Ilse Aigner beim Neujahrsempfang der CSU Kammerstein

11.1.2016, 09:15 Uhr
Ilse Aigner beim Neujahrsempfang der CSU Kammerstein

© Foto: Robert Schmitt

Auch und gerade in der fränkischen Heimat des parteiinternen Konkurrenten wie beim Neujahrsempfang der Kammersteiner CSU.

Rund 80 Anhänger lockt Ilse Aigner am frühen Samstagabend nach Neppersreuth in den komplett modernisierten Hof des Ehepaars Petra und Martin Schnell.

Der Empfang im großen Saal im ersten Stock über der Kürbispresse und dem Hofladen folgt dem CSU-Ritual: Der Kammersteiner Landtagsabgeordnete und Kreisvorsitzende Volker Bauer führt Ilse Aigner zu den Klängen des Bayrischen Defiliermarsches durch die Reihen der klatschenden Anhänger.

Lob für Söder und Herrmann

Bauer freut sich sichtlich, im kleinen Kammerstein einen solch großen Namen begrüßen zu können. Die Nachfolgefrage aber spricht er nicht einmal augenzwinkernd an. Und auch Ilse Aigner vermeidet alles, was auch nur entfernt nach zänkischer Postenrangelei klingen könnte.

Im Gegenteil: Souverän lobt sie ausdrücklich sowohl Innenminister Joachim Herrmann („In Bayern können wir uns sicher fühlen“) als auch Finanz- und Heimatminister Markus Söder, der beim Breitbandausbau „einen super Job macht“.

Ilse Aigner beim Neujahrsempfang der CSU Kammerstein

© Robert Schmitt

Kritisch auf Distanz geht sie dagegen zur Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel. „Im Ziel sind wir uns einig, aber es gibt noch Nuancen über den Weg, um es vorsichtig zu sagen“, sagt Ilse Aigner und unterstreicht einmal mehr die Position der CSU: „Die Menschen in Bayern zeigen eine unglaubliche humanitäte Leistung. Aber eine Million Flüchtlinge jedes Jahr überfordert das Land. Wir brauchen eine Obergrenze.“

„Beratungsresistente Kanzlerin“

Auch Volker Bauer hält die CSU-Haltung für eine „Politik des gesunden Menschenverstands. Deshalb würde ich mir wünschen, dass die Kanzlerin nicht ganz so beratungsresistent ist“.

Unterstützung bekommt Ilse Aigner später sogar von der politischen Konkurrenz. Kammersteins Bürgermeister Walter Schnell von den Freien Wählern zeigt sich „sehr angetan“ von ihren kritischen Worten und stellt aus Sicht der Kommunalpolitik vor Ort klar: „Wir sind an der Grenze unserer Möglichkeiten. Wenn wir in einem Jahr nicht 1,1, sondern zwei Millionen Flüchtlinge haben, dann habe ich größte Bedenken.“

Mortler: „Schärfere Gesetze“

Zu den Übergriffen in der Silvesternacht in Köln äußert sich Aigner so klar wie differenziert: „Es darf nicht sein, dass solche Vorkommnisse auch noch zunächst verschwiegen werden. Das schürt Misstrauen. Es darf auch nicht so weit kommen, dass sich Frauen anpassen müssen, sondern der Staat muss hart gegen die Täter vorgehen.“ Gleichzeitig betont Aigner: „Das ist aber ein Thema, das man nicht einseitig auf Flüchtlinge beziehen darf, sondern das ist ein generelles Problem.“

Ilse Aigner beim Neujahrsempfang der CSU Kammerstein

© Günther Wilhelm

Eines, mit dem sich die Bundesregierung schon in dieser Woche intensiv befassen werde, wie die CSU-Bundestagsabgeordnete Marlene Mortler in ihrem Beitrag ankündigt. „Wir brauchen schärfere Gesetze. Ich hoffe, dass auch die SPD mitzieht. Und diese Gesetze können schneller kommen, als sich das manche träumen lassen.“

Hoher Qualifikationsbedarf

Vor unrealistischen Träumen warnt Ilse Aigner bei der Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt. Sie zitiert und unterstreicht die Einschätzung von SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles, dass nur etwa zehn Prozent der Flüchtlinge die nötige Qualifikation mitbrächten. Entsprechend große Anstrengungen seien erforderlich und würden von Bayern auch angegangen.

Koalitionsvertrag auf Prüfstand

Doch nur mit einer florierenden Wirtschaft sei die notwendige Integration denkbar. „Deshalb dürfen wir die Wirtschaft nicht gängeln“, betont sie. Und deshalb geht Aigner auf Konfliktkurs gerade mit der SPD. Sie fordert Korrekturen des Koalitionsvertrags in der Wirtschaftspolitik. „Den müssen wir uns neu anschauen.“

Ilse Aigner beim Neujahrsempfang der CSU Kammerstein

© Robert Schmitt

Nochmals auf den Prüfstand stellen will sie die „Rente mit 63“ und die „unglaublich bürokratische Aufzeichnungspflicht“ beim Mindestlohn. Klar spricht sich Bayerns Wirtschaftsminsterin auch für Zeit- und Werkverträge („Wir brauchen diese Flexibilität“) und gegen die Erbschaftssteuer („Die Substanz zu besteuern verhindert Investitionen“) aus.

Doch bei der Energiepolitik hat Ilse Aigner auch Lob für den SPD-Chef, Wirtschaftsminister und Vizekanzler parat: „Da ist auf Siegmar Gabriel Verlass.“ Die Bundesregierung habe sich auch bei den höchst umstrittenen Stromtrassen auf eine für Bürger „möglichst verträgliche“ Lösung geeinigt: „Das heißt, wir buddeln’s ein.“

„Mir ist nicht bang“

Am Ende ihrer Rede und zu Beginn des neuen Jahres zeigt sich Ilse Aigner trotz größter Herausforderungen optimistisch. Bayern und Deutschland stünden im weltweiten Vergleich hervorragend da.

„Mir ist um die Zukunft nicht bang“, ruft sie ihrer Basis zu. „Wir können die Probleme stemmen.“

Und das klingt beinahe wie die Kanzlerin.

Keine Kommentare