Wo Schätze in Alben und Kartons schlummern

20.2.2016, 21:00 Uhr
Wo Schätze in Alben und Kartons schlummern

© Foto: Horst Linke

Manchmal liegt das Gute so nahe. Als Walter Porlein kürzlich bei der Geburtstagsfeier seiner Schwester weilte, fiel ihm eine Blechdose hinter dem Fernseher ins Auge. Darin steckten: jede Menge alter Fotos. Sich selbst entdeckte Porlein auch, als Konfirmand, abgelichtet 1959. Groß war die Freude als ihm seine 88-jährige Schwester erzählte, dass auf dem Dachboden noch Schachteln mit weiteren Fotos stünden. Die will Porlein durchforsten und dann das eine oder andere mitnehmen, wenn der nächste Bildernachmittag in der Pfarrscheune ansteht.

Die Initiative zu dieser Veranstaltung war im Jahr 2012 von Georg Heintz, dem Leiter der örtlichen VHS, und dem Vincenzenbronner Hans Fischer ausgegangen. Sie brachten die technischen Kenntnisse und das notwendige Equipment mit, der Heimatverein übernahm die Funktion des „Türöffners“ bei den Bürgern. Die Idee: Ein Treff, bei dem die Großhabersdorfer alte Fotos vorbeibringen, die dann gleich eingescannt und – ganz wichtig – über einen Beamer an die Wand geworfen werden. Damit beginnt dann nämlich die Detektivarbeit: Wer kann etwas zu den Motiven sagen? Wer kennt die abgebildeten Personen? Die Informationen werden sofort vermerkt. Am Ende könnte so eine Serie über den Ort entstehen.

Anfangs, erinnert sich Porlein, seien die Großhabersdorfer etwas vorsichtig gewesen. Der Besuch der Veranstaltung war mäßig, für den stellvertretenden Bürgermeister durchaus verständlich: Wer gewährt Fremden schon gerne intime Einblicke in seine Familienfotos. Mittlerweile sind diese Vorbehalte dahin, inzwischen kommen 60 bis 80 Bürger. Und an Material fehlt es nach wie vor nicht: Bei der jüngsten Veranstaltung Anfang des Jahres stand ein Mann vor Porlein und seinen Mitstreitern und hatte gleich drei Alben unter dem Arm.

Die Veranstaltung zieht auch weitere Kreise, über den Ort hinaus. So schaute jüngst der Enkel von Otto Käferlein, dem früheren Vorsitzenden des Heimatvereins, vorbei. Mit seiner Frau kam er extra aus der Oberpfalz in die Pfarrscheune und brachte Aufnahmen seines verstorbenen Großvaters, der am Schlauersbach einen Kaufmannsladen betrieben hatte. Ebenfalls Interessantes hatte Gerhard Hess dabei. „Sein Vater hatte die Post“, erzählt Porlein. Das Gebäude, früher neben dem Gasthof „Gelber Löwe“, das die Gemeinde nun aufwendig saniert und umbaut, war darauf festgehalten.

Alte Ortsansichten, Straßenzüge, Häuser, manche längst verschwunden, interessieren die Sammler. Schließlich ist es reizvoll, diesen Bildern aktuelle Fotos aus dem möglichst gleichen Blickwinkel gegenüber zu stellen. Aufnahmen aus den Außenorten sind außerdem noch Mangelware. Ob Vincenzenbronn, Fernabrünst, Oberreichenbach oder Unterschlauersbach, „wir machen das doch nicht nur für den Kernort“, sagt Porlein mit Blick auf die geplante Serie.

Wenig Material gibt es beispielsweise noch über den Feldflughafen in Unterschlauersbach während des Krieges. Beim jüngsten Treffen wurden zwar Bilder abgegeben, auffällig aber war: Darauf festgehalten waren Barracken, Soldaten und Frauen, die als Bedienstete dort arbeiteten, jedoch keine Flugzeuge. „Vielleicht“, vermutet Walter Porlein, „durfte man die nicht fotografieren.“

Panzer am Bahnhof

Panzer dagegen anscheinend schon, und so finden sich Aufnahmen, die Eduard Czech von seinem Schwiegervater bekommen hatte: Darauf zu sehen: Soldaten einer österreichischen Panzerdivision, die nach dem Ende des Balkanfeldzuges und ihrem Einsatz in Griechenland mehrere Wochen zur Erholung in Großhabersdorf und Umgebung bei Familien untergebracht waren, bevor es dann weiter nach Russland ging.

Bisher sind alle erfassten Bilder auf der Homepage der Gemeinde Großhabersdorf www.großhabersdorf.de zu sehen. Geordnet sind sie in verschiedene Kategorien, wie „Schulhausbau“, „Kirchweihumzüge“ oder „Verschiedene alte Aufnahmen“. Da aber nicht alle Bürger Zugriff aufs Internet haben, sinnt Walter Porlein bereits über andere Möglichkeiten nach, die bisher geborgenen Schätze einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sei es über eine Ausstellung oder einen thematisch geordneten Bildband. Allein, sagt er, könne das der Heimatverein aber nicht stemmen, die Hilfe der VHS und der Gemeinde wären schon vonnöten.

Bis es so weit ist, sollten die Großhabersdorfer weiter auf die Suche gehen. Schließlich läuft die Zeit. Nicht, dass es irgendwann anderen Bildern so ergeht wie den Aufnahmen der Konfirmanden-Jahrgänge 1912 bis 1914. Wunderbare Fotos habe man da, sagt Walter Porlein. Nur wisse man nichts weiter dazu – und das dürfte auch so bleiben, denn: „Da lebt ja keiner mehr.“

www.großhabersdorf.de, Unterpunkt „Gemeinde&Ortsteile“, „Großhabersdorf einst jetzt“

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