Zirndorf geht auf Konfrontationskurs mit der Rechtsaufsicht

27.12.2015, 16:00 Uhr
Zirndorf geht auf Konfrontationskurs mit der Rechtsaufsicht

© Foto: Hans Winckler

Auf eher informeller Ebene hatte das Landratsamt bereits vor gut einem Jahr angemahnt, die Einstufung der Weiherhofer Hauptstraße als Hauptverkehrsstraße zurückzunehmen. Nach Auffassung der Kreisbehörde ist sie eine Haupterschließungsstraße. So ähnlich diese Bezeichnungen klingen, haben sie doch Auswirkungen auf die Höhe, mit der Anlieger über die Strabs an den Kosten des seit Sommer fertig ausgebauten Abschnitts beteiligt werden. Bei der Haupterschließungsstraße könnte die Stadt einen höheren Anteil auf die Anwohner umlegen. Doch die knappe Stadtratsmehrheit pocht auf die für Anlieger günstigere Variante.

Und sie tat das auch jetzt, als Bürgermeister Thomas Zwingel das jüngste Schreiben des Landratsamtes vorlegte. Damit hat die Kommunalaufsicht das offizielle Verfahren eingeleitet, um den Zirndorfer Verwaltungsakt als rechtswidrig einzustufen. Wogegen die Stadt freilich klagen könnte. Doch das, so echauffierte sich Zwingel nach dem entsprechenden Hinweis von Grünen-Stadtrat Walter Schäfer, „ist unvorstellbar, da würden wir uns nur lächerlich machen“.

„Nicht mehr vertretbar“?

Seine Rechtsauffassung hatte Zwingel in der Sitzungsvorlage deutlich gemacht: „Ein weiteres Festhalten an der Klassifizierung ist unter Berücksichtigung aller relevanten Aspekte und in Anbetracht des geleisteten Amtseides nicht mehr zu vertreten.“

Dem hielt Günther Keller, CSU-Stadtrat und selbst Weiherhofer, entgegen, dass die Weiherhofer Straße mit der Einstufung als Haupterschließungsstraße mit der ungleich ruhigeren Goethestraße in der Kernstadt gleichgestellt wäre, „und da liegen doch Welten dazwischen“. In Weiherhof gebe es fast 2000 Haushalte, „keiner, der rein oder raus will, kommt an der Hauptstraße vorbei“. Abgesehen davon nutzen auch Oberasbacher oder Cadolzburger auf dem Weg in Fürths Westen die Route durch Weiherhof. „Das spricht doch alles für eine Hauptverkehrsstraße“, meinte er.

Als Vertreter der Kommunalaufsicht am Landratsamt erläuterte Martin Hartmann den Stadträten, dass seine Behörde „fest davon ausgeht, dass die Straße als Haupterschließungsstraße einzustufen ist“. Er bezog sich auf ähnlich gelagerte Fälle andernorts im Landkreis, deren Einstufung vor Gericht zwar angefochten wurde, aber bis zur letzten Instanz gehalten habe. Entscheidend sei der überwiegende Verkehr. Und der bewege sich in Weiherhof innerhalb der Stadtgrenzen und habe keinen überörtlichen Bezug, was maßgeblich sei für eine Hauptverkehrsstraße. Sollte der Stadtrat an seiner Einstufung festhalten, werde das Landratsamt im Zuge der Ersatzvornahme selbst die Bescheide erstellen und verschicken, erklärte er.

Darüber hinaus stufte Hartmann Zirndorf bei den Strabs-Sätzen als „billigen Jakob“ ein. „Ihre Beitragssätze kommen den Bürgern sehr entgegen. Wo liegt eigentlich ihr Problem?“, fragte er ins Plenum. Und erhielt von Zwingel Antwort: „Daran, dass sich die Beiträge dem Bürger gegenüber keiner zu vertreten traut.“

Auf Antrag der SPD wurde über den Beschlussvorschlag der Verwaltung, die Einstufung als Hauptverkehrsstraße aufzuheben, namentlich abgestimmt. Die SPD stimmte geschlossen mit Unterstützung des parteilosen Murat Bülbül und Dieter Sebastian (CSU) für die Rücknahme, scheiterte aber an der Mehrheit der vier Grünen, drei Freien Wähler und acht CSU-Vertretern.

Nicht durchsetzen konnten die Freien Wähler ihre Forderung, die Strabs in Zirndorf auszusetzen, bis über die Reform des bayerischen Kommunalabgabengesetzes im Landtag entschieden ist. Wie wiederholt berichtet, kommt die Finanzierung kommunaler Straßenbaumaßnahmen auf den Prüfstand, allerdings dürfte es darauf hinauslaufen, dass die Gemeinden die Wahl haben, an der Strabs festzuhalten, oder, wie in Rheinland-Pfalz bereits möglich, auf regelmäßig wiederkehrende Beiträge aller Bürger eines Gebiets umzusteigen.

Jahre bis zur Rechtskraft

Doch selbst wenn das Gesetz tatsächlich bereits zum 1. April 2016 verabschiedet sein sollte, ist nicht zu erwarten, dass die Ausführungsbestimmungen ähnlich zeitnah vorliegen. Hartmann rechnet mit einer Übergangsfrist bis 2021, in der nach altem Recht abgerechnet werden müsse. „Das wird keiner übers Knie brechen“, gab sich auch Elke Zahl (SPD) angesichts der komplexen Materie überzeugt. „Solange können wir nicht alles, was zur Abrechnung ansteht, aufschieben“, meinte sie.

Es ist in Zirndorf einiges offen: Neben der Weiherhofer Hauptstraße sind Goethestraße, Schulstraße, Gartenstraße, Schillerstraße und Hallstraße noch nicht abgerechnet. In jedem Fall stehen noch letzte Rechnungen aus. Bei der Weiherhofer Hauptstraße geht Stadtbaumeister Gerhard Klein von etwa 900 000 Euro Kosten für die gesamte Baumaßnahme aus. Beitragsrechtlich relevant, also auf die etwa 200 anliegenden Eigentümer umlegbar, dürften 500 000 Euro sein. Und das zu etwa 50 oder 60 Prozent, je nachdem, ob sich Stadt oder Kommunalaufsicht mit ihrer jeweiligen Rechtsauffassung durchsetzen.

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