500 Jahre Geschichte: Wie das Blattgold nach Schwabach kam

8.9.2015, 08:55 Uhr
Das Wappen der Goldschläger. Es ist im Schwabacher Stadtmuseum ausgestellt.

Das Wappen der Goldschläger. Es ist im Schwabacher Stadtmuseum ausgestellt.

Der erste urkundlich nachweisbare Schwabacher Goldschläger hieß Jacob Ratzert (oder Ratzer). Dies ist indirekt aus einem Dokument des Rates der Stadt Nürnberg aus dem Jahr 1572 zu erfahren, in dem sich die Nürnberger Goldschläger beim Rat der Stadt über die schlechte Qualität des Blattgolds aus der Schwabacher Werkstatt von Ratzert beklagten. Sie erreichten per Dekret, dass dessen Produkte in Nürnberg nicht verkauft und sogar konfisziert werden durften. So streng waren damals die Bräuche, so sehr wehrten sich die „geschworenen Handwerker“ gegen Konkurrenz von außen.

Jacob Ratzert hatte sich zu dieser Zeit wohl als Goldschläger in Schwabach niedergelassen, nach den Schwabacher Bürgerrechtsaufzeichnungen von 1572 erhielt er in diesem Jahr auch das Bürgerrecht. 1593 bekam dies auch der „Lahngoldschläger“ Fritz Baechtold zugesprochen.

Schon früher am Werk?

In den 1980er Jahren stellte der Restaurator Eike Oellermann bei der Restaurierung des Hochaltars der Schwabacher evangelischen Stadtkirche fest, dass dieser mit Blattgold belegt ist, das vermutlich in Schwabach ausgeschlagen wurde. Dies nahm er an, da die Seitenlänge des verwendeten Blattgolds etwa zehn Zentimeter betrug, während das in Nürnberg übliche Maß damals 9,3 Zentimeter war. Demnach könnte es bereits um 1508 einen Goldschläger in Schwabach gegeben haben. Direkt nachweisbar ist dies aber nicht. Der Schwabacher Stadtarchivar Wolfgang Dippert hat darauf hingewiesen, dass für diese Zeit keine exakten Maße nachweisbar sind, da „Elle“ und „Fuß“, die damals verwendeten Einheiten, sich im Laufe der Jahrzehnte veränderten.

Weitere Betriebe

Nach dem für Deutschland so schrecklichen 30-jährigen Krieg erholte sich auch das Handwerk, und es machten sich weitere Goldschläger in Schwabach ansässig. 1655 erhielt das Bürgerrecht der „Goldtschlager“ Peter Stein, 1673 der „Goldtschlager“ Hans Caspar Deinhardt, 1700 der Bürgersohn und Goldschläger Johann Lochbauer. 1707 ließ sich Martin Heißler, Goldschläger aus Breslau in Schlesien, in der Stadt nieder.

Manches mal ist aus den Akten auch sehr Persönliches zu erfahren, zum Beispiel von Streitigkeiten einiger Gesellen wohl nach nächtlichen Zechereien, denn diese mussten „wegen nächtlicher Schlaghändel“ Strafgelder bezahlen. 1716 wurden der Goldschläger Stuber und der Goldschlägergeselle Noldi aus Königsberg mit Geldstrafen belegt, weil sie eine „Schlägerei auf der Gassen gehabt und der Stuber dem H. Bürgermeister Deinert grobe Injurien (Beleidigung) angeworfen“.

Bürgermeister Deinert, der selbst Goldschlägermeister war, kam übrigens wiederholt mit seinen Berufskollegen in Konflikt, auch wegen der seiner Meinung nach zu strengen Lehrlingsausbildung.

Im 18. Jahrhundert bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hielt sich das Gewerbe in bescheidenem Umfang, bis 1874 existierten nur ein bis zwei kleinere Goldschläger-Betriebe sowie ein Silberschläger. In den Jahren bis 1882 vermehrte sich das Handwerk dann rasch auf elf Betriebe mit einer Arbeiterschaft von 77 Personen, ein Jahr später (1883) gab es zwölf Betriebe mit 110 Beschäftigten, davon zwölf Meister, 26 Gesellen, 42 Einlegerinnen und Beschneiderinnen sowie 30 Lehrlinge.

„Boom“ in Schwabach

In der nach 1882 einsetzenden Absatzkrise für Blattgold ging das Gewerbe in Nürnberg deutlich zurück, während es in Schwabach weiter eine starke Aufwärtsentwicklung im gesamten Schlägergewerbe gab. Zu den bereits genannten zwölf Goldschlägereien mit 110 Beschäftigten kamen noch 86 Beschäftigte in der Gelbmetallschlägerei (Messing, eine Kupfer/Zink-Legierung), 460 in der Silberschlägerei sowie 340 in der Weißmetallschlägerei (Zink/Zinn-Legierung), sodass nahezu 1000 Personen im gesamten Schlägergewerbe beschäftigt waren, dies war 1883 etwa ein Siebtel der Gesamtbewohnerzahl der Stadt.

Zur Überwindung der Absatzkrise des stark exportabhängigen Blattgolds und zur Verringerung der Überproduktion, die sich ebenfalls preisdrückend auswirkte, wurde 1884 in Nürnberg und Schwabach versucht, die Arbeitszeit der Goldschlägereien auf acht Stunden herabzusetzen – ein sehr früher Versuch der Einführung des Acht-Stunden-Arbeitstages; doch dies brachte nur vorübergehend Erfolg.

500 Jahre Geschichte: Wie das Blattgold nach Schwabach kam

© Foto: Stadtarchiv Schwabach

Da auch die Unedelmetallschlägerei (dazu gehörten Gelb- und Weißmetall) einen äußerst schlechten Geschäftsgang aufwies, beschloss man im Jahre 1889, den ersten Schlägerkongress nach Nürnberg einzuberufen, der jedoch für das Feingoldschlägergewerbe ergebnislos verlief. Die Überproduktion dauerte an, die Preise für Echt-Blattgold gingen weiter zurück, die Löhne der Gesellen wurden nochmals reduziert. Durch Streik versuchten diese nun des Öfteren ihr Ziel – höhere Arbeitslöhne – zu erreichen. Der Erfolg war jedoch immer nur vorübergehend, und die Lage der Gesellen im Goldschlägergewerbe blieb schlecht.

Keine Kommentare