Wenig Interesse und Auflagen: Public Viewing lohnt sich nicht

15.6.2018, 07:12 Uhr
Wenig Interesse und Auflagen: Public Viewing lohnt sich nicht

© Tobias Tschapka

Vor vier Jahren war der Innenhof der Glossner-Brauerei noch Schauplatz kollektiven Jubels, als Mario Götze mit seinem Siegtreffer den vierten Weltmeistertitel für Deutschland klarmachte, doch dieses Jahr wird es in dem Biergarten am Rand der Neumarkter Altstadt beschaulich still bleiben. Man habe überlegt, ob man zum 444-jährigen Bestehen der Brauerei wieder eine Großleinwand aufstelle, erzählt Geschäftsführer Michael Glossner. Doch dann sei man zusammen mit dem Betreiber der Bräustüberls übereingekommen, dass der Aufwand zu hoch sei. "Man denke nur an die vielen Auflagen."

Auf dem Forchheimer Paradeplatz hatte es schon bei der WM 2014 kein gemeinsames Mitfiebern mehr gegeben, weil den bisherigen Organisatoren das unternehmerische Risiko zu groß geworden war. Fehlenden Sponsoren stand schon damals ein hoher finanzieller und personeller Aufwand gegenüber. Neben Leinwand, Beamer, Lautsprecheranlage und Gastronomie müssten auch noch eine Einzäunung und Sicherheitspersonal finanziert werden. Deshalb finden in der oberfränkischen Kreisstadt Übertragungen der  WM nur noch punktuell statt, zum Beispiel im Rahmen des improvisierten Altstadtfestes "Anstattfest", wenn am 23. Juni die DFB-Elf ihr Gruppenspiel gegen Schweden bestreitet.

Mögliches Draufzahlgeschäft

In Schwabach wiederum stellt die Jochen-Scharf-Gruppe, ein Firmenverbund, der unter anderem mehrere Autohäuser eines WM-Sponsors betreibt, eine der größten Public-Viewing-Veranstaltungen in der Region auf die Beine. Vor vier und vor zwei Jahren hatten die Ausrichter ihre Leinwand noch auf ihrem Betriebsgelände im benachbarten Roth aufgebaut, diesmal laden sie auf ein Areal ein, das etwa 3000 Fans Platz bietet und für das sie im Gegensatz zu den vorangegangenen Veranstaltungen Miete zahlen müssen.

Organisator Christian Kriegmeier hofft deshalb inständig – nicht nur in seiner Eigenschaft als Fußballfan, dass Jogis Jungs mindestens das Viertelfinale erreichen. "Sonst müssen wir höchstwahrscheinlich draufzahlen. Bei Spielen ohne deutsche Beteiligung rechnet sich der ganze Aufwand einfach nicht", weiß der Gastronomie-Fachmann. Bei der EM 2016 hatte man auf Bitten einer französischen Partnerfirma ausnahmsweise auch das Finale zwischen Frankreich und Portugal übertragen. "Abgesehen von den etwa 400 Firmenmitarbeitern hatten wir vielleicht noch 50 weitere Zuschauer", erinnert sich Kriegmeier.

Der Eintritt in Schwabach ist frei, finanziert wird das Ganze durch Sponsorengelder und durch die Einnahmen von den Essen- und Getränkeständen. Auf der Ausgabenseite stehen unter anderem rund 20 Security-Mitarbeiter, die auch Taschen und Rucksäcke an den Eingängen kontrollieren. Seit den Anschlägen wie auf dem Berliner Weihnachtsmarkt ist der Sicherheitsaufwand auch für die großen Fanfeste signifikant gestiegen.

"Kleiner und gemütlicher"

Manches Public Viewing fällt darum diesmal ein paar Nummern kleiner aus, auch deshalb, weil bei kostenlosen Veranstaltungen unter 5000 Besuchern keine Fifa-Lizenz für die Übertragung der Spiele nötig ist. Auf der Fürther Freiheit etwa planen die Verantwortlichen nur mit etwa 1000 Fans. Marcel Gasde von der für die Ausrichtung zuständigen Comödie schwebt ein großer "WM-Biergarten" vor. "Es soll alles ein bisschen kleiner, gemütlicher, lockerer werden."

Auch das E-Werke in Erlangen, seit vielen Jahren ein beliebter Ort zum gemeinsamen Fußballschauen, hat deutlich zurückgeschraubt. "2014 haben wir noch sämtliche Vorrundenspiele gezeigt, aber das lohnt sich nicht mehr", erklärt der für die Programmgestaltung zuständige Holger Watzka. Dabei sind die Sicherheitsauflagen in dem Kulturzentrum im Vergleich zu Großveranstaltungen wie auf dem Nürnberger Flughafen relativ gering, und für die technische Ausstattung entstehen keine zusätzlichen Kosten. "Da tun wir uns natürlich leichter als die Ausrichter von temporären Veranstaltungen", räumt Watzka ein.

Keinen großen Zusatzaufwand müssen auch die Gastgeber des Challenge-Triathlon in Roth für ihr Public Viewing im Zielgelände treiben. Im Vorfeld des Wettkampfes wird unter anderem das Vorrundenspiel zwischen Deutschland und Südkorea am 27. Juni übertragen. "Das ist für uns relativ unkompliziert, will wir ja auch sonst die Sicherheitsauflagen erfüllen müssen", erklärt Rennleiter Felix Walchshöfer. Kosten wie die Miete für die zusätzliche Leinwand trage man gerne, denn so könne man auch Menschen auf das Areal locken, die mit Triathlon nicht so viel am Hut haben.

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