20 Laienrichter ins Amt eingeführt

19.1.2019, 06:05 Uhr
20 Laienrichter ins Amt eingeführt

© Markus Steiner

Nach Artikel 20, Absatz 1 des Grundgesetzes geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Und auch im Artikel 2 der Bayerischen Verfassung heißt es: „Träger der Staatsgewalt ist das Volk.“ Zwei Gesetzespassagen, die Amtsrichter Eichhorn den neuen Schöffen im Sitzungssaal 3 des Amtsgerichts per Beamer an die Leinwand warf, um den Laienrichtern die Bedeutung des Schöffenamts zu verdeutlichen.

Richter mit vollen Rechten

„Sie sind richtige Richter mit vollen  Rechten und können den Richter sogar überstimmen“, betonte Freudling ebenfalls. Was keine Übertreibung, sondern Fakt ist: Denn das Wort der beisitzenden Laienrichter hat im Verfahren dasselbe Gewicht wie das des Berufsrichters. Und zumindest am Amtsgericht sind die Schöffen zwei zu eins in der „Überzahl und können den Richter deshalb überstimmen, was aber im Leben von Richter Eichhorn erst einmal vorgekommen sei, wie dieser anmerkte.

Schöffen werden in Deutschland bei den Prozessen eingesetzt, in denen es um „Straftaten von erheblicher Bedeutung“ geht. Lediglich bei Bagatelldelikten urteilt der Berufsrichter allein, sonst stellt ihm das Amtsgericht stets zwei Laienrichter zur Seite. Wenn eine Haftstrafe von mehr als vier Jahren, eine psychiatrische Unterbringung oder Sicherheitsverwahrung im Raum stehen, befasst sich stattdessen das Landgericht mit dem Fall.

Am Amtsgericht geht es in der Regel nicht um juristische Spitzfindigkeiten, sondern um Tatsachenentscheidungen. Wer glaubt, dass amerikanische Gerichtsserien der Realität in deutschen Gerichten entsprächen, liegt hier deutlich daneben, erläuterte Amtsgerichtsdirektor Christian Freudling: „Vergessen Sie das am besten schnell wieder.“

Um Laienrichter zu werden, braucht man kein Jurastudium und auch keinen Lehrgang, sondern vor allem Lebenserfahrung, ein eigenes Urteilsvermögen, Gemeinsinn, einen gesunden Menschenverstand und den Willen zur Wahrheitsfindung, heißt es im Merkblatt für Schöffen, welches das Bayerische Justizministerium herausgibt. Oberste Prämisse im Schöffenamt ist die Unabhängigkeit. So sind die Laienrichter „nur ihrem Gewissen sowie Recht und Gesetz verpflichtet“, wie Richter Christian Eichhorn erläuterte.

Anders als dem Berufsrichter stehen den Schöffen allerdings vor dem Verfahren nicht alle Gerichtsakten zur Verfügung. Der Vorsitzende führt seine Mit-Richter lediglich unmittelbar vor dem Prozess kurz in den Sachverhalt ein. Dies soll laut Eichhorn gewährleisten, dass die Schöffen möglichst unvoreingenommen an den Fall herangehen. Außerdem dürfen sie den Angeklagten zwar während der Sitzung befragen, außerhalb des Gerichtssaals aber keine eigenen Ermittlungen anstellen.

In den nächsten fünf Jahren dürfen die Schöffen den Verhandlungen, für die sie eingeplant sind, nur in besonderen Ausnahmefällen fern bleiben. In diesem Falle springt einer der Hilfsschöffen ein. Falls sie unentschuldigt fehlen, drohen Ordnungsgeld und eine Rechnung über die Gerichtskosten. Darüber hinaus verpflichten sich die Laienrichter strikt zur Verfassungstreue und zur Verschwiegenheit, auch über ihre Amtszeit hinaus.

In einem kleinen Film, den der Bayerische Rundfunk im Auftrag des Jus-tizministeriums erstellt hat und den Richter Eichhorn den neuen Schöffen im Sitzungssaal 3 des Amtsgerichts vorspielte, wurden noch einmal die wesentlichen Pflichten und Aufgaben der Laienrichter erklärt. Unter anderem wurde in dem Film betont, dass Schöffen während des Prozesses keinesfalls mit dem Beschuldigten, dessen Verwandten oder Zeugen während der Sitzungspausen sprechen und sich beeinflussen lassen sollten. Denn in diesem Fall könnte ihnen schnell der Vorwurf der Befangenheit gemacht werden und der Prozess müsste dann nochmals mit anderen Schöffen aufgerollt werden.

„Ich bedanke mich für Ihre verantwortungsvolle Tätigkeit und die Bereitschaft als Schöffen zur Verfügung zu stehen und wünsche Ihnen ein gutes Urteils- und Einfühlungsvermögen“, verabschiedete sich Freudling von den frischgebackenen Schöffen, die entweder benannt wurden oder sich auch selbst bewerben konnten. Die Endauswahl traf das Gericht dann selbst. Darüber, wer Haupt- oder Hilfsschöffe wird, entschied das Los.

Als Entschädigung für ihre Tätigkeit, die unter Umständen mehrere Dutzend Termine im Jahr umfasst, erhalten die Schöffen neben den Fahrtkosten und einem eventuellen Verdienstausgleich eine alles andere als üppige Entlohnung: Gerade mal sechs Euro pro Stunde werden hier bezahlt. Ein Ehrenamt ist und bleibt nun einmal ein Amt, das man nicht wegen des Geldes, sondern wegen der Ehre macht. Und noch einen Grund fand Richter Eichhorn, um den Schöffen ihre neue Aufgabe schmackhaft zu machen: „Sie lernen hier alle sozialen Schichten kennen.“

Jugendhauptschöffen: Gerhild Brugger, Walburga Remold-Färber, Thomas Geyer, Josef Dengler. Jugendhilfsschöffen: Anja Nienhaus, Birgit Wichmann, Andrea Persch, Reiner Schmidt, Jan Cumme, Thorsten Michel. Erwachsenenhauptschöffen: Maria Schneller, Willibald Birkhan, Helmut Eisen, Josef Ferschl, Heinrich Gutmann, Dieter Käfer. Erwachsenenhilfsschöffen: Birgit Drotziger, Anna König, Katja Lautner, Renate Wagner, Ingeborg Wittmann, Sven Emmerling, Per Klinkhammer, Markus Meyerhöfer, Manfred Mühling, Michael Wend.

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