van Kampen: "Trump zu lange als Tölpel eingeschätzt"

8.3.2018, 06:00 Uhr
van Kampen:

Udo von Kampen hat von 1995 bis 2003 das ZDF-Büro in Manhattan aufgebaut. In dieser Zeit hat er Donald Trump drei Mal für Interviews getroffen. "Schon damals hat er davon gesprochen, Präsident werden zu wollen", berichtete van Kampen in der Rother Kulturfabrik. "Unser Team hat sich gebogen vor lachen", schildert er seine und die Reaktion seiner Mitarbeiter auf diese Absichtserklärung. Denn Donald Trump habe sich im Gespräch als "freundlicher Prolet mit Charme und Humor" präsentiert.

"Aber er hat es jetzt nun mal geschafft, der mächtigste Mann der Welt zu werden, und jetzt sollten wir ihn auch ernst nehmen, denn es geht um Weltpolitik", so van Kampen. "Wir haben ihn schon zu lange als Tölpel eingeschätzt", war er überzeugt.

Selbst in die Hand nehmen

In diesem Rahmen bewertete van Kampen das Verhältnis zwischen den USA und Europa unter neuen Vorzeichen. "Der alte Westen ist zu Ende gegangen", erklärte er mit Blick auf die Verteidigungslage Europas. Hier könne man nun nicht mehr auf die USA setzen. "Wir müssen unsere Sicherheit selbst in die Hand nehmen und das eröffnet einen sehr positiven Weg."

Denn die Vereinheitlichung der europäischen Wehrtechnik biete ein Sparpotential zwischen 100 und 150 Milliarden Euro. Bislang entscheide nämlich jeder Mitgliedsstaat selbst über die eigene Verteidigung. 171 verschiedene Waffensysteme und 17 verschiedene Kampfpanzer seien die Folge. "Da wäre es gut, wenn sich die EU auf die eigene Verantwortung besinnt und als Einheit handelt", so van Kampen.

Gelassen bleiben, vorerst

In Sachen Strafzölle auf Stahl und Autos aus der EU empfahl von Kampen, gelassen zu bleiben und nicht sofort mit Gegenmaßnahmen zu reagieren. "Erst mal miteinander reden ist hier Gold, und abwarten was kommt", meinte er in Richtung EU. Eine unmittelbare Revanche könnte seiner Meinung nach zu einem Handelskrieg führen, der mit den Autobauern auch eine Kernindustrie Deutschlands betreffen würde. "Die Konsequenzen wären nicht abzusehen, das könnte der Zündfunke für eine Rezession sein." Der zurückliegende achtjährige Aufschwung sei zwar noch nicht bedroht. "Aber wir in Europa müssen exakt hinschauen, denn die Nervosität ist groß."

Die bedeutendste Bedrohung sah er in der traditionell enormen Verschuldung der Vereinigten Staaten. "Billionen von Dollar, wenn diese Blase platzt, schlägt das durch auf den kleinsten Anleger." Besonders bedenklich fand er es, dass es mittlerweile die Chinesen sind, die drei Viertel aller us-amerikanischen Anleihen halten. "Das macht die USA erpressbar", so van Kampen.

Eine ganz entschiedene und eindeutige Haltung nahm Udo von Kampen beim Thema "gemeinsame Werte" der USA und Europas ein. "Demokratie, Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit sind nicht verhandelbar und müssen Maßstäbe für politisches Handeln sein", so van Kampen. Er sah dafür vor allem in den USA eine hohe Notwendigkeit. "Dort werden bei Zeitungen wieder Journalisten eingestellt, die mit Vehemenz aufdecken, wo Trump lügt", sagte der Referent.

Krise in Italien

Abschließend beantwortete Udo van Kampen Fragen aus dem Publikum und der Lokalpolitik. Die Diskussion mit Raiffeisenverbands-Chef Dr. Carsten Krauß, Roths Erstem Bürgermeister Ralph Edelhäußer und Landrat Herbert Eckstein führte ihn zur wirtschaftlichen Lage in Europa. Dabei warnte er vor einer Krise in Italien, die nicht durch den EWS aufgefangen werden könnte. "Italien wäre nicht zu retten wie Griechenland", meinte er. "Das Land hat die höchste Staatsverschuldung Europas und die Banken sitzen auf Milliarden fauler Kredite."

Zugleich vertrat van Kampen die Auffassung, dass angesichts kommender globaler Entwicklungen nur ein vereintes Europa die Herausforderungen der Zukunft bewältigen könne. "Zur EU gibt es keine Alternative", lautete seine Überzeugung. "Wir müssen offensiver für die europäische Idee eintreten, denn Deutschland ist deren größter Profiteur."

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