18. November 1970: Strauß schlug auf die Pauke
18.11.2020, 07:00 UhrDoch bevor die Wahllokomotive der CSU zu Wort kommt, stellt der Bezirksvorsitzende, Landtagsabgeordneter Karl Schäfer, die Kandidaten seiner Partei für die Wahlen zum Bezirks- und Landtag vor. „Heute ist die Stunde gekommen, die Öffentlichkeit aufzuklären“ ruft er und meint damit die Auseinandersetzung, die wegen des vermeintlichen Übertritts des FDP-Bundestagsabgeordneten Karl Geldner entstanden sind.
Es dauert lange, ehe der CSU-Landesvorsitzende auf diese Vorgänge eingeht und sie aus seiner Sicht beleuchtet. „Das ist ein Stück innerparteilicher Veewesungsprozeß in der FDP und nichts anderes. Ich darf hier die Feststellung treffen: keiner der führenden CSU-Männer oder einer ihrer Gewährsleute ist jemals an FDP-Abgeordnete zwecks Übertritts herangetreten“, versichert er und ruft Starke und Zogelmann als Zeugen an.
Dann kommt Strauß auf Geldner zu sprechen. „Sie werden in den nächsten Tagen einiges darüber hören“, beschränkt er sich und schimpft: „Leider ist die menschliche und moralische Substanz bei einigen so erschüttert, daß man es nicht für möglich hält, was es hier für Lumpengesindel gibt.“
Dann fährt er fort: „Es gibt Zeugen, die sein Klagelied, er müsse aus Gewissensgründen aus der FDP austreten, angehört haben.“ Zum Ergebnis selbst vermutet Franz Josef Strauß: „Entweder er war ein von der Partei beauftragter Spitzel oder er wollte tatsächlich übertreten und ist dann, unter welchen Gründen auch immer, wieder umfunktioniert worden.“
Abgesehen von Attacken auf die SPD/FDP-Koalition in Bonn, die nach Meinung des CSU-Vorsitzenden Unruhe, Sorge und Angst vor der Zukunft ins Land gebracht habe – „Wo das nicht der Fall ist, herrscht Mangel an kritischer Denkfähigkeit“ – und einigen Seitenhieben auf das Verhältnis zwischen SPD und FDP im bayrischen Wahlkampf, schildert Franz Josef Strauß seine Partei in folgenden Farben: „Die CSU ist, was sie war, und bleibt, was sie ist“. Später fügt er hinzu: „Wir würden vor uns selbst ausspucken müssen, wenn wir das Wort ,national‘ oder ein legitimes Nationalbewußtsein für unser Volk nicht als gerechtfertigt anerkennen würden.“
„300.000 Arbeitsplätze“
Was die Zukunft Bayerns angeht, so verspricht der prominente Wahlredner ein neues Hochschulgesetz in Kürze. Auch die Wirtschaftskraft des Landes soll gestärkt werden. „Wir haben die Absicht, in den nächsten zehn Jahren weitere 300.000 Dauerarbeitsplätze in der Wirtschaft zu schaffen.“
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