DGB zieht positive Bilanz für den Mindestlohn

25.6.2015, 08:27 Uhr
DGB zieht positive Bilanz für den Mindestlohn

© Foto: Schmitt

In ganz Mittelfranken seien es 182.000 Menschen oder 22 Prozent, „die nun mehr Geld in der Tasche haben“, wie Geschäftsführer Stephan Doll vom DGB betonte. „Geringfügig Beschäftigte profitieren am meisten.“ Im Landkreis Roth erhalten knapp 1900 Vollzeitbeschäftigte höheren Lohn und in Schwabach annähernd 800.

Bei einer Pressekonferenz zogen Doll und Harald Krautwald, DGB-Chef im Kreis Roth-Schwabach, eine erste Bilanz für die Region. Regina Schleser, Geschäftsführerin der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG), ergänzte aus ihrer Sicht.

Stephan Doll erhob dabei Vorwürfe gegen die CSU und einen Teil der Arbeitgeber. „Beide wenden sich gegen Überprüfungen, weil sie die Sauereien nicht aufdecken wollen“, so Doll. Manchen Arbeitgebern warf er vor, sich gegen das Aufschreiben der Arbeitszeiten insbesondere bei Minijobs zu wenden, „weil sie schon zuvor Betrüger waren“. Dass sich die CSU öffentlich gegen Überprüfungen durch den Zoll wende, so der DGB-Vertreter, das stelle die Verhältnisse völlig auf den Kopf. „Sonst ist die CSU immer die Law-and-Order-Partei, die jede Art von Kontrolle unterstützt“, so Doll, „nun aber stehen sie auf Seiten der Betrüger, die Angst haben aufzufliegen.“ Dabei hätten jüngste Umfragen erneut gezeigt, dass 80 Prozent der Bevölkerung den Mindestlohn unterstützen.

Er habe auch eine weitere Amerikanisierung des Arbeitsmarkt verhindert. Schließlich habe insbesondere die Entwicklung eines Niedriglohnsektors zu den Zielen der Hartz-Gesetze gehört. „Sowohl die Zerstückelung von Arbeitsplätzen als auch der Anstieg von Menschen, denen ihr Gehalt nicht zu Leben reicht und die deshalb einen Minijob annehmen müssen, ist eingedämmt worden“, sagte Doll und untermauerte seine Behauptung mit Zahlen. „Der Mindestlohn ist ein voller Erfolg und eine historische gewerkschaftspolitische Leistung“, war er überzeugt.

„Messergeld“ bei Friseuren

Zugleich stellten er, seine NGG-Kollegin und Krautwald fest, dass Arbeitgeber nach wie vor versuchten, den Mindestlohn zu unterlaufen. Über eine Hotline melden Arbeitnehmer entsprechende Einflussnahme. Sie reiche von der Berechnung des Arbeitsmaterials und das Anrechnen von Trinkgeldern über Entlohnung in Kinokarten und Popcorn bis zur Kontrolle der Arbeitszeit bei Taxifahrern durch Sensoren im Fahrersitz. Auch Urlaub werde gestrichen, gewisse Leistungen nicht mehr erbracht oder bei Friseuren „Messergeld“ verlangt.

„Wenn die CSU hier keine Kontrolle will, dann geht der Beschiss weiter“, sagte Doll und warf dem bayerischen Ministerpräsidenten vor, seine „Bürokratie-Monster-Kampagne“ bereits sieben Tage nach Inkrafttreten des Gesetzes begonnen zu haben, als noch gar keine Erfahrungen vorlagen. „Seine massiven Angriffe haben bis heute nicht aufgehört, obwohl sich sämtliche Befürchtungen im Vorfeld als falsch erwiesen haben“, erklärte Doll und verwies auf die Prognosen von Hans Werner Sinn, Chef des Ifo-Instituts, der den Verlust von 700 000 Arbeitsplätzen vorausgesagt hatte. „Das Gegenteil ist der Fall: die Arbeitslosigkeit wird weiter abgebaut“, erklärte der DGB-Geschäftsführer.

Seiner Meinung zufolge wird der Mindestlohn auch positive Folgen auf die Wahlbeteiligung haben. „Denn die bisher Abgehängten im Niedriglohnsektor und in der Langzeitarbeitslosigkeit werden dadurch für Demokratie begeistert“, so Doll.

Jüngste Zahlen des DGB belegen laut Doll, dass die Zahl der im Niedriglohnsektor Beschäftigten von 1995 bis 2012 bundesweit um 42,1 Prozent von 5,9 Millionen auf 8,4 Millionen gestiegen ist. In Mittelfranken habe es seit 2005 „auf den ersten Blick ein Jobwunder gegeben“, so Doll, das aber ausschließlich auf den massiven Anstieg prekärer Beschäftigung zurückgehe. Diese Entwicklung sei mit dem Mindestlohn gestoppt worden.

Als Forderungen des DGB nannten Doll und Krautwald die Beibehaltung der Kontrollen und der Dokumentationspflicht sowie eine Abschaffung der Ausnahmen vom Mindestlohn. Ferner müssten Regeln zu seiner Erhöhung konsequent eingehalten werden. „Die jetzige Höhe schützt nämlich nicht vor Altersarmut“, sagte Stephan Doll.

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