Start-Up aus Franken produziert Menstruationstassen
Eine Menstruationstasse ist ein Hygieneartikel, der Tampons oder Binden ersetzt und während der Monatsblutung einer Frau das Menstruationsblut auffängt. Ihre Form ähnelt einem Tulpenkelch mit einem kleinen Stiel und besteht aus Materialien wie Silikon oder medizinischem Kunststoff.
Um das Blut aufzufangen, wird sie gefaltet und ähnlich wie ein Tampon in die Vagina eingeführt. Durch die Beckenbodenmuskulatur und einen leichten Unterdruck, der entsteht, wenn sich die Tasse entfaltet, bleibt sie an Ort und Stelle, und das bis zu zwölf Stunden lang. Die Trägerin spürt die Tasse - wenn sie richtig sitzt - nicht und kann damit sogar Sport treiben. Wenn sie voll ist, kann sie entnommen, ausgeleert, kurz gereinigt und sofort wieder eingesetzt werden.
Sandra, 25, berichtet:
"Ich hab' darüber schon mal einen Blogeintrag geschrieben, das war ganz zu Beginn. Seitdem benutze ich sie nur noch und finde sie super praktisch. Binden sind einfach zu unsicher und Tampons fühlen sich teilweise nicht gut an, vor allem bei einer schwächeren Regel. Bei der Tasse muss man seltener wechseln oder auswaschen, was auf Reisen sehr praktisch ist. Die Handhabung erfordert etwas Übung und es kostet sicher anfangs Überwindung - aber ich finde, es lohnt sich."
Die Idee kommt ursprünglich aus den USA, erfunden wurde sie schon 1932 von einer Frau, bekannt und beliebt aber erst in den vergangenen Jahren. Besonders bei jungen Frauen, die sich bewusster um ihre Gesundheit kümmern, ist sie eine gern genutzte Alternative zu Tampons und Binden. Das liegt auch daran, dass viele mit Tampons und Binden so ihre Probleme haben.
Gerade bei Tampons ist die Gefahr des Toxischen Schocksyndroms gegeben. Das ist ein multiples Organversagen, ausgelöst durch eine Bakterieninfektion. Bei der Tasse ist, anders als bei Tampons, bislang nur ein einziger Fall dokumentiert. Zudem saugt die gepresste Watte der Tampons jegliche Flüssigkeit in der Scheide auf, also auch die Grundfeuchtigkeit, die die Schleimhaut der Vagina braucht, um sich vor Erregern zu schützen.
Die herkömmliche Monatshygiene, also Tampons und Binden, ist zudem nur einmal verwendbar. Die Menstruationstasse immer wieder, und das schont Umwelt und Geldbeutel. Menstruationstassen haben - je nach Größe - ein Fassungsvermögen von bis zu 42 Millilitern, im Schnitt von rund 25 Millilitern. Das ist weit mehr als die meisten Tampons.
Andrea, 25, berichtet:
"Als ich anfing, sie zu benutzen, bekam ich zum ersten Mal ein Bewusstsein dafür, wie viel Blut man eigentlich verliert. Tampons oder Binden saugen ja alles auf und man hat dazu nicht wirklich einen Bezug. Sogar in Werbung für Binden wird das 'Blut' blau dargestellt und ich hab' oft so das Gefühl, dass die Medien/Werbung die Menstruation als Einschränkung darstellen. Dabei ist es ja was ganz natürliches, ohne gäbe es uns ja alle nicht!
Ich kommt gut mit ihr klar. Wenn man den Dreh mal raus hat, wie man sie richtig einsetzt, dann hält sie auch super dicht. Auch Schmerzen wie bei Tampons manchmal, die sich oft ein bisschen trocken und stockend anfühlten, habe ich gar nicht. Das Entfernen war anfangs etwas komisch. Aber daran gewöhnt man sich, und der eigene Körper ist ja nichts, wovor man sich ekeln muss.
Wenn die Menstruation vorbei ist, koche ich sie etwa fünf Minuten ab und bewahre sie dann in einem Baumwollbeutelchen auf, das auch noch hübsch aussieht. Ich habe im Freundeskreis dann gleich davon erzählt, woraufhin sich eine Freundin eine zugelegt hat, die auch begeistert ist. Die Reaktionen darauf sind unterschiedlich, manche reagieren recht interessiert und manche aber auch echt angeekelt, weil man eben so viel Kontakt mit dem Blut hat."
Wie kommt die Menstruationstasse nach Haundorf?
Mit Frank Krüger. Er ist gelernter Formenbauer in der Spritzgussindustrie, kommt eigentlich aus Zwickau und lebte/arbeitete nach der Wende bei Nürnberg. Auf die Menstruationstasse gestoßen ist er bei der Suche nach etwas ganz anderem in einem medizinischen Online-Forum. Dort wurde diskutiert und kritisiert, warum man die Tassen nur in Schweden und in den USA bestellen könne. "Das hat ewig gedauert und war durch den Zoll und den Versand auch noch ziemlich teuer. Da dachte ich mir, den Frauen kann geholfen werden", erzählt Frank Krüger.
Durch seine Berufserfahrung in der Spritzgussbranche wusste er, dass eine Menstruationstasse mit den richtigen Spritzgussmaschinen relativ einfach herzustellen ist. Aber: "Das Produkt ist schon etwas heikel. Es ist immer schwierig, wenn man etwas auf den Markt bringt, das keiner kennt." Krüger entschloss sich trotzdem, den Schritt zu wagen. Das Patent war dabei kein Problem, denn das ist nach 20 Jahren abgelaufen.
2008 ging es auf dem ehemaligen DAM-Gelände in Gunzenhausen los mit den ersten Protoypen. Gunzenhausen vor allem deshalb, weil "ich das Seenland schon immer schön fand", erklärt Krüger. Während Tassen in den USA vor allem aus Silikon hergestellt werden, experimentierte Krüger von Beginn an mit TPE, Thermoplastischen Elastomeren von der Firma Kraiburg TPE. Dieser Kunststoff ist medizinisch zertifiziert und gibt keine Schadstoffe ab.
In Online-Foren fragte er nach den Wünschen der potenziellen Nutzerinnen und informierte sich über bereits bestehende Produkte.
Tanja, 27, berichtet:
"Ich bin umgestiegen, weil ich Müll vermeiden wollte und schon immer ungern Tampons verwendet habe, weil sie mich ziemlich austrocknen. Mein erster Eindruck war, dass es sehr schwierig und langwierig ist, so eine Tasse einzusetzen, aber mit genug Zeit und etwas Übung klappt es problemlos.
Ich komme super damit klar und würde nicht wieder umsteigen wollen. Ich kann mir aber vorstellen, dass es für Frauen, die stärker bluten, umständlich sein könnte. Ich kann die Tasse vor der Arbeit einsetzen und erst bei Feierabend leeren, das ist kein Problem. Aber in einer öffentlichen Toilette die Tasse zu leeren und wieder einzusetzen stelle ich mir eher unangenehm vor."
Seit 2009 wird in Serie produziert. Zu Beginn fertigte Krüger die heutigen Größen S und M, stellte sich aber recht schnell auf die individuellen Bedürfnisse der Nutzerinnen ein und sprach auch mit Gynäkologen und Hebammen. Denn mit zunehmendem Alter und durch eine Geburt verändert sich auch die vaginale Anatomie einer Frau. So gibt es für junge Frauen kleinere Menstruationstassen, für ältere und kräftigere Frauen größere Modelle. Auch je nach Sportlichkeit der Frau gibt es unterschiedliche Härtegrade, denn ein unterschiedlich trainierter Beckenboden hat andere Bedürfnisse.
Der bei den meisten Konkurrenzmodellen recht lange Stiel hat bei der Me-Luna-Tasse eine andere Form bekommen. So gibt es zwar den klassischen, aber kürzeren Stiel, aber auch eine kleine Kugel oder einen Ring. Der ist auf Wunsch der Nutzerinnen an die Tasse gekommen, sodass man sie besser packen kann. Um den Frauen die Angst, dass sie die Tasse nicht mehr zu fassen bekommen, vollends zu nehmen, hat Krüger eine Verlängerung entwickelt, die man an der Tasse anbringen kann. "Man kann nicht einfach an einem Bändchen ziehen, sondern kommt als Frau mit den eigenen Körperflüssigkeiten in Kontakt. Das mag nicht jede, aber ich beobachte ein zunehmendes Körperbewusstsein. Da findet ein Wandel statt und immer mehr Frauen befassen sich mit ihrem Körper", erzählt Krüger.
Das ist sicher auch einer der Gründe, warum sich seine Tassen so gut verkaufen. 2017 hat er zum ersten Mal in der Firmengeschichte die Marke von 500.000 produzierten Stück gerissen. Seit 2009 hat die Firma Steigerungsraten im zweistelligen Prozentbereich. Das Unternehmen beschäftigt inzwischen 15 Mitarbeiter, darunter vor allem Frauen, die sich um die Kundinnen kümmern und sie beraten. Auf der Website von Me Luna kann man ein Formular ausfüllen und so herausfinden, welches Modell das richtige ist. Das ist nötig, denn die Menstruationstasse ist kein Produkt, das sich von selbst erklärt, wie ein Rührbesen oder ein Staubsauger.
Kathrin, 29, berichtet:
"Ich bin umgestiegen, weil ich Müll vermeiden wollte und schon immer ungern Tampons verwendet habe, weil sie mich ziemlich austrocknen. Mein erster Eindruck war, dass es sehr schwierig und langwierig ist, so eine Tasse einzusetzen, aber mit genug Zeit und etwas Übung klappt es problemlos. Ich komme super damit klar und würde nicht wieder umsteigen wollen.
Ich kann mir aber vorstellen, dass es für Frauen, die stärker bluten, umständlich sein könnte. Ich kann die Tasse vor der Arbeit einsetzen und erst bei Feierabend leeren, das ist kein Problem. Aber in einer öffentlichen Toilette die Tasse zu leeren und wieder einzusetzen stelle ich mir eher unangenehm vor."
Krüger hat mehr Modelle im Angebot als andere Firmen. In der großen Halle, die sich an das Bürogebäude anschließt, liegen die Tassen in verschiedenen Farben und Größen auf Lager, manche haben auch Glitzerpartikel und blitzen, wenn das Licht auf sie fällt. In langen Gangreihen stehen die Tassen feinsäuberlich sortiert in Plastikschütten und warten darauf, verpackt und versendet zu werden.
Nebenan wird produziert. Drei große Spritzgussmaschinen stehen hier. An diesem Freitagmittag läuft nur noch eine. Ein Mitarbeiter steht an der Maschine. Im Takt von drei Minuten werden zwei neue Tassen fertig. Er schiebt das Fenster der Maschine auf, nimmt die noch warmen Cups von den Formen, knipst mit einer Zange die überstehenden Reste ab und prüft, ob die Tasse unbeschädigt ist. Dann kommen sie in eine Kiste.
Melanie, 26, berichtet:
"Ich habe einen Bericht darüber auf Facebook gelesen. Anschließend habe ich mich mit Videos auf Youtube selbst schlau gemacht. Umgestiegen bin ich schließlich, weil es eigentlich nur Vorteile hat, wenn man zuvor Tampons benutzt hat.
Vorteile sind etwa, dass man nur einmal am Tag leeren muss. Man kann die Tasse unterwegs drin lassen und muss sie nicht wechseln, Tampons sollte man alle vier Stunden wechseln. Sonst ist es wie ein Ob, man spürt es eigentlich nicht. Es trocknet die Flora nicht aus, man kann davon kein toxisches Schocksyndrom bekommen und im Sommer muss man keine Angst haben, dass etwas aus der Bikinihose rausschaut.
Am Anfang war es etwas schwierig, weil es nicht ganz einfach ist, die Tasse einzuführen. Man darf nicht nervös werden, wenn man es nicht gleich rausbekommt. Es dauert ein wenig, bis man damit klarkommt, und auch die Reinigung ist etwas gewöhnungsbedürftig. Dann ist es richtig gut."
Rund die Hälfte der MeLuna-Produktion wird in Deutschland verkauft, die andere Hälfte im Ausland. Unter anderem in Brasilien, hier wird die Tasse von einem Partner unter dem Namen "Holy Cup" vertrieben. Die komplette Produktion kommt momentan aus Brand. Derzeit denkt Krüger aber über eine Expansion in die USA nach. "Wir haben inzwischen die Zulassung für den amerikanischen Markt", sagt er.
Die Drogeriemärkte dm und Rossmann haben die Tasse inzwischen in ihr Sortiment aufgenommen. Die Zeitschrift Öko-Test hat das Produkt mit "Sehr gut" bewertet. In Deutschland verkauft sich das Modell Classic M in Lila am besten, die Skandinavierinnen bevorzugen vor allem die Farbe schwarz, stellt Krüger fest.
Anja, 38, berichtet:
"Ich habe am Anfang eine Mooncup aus Großbritannien bestellt. So vor acht, neun Jahren. Damals gab es tatsächlich in Deutschland noch keine Möglichkeit, an so etwas zu kommen.
Meine Erfahrungen mit der Mooncup im Alltag sind sehr positiv. Ich blute die ersten zwei bis drei Tage immer sehr stark und arbeite teilweise sehr lange; es gab da nie Probleme. In der Arbeit, also in öffentlichen Räumen, geht das alles problemlos - man muss nur selbst auf seine Hygiene achten, also vor dem Klogang die Hände gründlich waschen. Ich mache auch Sport mit der Mooncup und spüre gar nichts, das ist ebenfalls ein deutlich angenehmeres Körpergefühl als mit Tampons, wo mich immer irgendwas zwickte.
Frauen, die sich vor ihrer Menstruation ekeln, sind für die Tassen sicherlich nicht geschaffen. Aber wer auch im direkteren Umgang mit dem eigenen Körper kein Problem hat, kann dadurch nur gewinnen."
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