„Muschelkinder“ haben eine neue Schule in Penzendorf

22.7.2015, 09:53 Uhr
„Muschelkinder“ haben eine neue Schule in Penzendorf

© Foto: Schmitt

Noch sind die „Muschelkinder“ in Räumen in Nürnberg untergebracht. Ab 1. August wird der Umzug beginnen, so Renate Merk-Neunhoeffer, Leiterin der Comenius-Schule im Hilpoltsteiner Auhof.

Der elfjährige Jakob wollte überhaupt keinen Zweifel aufkommen lassen. Er kniete nieder, um den Boden des großen Gymnastikraums im Penzendorfer Schulgebäude zu küssen. Das sollte wohl zweierlei bedeuten: Er nimmt die ehemalige Grundschule für die „Muschelkinder“ in Besitz, und er freut sich über den tollen Übungsraum. Der Boden im jetzigen Raum an der Nürnberger Pestalozzistraße ist ihm nämlich zu weich.

Die eigene Schule für Kinder mit einer Behinderung aus dem Spektrum des Autismus ist vor 20 Jahren auf Betreiben von Eltern gegründet worden. Aufgrund umfangreicher Renovierungsarbeiten im bisherigen Nürnberger Domizil hat sich die Schule nun für drei Jahre in Penzendorf eingemietet.

Die 28 Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter zwischen sechs und 20 Jahren, die ab September in Penzendorf vier Klassen bilden werden, sind häufig normal intelligent, brauchen aber intensive lebenspraktische und pflegerische Betreuung.

In Hilpoltstein besucht ein zwölfjähriger Autist augenblicklich einen Tag pro Woche sogar das Gymnasium. Im nächsten Schuljahr sollen es zwei Tage werden. „Kognitiv kann er dort mehr lernen, lebenspraktisch ist er bei uns besser aufgehoben“, sagte Merk-Neunhoeffer. Die Sonderpädagogin will deshalb eng mit anderen Schulen Schwabachs zusammenarbeiten. Dazu wird sie beispielsweise an den Schulleiterkonferenzen teilnehmen.

Den Penzendorfer Schulbau findet sie bestens geeignet für ihre Schützlinge. „Autisten brauchen Platz zum Rennen und Toben, deshalb sind die kleine Turnhalle und der Garten ideal“, sagte die Schulleiterin.

Vor vier Wochen sind die ersten Handwerker angerückt. Jetzt wird in und an dem Schulhaus intensiv gearbeitet. Schließlich ist es seit annähernd drei Jahren nicht mehr schulisch genützt worden. Zuletzt waren dort zwei Kindergartengruppen untergebracht. „Deshalb hatten wir Investitionen aufgeschoben“, erklärte Margarethe Koenen vom Gebäudemanagement des Schwabacher Baureferats.

Nun werden die Wände gestrichen und die Fassade erneuert, die Böden werden ausgetauscht, und eigene Ruheräume eingerichtet. Bis 1. August wird innen alles tiptop sein. In der dritten Augustwoche sollen auch die Außenarbeiten beendet sein.

Freude über neue „Nachbarn“

„Wir freuen uns sehr, dass wir nun hier arbeiten können“, sagte Renate Merk-Neunhoeffer. Mit den Kindern wird auch ein etwa 20 Köpfe starkes Team Einzug halten. Heil- und Sozialpädagogen sowie Pflegekräfte ebenso wie Sonderpädagogen, eine Psychologin, ein Gebärdendolmetscher und eine Regelpädagogin. „Viele Autisten können Kulturtechniken lernen“, schildert Grundschullehrerin Sabine Edelhäußer ihre Erfahrungen aus drei Jahren bei den „Muschelkindern“.

Im Umfeld hat Renate Merk-Neunhoeffer bislang ausschließlich positive Stimmen zur neuen Nachbarschaft wahrgenommen. „Man freut sich, dass es hier weitergeht“, habe sie den Gesprächen mit Anliegern entnommen. Das Baureferat hat ähnliche Erfahrungen gemacht. „Die Penzendorfer sind vor allem froh, dass nun eine Entscheidung getroffen ist“, sagte Margarethe Koenen. Jakob hat sie mit seinem Kuss wohl endgültig besiegelt.

www.muschelkinder.de

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