Fürther Fehlstart: Kleeblatt in Stuttgart chancenlos

3.10.2016, 22:11 Uhr
Die Stuttgarter hatten am Montagabend einiges zu feiern - für das Kleeblatt wurde es zum Debakel.

© Sportfoto Zink / WoZi Die Stuttgarter hatten am Montagabend einiges zu feiern - für das Kleeblatt wurde es zum Debakel.

Vor sechs Jahren, da war im Neckarstadion noch der FC Barcelona zu Gast. Meisterschaft, Europapokal - nach der Jahrtausendwende war der VfB Stuttgart vielleicht keine europäische, aber doch noch eine deutsche Spitzenmannschaft. Am Montagabend hatte der VfB Stuttgart wieder ein Heimspiel, das Neckarstadion heißt mittlerweile Mercedes-Benz Arena und das ist es auch: eine reine Fußballarena.

Die rote Laufbahn ist verschwunden, so wie allerdings auch die nationale Spitzenmannschaft auf dem Rasen. Der VfB spielt seit dieser Saison nur noch 2. Bundesliga, statt dem FC Barcelona oder dem FC Bayern war die Spielvereinigung Greuther Fürth zu Gast. Immerhin aber wirkte Stuttgart nicht nur äußerlich irgendwie aus Versehen hineingerutscht in diese zweite Liga, sondern am Ende des Montagabends auch sportlich: Nach etwas mehr als vier Minuten stand es bereits 2:0, zur Pause 3:0, am Ende 4:0. "Wir haben keinen Bock auf Mittelmaß", hatte Fürths Coach Stefan Ruthenbeck noch für das Zweitliga-Spitzenspiel des Montagabends angekündigt. Es sollte ein Verbalangriff auf die vorderen Mittelfeldränge sein, doch das blieb es dann auch: nur ein Verbalangriff.

Auf dem Feld jedenfalls erwies sich seine Fürther Mannschaft als zu ungestüm, zu undiszipliniert, zu anfällig, zu ängstlich und auch an diesem Tag: desolat. In allen Belangen war das Kleeblatt buchstäblich vom Anpfiff weg dem Bundesliga-Absteiger um mindestens eine Klasse unterlegen - das 0:1 fiel bereits nach nur 70 Sekunden, als Innenverteidiger Benjamin Pavard einen Flachpass beinahe über das ganze Feld in den Lauf von Carlos Mané spielte und dieser Balazs Megyeri im Tor der Spielvereinigung im Eins-gegen-Eins keine Chance ließ.

Nur 163 Sekunden später durften erneut die Stuttgarter Fans jubeln, viele von ihnen waren ohnehin in großartiger Singstimmung vom nahegelegenen Wasen-Volksfest herüber in den Neckar Park gekommen: Matthias Zimmermann, zu Fürths Bundesliga-Ausflug vor drei Jahren noch ein Kleeblatt-Profi, lief auf der Außenbahn Innenverteidiger Marco Caligiuri davon, seine flache Hereingabe leitete Berkay Özcan weiter zu Mané, der den schnellsten Doppelpack dieser Zweitliga-Saison schnürte.

Wieder war die Gästedefensive beängstigend einfach auseinander gefallen. Damit waren an beiden Stuttgarter Blitz-Treffern ausschließlich Spieler beteiligt gewesen, die Trainer Hannes Wolf aufgrund massiver Personalnöte in die Mannschaft rotiert hatte. Doppeltorschütze Mané und Pavard standen überhaupt das erste Mal im VfB-Trikot auf dem Platz. Fürth reagierte dementsprechend geschockt, die einzige nennenswerte Offensivaktion in Halbzeit eins blieb ein Freistoß von Robert Zulj, den der Rückkehrer allerdings in die Beine der Abwehrmauer schickte.

Von Beginn an auf dem falschen Fuß erwischt

Auch hatte die einzige Spitze im 4-2-3-1-System, Serdar Dursun, Pech, als sein Schuss abgeblockt wurde (15.). Dafür zeigte Stuttgart auf der anderen Seite weiter feinsten Offensivfußball und führte die traurigen Gäste regelrecht vor: Dursun verteidigte nach einem Eckball zu halbherzig gegen Pavard, so dass auch der andere Debütant per Kopf zu seinem ersten Treffer kam. 0:3 nach 25 Minuten - so schnell hatte Fürth selten ein Auswärtsspiel verloren.

Und weiter stürmte Stuttgart, das endlich einmal wieder den stolzen, roten Brustring mit Selbstbewusstsein spannen konnte: Fürths Torwart Megyeri verhinderte mit Mühe das 0:4 durch den auffälligen Alexandru Maxim nach einem feinen Schlenzer vom Strafraumeck (33.), nach der darauffolgenden Ecke zielte Mané freistehend vorbei.

Das Kleeblatt sehnte sich sichtlich nach der schützenden Kabine und nach aufmunternden Worten oder sogar Hilfe seines Trainers Stefan Ruthenbeck, da verschätzte sich der völlig überforderte Niko Gießelmann auf Linksaußen, der überragende Mané flankte, doch VfB-Kapitän Christian Gentner setzte seinen Kopfball über die Latte (39.).

In der zweiten Hälfte konnte es für die desolaten Fürther und ihren tapferen Anhang nur noch um die Charakterfrage gehen. Die forderte offenbar auch Ruthenbeck von seinen Spielern ein, von denen er gleich eine ganze Reihe hätte austauschen können - er ließ der Startformation aber die Chance, sich selbst wieder am Schopf zumindest einigermaßen aus dem Schlamassel zu ziehen.

Fürth nur physisch auf dem Platz

Doch weiterhin schien Fürth geistig überhaupt nicht anwesend zu sein. Zu langsam in den Entscheidungen, zu behäbig im Aufbau, zu wenig überraschend und auch zu fahrig in den Ballaktionen. Weil auch Stuttgart sich vom Dauergesang seiner Fans ein wenig einlullen ließ, durfte Dursun nach 58 Minuten tatsächlich den ersten Torschuss für die Gäste abgeben. Seinen Schlenzer von der Strafraumkante nutzte Mitchell Langerak im VfB-Tor zu einer ansehnlichen, aber etwas übertriebenen Flugeinlage.

Nach 62 Minuten durften Andreas Hofmann und Veton Berisha das Spielfeld verlassen, für sich kamen mit Benedikt Kirsch und Zlatko Tripic frische Kräfte im defensiven Mittelfeld beziehungsweise auf der offensiven Außenbahn. Am Spielgeschehen aber änderte das nicht viel: Fürth hatte nun etwas mehr vom Spiel, ohne aber auch nur ein bisschen gefährlich zu werden, Stuttgart tat nicht mehr als nötig war, um die beruhigende Führung zu verwalten. Das tat dem Spiel insgesamt nicht gut, es verflachte zu einem gewöhnlichen Zweitligaspiel im Nieselregen, bei dem Stuttgart trotzdem die besseren Chancen behielt - der Kopfball des eingewechselten Boris Tashchy strich nur Zentimeter über die Latte (79.).

Denkwürdiger Auftritt

Zuvor hatten auf der anderen Seite Gießelmann und Caligiuri kläglich eine Hereingabe an sich vorbeifliegen lassen. So war es der Stuttgarter Kapitän, der den Schlusspunkt unter diese höchste einseitige Partie setzte:

Nachdem Anto Grgic mit Fürths Nicolai Rapp unfreiwillig Doppelpass gespielt hatte, passte er den Ball zu Christian Gentner, der aus 18 Metern Megyeri keine Chance ließ (80.).

Was am Ende außer eines merkwürdigen Auftritts der Spielvereinigung blieb war die Freude Stuttgarts, dank des Erfolges vom sechsten auf den dritten Rang nach vorn gesprungen zu sein. Der VfB ist also wieder ein Spitzenteam - wenn auch vorerst nur in der zweiten Liga.

+++Stuttgart gegen Fürth im Live-Ticker+++

Fürth: Megyeri - Narey, Franke, Caligiuri, Gießelmann - Hofmann (Kirsch, 62.), Rapp - Berisha (Tripic, 62.), Zulj, Freis (Steininger, 81.) - Dursun

Stuttgart: Langerak - Zimmermann (Grgic, 69.), Pavard, Baumgartl, Insua - Hosogai - Großkreutz, Gentner, Özcan (Tashchy, 73.), Maxim (Zimmer, 81.) - Carlos Mané

Tore: 1:0 Carlos Mané (2.), 2:0 Carlos Mané (4.), Pavard (23.), 4:0 Gentner (80.) | Gelbe Karten: Dursun, Rapp - Großkreutz | Schiedsrichter: Rene Rohde (Rostock) | Zuschauer: 38150

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