Mächtiger Knall: Die Wülzburg hat wieder eine Kanone

12.9.2016, 12:00 Uhr
Mächtiger Knall: Die Wülzburg hat wieder eine Kanone

© Robert Renner

Die Hohenzollernfestung hoch über der Stadt ist damit um eine Attraktion  reicher. „Uns war wichtig, dass da nicht irgend ein billiges Ding steht, wie man sie im Internet findet, sondern ein möglichst authentisches Stück“, erläuterte Oberbürgermeister Jürgen Schröppel. Wie mehrfach berichtet, hatte der Stadtrat den Ankauf der sogenannten Halbkartaune beschlossen, um das Baudenkmal von nationaler Bedeutung wieder für Besucher etwas attraktiver zu machen. Ab kommendem Jahr wird das Geschütz auch in die offiziellen Führungen eingebunden.

Mit Schwarzpulver geladen

Es steht im Obergeschoss der Bas­tion Krebs, wo die Festungsbewaffnung allgemein erläutert wird und vom Burghof aus gut zu sehen ist. Das Besondere an ihr ist, dass sie abgefeuert werden kann – natürlich „ohne Geschosskugel, nur mit Kork“, wie Mülheims vor der ersten Vorführung erläuterte. Geladen wurde sie mit Schwarzpulver.

Dass sie beschussfähig ist, wie die Schützen es nennen, hat Mülheims zufolge „lediglich 90 Euro mehr gekos-tet“. Das hat man sich bei Gesamtkos-ten von rund 20000 Euro geleistet, und der gestrige Beschuss war Franz-Xaver Wagner zufolge „einzigartig in Bayern“. Der Landesböllerreferent des Bayerischen Sportschützenbundes (BSSB) aus Ochsenfeld bei Eichstätt war eigens zu dem Ereignis angereist.

Böllerkommandant Mülheims, der mit seiner Gruppe die Kanone mit einem langsamen Reihenfeuer und einem gemeinsamen Salut begrüßte, wies im Beisein von Jörg Raab und Johann Springer, den beiden Schützenmeister der HSG, Böllerreferent Wagner und OB Schröppel darauf hin, dass 417 Jahre nachdem Valentin Algeier in Ansbach die Kanone für die Wülzburg gegossen hatte, nun wieder ein Geschütz auf der Wülzburg steht. In die Erforschung ihrer Historie haben nach seinen Worten „viele Leute viel Herzblut“ fließen lassen.
Unter anderem hatte Stadtarchivar Reiner Kammerl viel zur Festungs­bewaffnung und zu Kanonengießer Algeier in Erfahrung gebracht, berichtete Thomas Brechenmacher. Er ist im Stadtbauamt für die Wülzburg zuständig und hat ein enormes Wissen zur Festung, das er gestern bei Führungen im Burggraben auch weitergab.

Die 24 Pfund Halbkartaune – die Gewichtsangabe steht für das Geschossgewicht – wurde bei der Firma Kanonen Zimmermann im südthüringischen Stadtroda gefertigt, einem Betrieb der sich auf den Nachbau und das Restaurieren von Geschützen spezialisiert hat. Das Kanonenrohr hat einen Durchmesser von 37 Zentimeter und ist 2,80 Meter lang. Das Gesamtgewicht einschließlich Lafette beträgt rund 43 Zentner (2150 Kilogramm). Das Geschütz wurde mit dem Ladekran eines städtischen Lastwagens in den Mauerbogen in der Bastion Krebs gehoben, berichtete Brechenmacher.

Gießerspruch erforscht

Die Halbkartaune „Waage“ trägt einen Gießer- und einen Kanonenspruch sowie das Wappen von Georg Friedrich Markgraf zu Brandenburg und Preußen. Kammerl hatte herausgefunden, dass es in Albertshausen noch eine Kirchenglocke gibt, die ebenfalls Valentin Algeier gegossen hatte. Deren Spruch nahm man ab, um die Kanone eben möglichst original­getreu zu rekonstruieren, erzählte Brechenmacher.

Hilfreich waren auch die Aufzeichnungen des Weißenburger Chronisten Staudinger aus dem Jahre 1793, als die Geschütze aus der Festung weg und nach Philippsburg gebracht wurden. Dort verliert sich dann ihre Spur.

Zeichnungen oder detailgetreue Ansichten der wuchtigen Geschütze, die übrigens nach Sternzeichen benannt wurden und zum Teil den Bastionen auf denen sie plaziert waren, ihre Namen gaben, gibt es nicht. Bei der jetzt rekonstruierten Halbkartaune handelt es sich um die „Waage“, von der aber eine Beschriftung aus dem Jahr 1704 vorhanden ist, erläutert eine Informationstafel in der Bastion Krebs. Von dieser Beschreibung weiß man auch, dass die Kanone die Jahreszahl 1599 sowie die Umschrift „Georg Friedrich Marggraff zu Brandenburg zu Preussen“ trug.

Aber nicht nur die Kanone lockte zahlreiche Menschen gestern auf die Wülzburg. Zum Tag des offenen Denkmals wurden Führungen an sonst nicht zugängliche Stellen angeboten, der Alpenverein und der Frankenbund informierten über ihre Tätigkeiten, die Burgkapelle war geöffnet und ein Steinmetz stellte sein Handwerk im Burggraben vor (Bericht folgt).
 

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