Weiboldshausen Pfarrheim wird Flüchtlingsunterkunft

16.10.2015, 11:00 Uhr
Weiboldshausen Pfarrheim wird Flüchtlingsunterkunft

© Pfarramt

Joachim Piephans, evangelischer Pfarrer im Felchbachtal und damit auch zuständig für Weiboldshausen, ist ebenso erleichtert wie Markus Bieber, der im Weißenburger Landratsamt die Unterbringung der Flüchtlinge koordiniert: endlich sind alle rechtlichen und technischen Fragen geklärt und die Initiative des Kirchenvorstands kann Gestalt annehmen. Nach dem Aufruf von Landrat Gerhard Wägemann an alle Kirchengemeinden und Pfarreien, Unterbringungsmöglichkeiten zu prüfen, hat sich der Kirchenvorstand noch am selben Abend zusammengesetzt und einstimmig beschlossen, das Pfarrhaus zur Verfügung zu stellen.

Aber: „Da das Haus im Eigentum des Pfründestiftungsverbands der Landeskirche ist, begann eine Odyssee durch die innerkirchliche Verwaltung, um Bedenken auszuräumen und die Genehmigung zu erhalten“, erklärte Piephans. Ein aufwendiges Unterfangen. Jetzt aber kann der Kirchenvorstand durch eine Überlassungserklärung selbständig handeln. „Für uns war klar, dass wir in der derzeitigen Notlage das Haus nicht leer stehen lassen können und unseren Beitrag leisten wollen, um Flüchtenden eine gute Heimat auf Zeit zu bieten für die Dauer ihres Verfahrens.“

Landrat Gerhard Wägemann zeigte sich entsprechend erfreut und sprach von einem „Zeichen gelebter Solidarität mit den hilfsbedürftigen Menschen“. Wägemann: „Ich hoffe, dass sich diesem positiven Beispiel folgend noch weitere Kirchengemeinden wie auch politische Gemeinden im Landkreis intensiv Gedanken darüber machen werden, wie sie zur Linderung der Unterbringungsproblematik bei den Flüchtlingen und Asylbewerbern einen eigenen Beitrag in Form der Bereitstellung geeigneter leerstehender Gebäude leisten können.“

Im Frühjahr 2013 war mit Pfarrer Michael Franz der letzte Nutzer des Hauses ausgezogen. Seitdem steht es leer. „Zwar gibt es das Konzept, nach einem möglichen Ersatzbau eines Gemeindehauses das ganze Areal vom Pfarrhaus, bisherigem Gemeindehaus und Pfarrhof zu veräußern. Das wird jedoch mehrere Jahre in Anspruch nehmen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Kirchengemeinde. Deshalb kollidiere die befristete Flüchtlingsunterbringung im Pfarrhaus nicht mit den Zukunftsoptionen der Gemeindearbeit. Der Mietvertrag zwischen Kirchengemeinde und Landkreis ist auf zwei Jahre befristet mit einer stillschweigenden Verlängerungsoption.

Mit den moderaten Mieteinnahmen will die Kirchengemeinde Geld für kleine Instandsetzungsmaßnahmen ansparen. „Sich an der Not der Flüchtlinge und am Notstand des Staates zu bereichern, entspricht nicht der christlichen Ethik. Wir alle sind der Staat, und in unserer Verfassung heißt es: Eigentum verpflichtet“, so Pfarrer Piephans.

Um keine wilden Gerüchte ins Kraut schießen zu lassen, hat der Kirchenvorstand das Vorhaben zunächst vertraulich behandelt. Allerdings war auch Bürgermeister Hans Seibold von Anfang an informiert und steht uneingeschränkt hinter dem Projekt: „Nach unserem christlichen Verständnis sehe ich uns in der Pflicht, heimatlosen und vertriebenen Flüchtlingen zu helfen.“ Mit dem Pfarrhaus kann die Gemeinde Höttingen ihre Verpflichtung, nach dem Schlüssel des Landkreises, Wohnraum für 19 Menschen zu schaffen, erfüllen.

In den acht Zimmern des Hauses können bis zu 21 Personen wohnen, eine große Küche, ein Aufenthaltsraum und ausreichende Sanitärmöglichkeiten sind vorhanden. Es sind keine Baumaßnahmen notwendig; einige Brandschutzauflagen werden bereits umgesetzt. Der Landkreis wird das Haus mit Betten sowie einer Küchenzeile ausstatten. Die Kirchengemeinde möchte alles weitere, was die Zimmer nutzbar und wohnlich macht, selber beistellen. Dazu wurde eine erste Liste mit nötigen Sachspenden erstellt: Erforderlich sind beispielsweise Kleiderschränke, Tische, Stühle, Bettwäsche, Handtücher und Geschirr. Die Liste hängt in den Schaukästen an den Kirchen im Felchbachtal aus und steht auch im Gemeindeblatt, das am Wochenende erscheint. Das Pfarramt bittet darum, die Spenden zunächst telefonisch anzumelden, um besser koordinieren zu können.

Unterstützerkreis geplant

Ein Unterstützerkreis soll ins Leben gerufen werden. Gedacht ist an eine lockere Gruppe von Menschen aus Weiboldshausen und den Nachbar-dörfern, die in ihrer Freizeit die Flüchtlinge begleiten und unterstützen. Pfarrer Piephans weist darauf hin, dass es kein fertiges Konzept für eine Asylarbeit in Weiboldshausen gebe, und dass es eine große Aufgabe sei für eine Kirchengemeinde mit nur 360 Gemeindegliedern. Aber: „Mein Leitbild ist der Barmherzige Samariter. Der hat nicht gefragt, was es ihm bringt oder was es ihn kostet, ob der eine es wert ist, er hat ihm schlicht geholfen.“

Zum Unterstützerkreis und zu der Flüchtlingsunterkunft generell gibt es am Donnerstag, 22. Oktober, einen Informationsabend im Gemeindehaus (im Pfarrhof, Burgstraße 20), Beginn ist um 19.30 Uhr. Eingeladen sind die Weiboldshausener und Interessierte von außerhalb. Kirchenvorsteher und Pfarrer werden ihre Beweggründe für das Projekt und Einzelheiten zur Unterbringung erläutern. Markus Bieber vom Landratsamt steht für Fragen rund um das Asylverfahren und die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen zur Verfügung. Auch Ehrenamtliche vom Unterstützerkreis „Weißenburg hilft“ sind angefragt, um ihre Erfahrungen weiterzugeben. Erklärtes Ziel des Kirchenvorstandes ist es, mit diesem Abend die Grundlagen für ein gutes Neben- und Miteinander von Einheimischen und Flüchtlingen zu legen.

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