans Keramikschleifen für Autoteile. Auch die Ruhmeshalle der hier Ausgebildeten ist groß: 80 Staatspreisträger gilt es zu verzeichnen. Nach dem größten „Wert“ für die Firma gefragt, denkt Krebs aber viel grundsätzlicher und im wahrsten Sinn des Wortes familiär: „Meine Frau“, sagt der Chef an beider 33. Hochzeitstag.

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