Gerd Schmelzer: Der Mann für schwierige Projekte
11.10.2010, 18:53 UhrSeine Immobilienkarriere startete der gebürtige Ketteldorffer in den 70er Jahren mit einer „Problemimmobilie“, wie er es 2003 in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk formulierte. Er erstand ungesehen eine Gurkenfabrik neben dem Albrecht-Dürer-Haus, die Konkurs gegangen war. Damit kaufte der Betriebswirt aber gleichzeitig einen Keller, voll mit stinkenden Gurken inklusive einem faulenden Untergrund sowie ungelöste Probleme mit dem Nachbarschaftsrecht und den Mietern. Nachdem er dies alles gelöst hatte – nebst Anwohnerbeschwerden wegen des penetranten Gestanks faulender Gurken auf der Straße während der Aufräumarbeiten – verkaufte er die Immobillie wieder. Heute bekannt als die historischen Felsenkeller von Nürnberg.
Auch bei seiner nächsten Immobilie bewies Schmelzer Durchhaltevermögen. Dem Kauf von Schloss Unterbürg in den späten 70er Jahren, folgte ein längerer Rechtsstreit. Seine Investition war riskant, denn die damalige Ewag und heutige N-Ergie wollte das Baurecht für das im Wasserschutzgebiet gelegene Schloss erheblich einschränken. Schmelzer ging bis zum Obersten Bayerischen Gerichtshof, da er in dem Schloss Eigentumswohnungen geplant hatte und gewann den Prozess.
Mit dem Kauf des ehemaligen Triumph-Adler-Geländes Anfang der 90er Jahre, schaffte der Unternehmer endgültig den Durchbruch. Während sich viele Investoren nach der Wende auf Ostdeutschland konzentrierten, investierte Schmelzer weiter in Nürnberg. 180 Millionen Mark kostete der Kauf und Umbau des 80.000 Quadratmeter großen Areals. Es wurde in das bis heute bestehende Mittelstandszentrum TA umbenannt. Heute haben sich dort wieder Banken, Computerfirmen und Behinderten-Werkstätten angesiedelt.
Alle Geschäfte wickelt Schmelzer mit seiner 1978 gegründeten Alpha-Gruppe ab, die er direkt neben AEG in der Fürther Straße ansiedelte. Das Konzept ist bis heute, industrielle oder militärische Brachflächen zu revitalisieren.
Der Kauf des 16 Hektar großen Grundig-Areals ist seine neueste Großinvestition. An der Beuthener Straße stehen derzeit noch alte Produktionshallen, die von verschiedenen Firmen genutzt werden. Was er mit dem Gelände vorhat und wie viel er dafür gezahlt hat, wird Schmelzer in den kommenden Tagen bekanntgeben. Schmelzer besitzt bereits die beiden Grundig-Türme, die er derzeit zu einem Hotel umbauen lässt.
Vom Autoverkäufer zum Großinvestor
Begonnen hat er seine betriebswirtschaftliche Karriere als Eigentümer einer Gebraucht- und Neuwagenfirma für Citroën-Autos. Als Student fuhr er selbst eine „Ente“, den kleinen 2CV. Nachdem er erfahren hatte, dass sein Autohändler die Firma verkaufen wollte, erstand er den kleinen Betrieb zusammen mit einem Freund für 15.000 Mark. Innerhalb kurzer Zeit schafften es Schmelzer und sein Freund, das Unternehmen zu einem der größten Citroën-Händler in Deutschland auszubauen. Nach dem Verkauf des Betriebs wendeten sie sich jedoch dem lukrativeren Immobiliengeschäft zu.
Nach Schloss Unterbürg, baute er die Bing-Vergaser-Fabrik auf dem Semikron-Gelände in der Wiesentalstraße zum Funkhaus um und kaufte das Verwaltungsgebäude der Bayerischen Milchunion auf. Dies stellte sich im Nachhinein als großes Glück heraus. Denn alle anderen Gebäude auf dem Milchhof-Areal, die von dem Stadion-Architekten Otto Ernst Schweizer im Bauhausstil erbaut wurden, sind 2008 dem Boden gleich gemacht worden. Zudem erweiterte Schmelzer den bestehenden Verwaltungsbau im Stil von Schweizer.
2006 kaufte Schmelzers Firma Alpha zusammen mit der Lauer-Immobiliengruppe das 175.000 Quadratmeter große Gelände, auf dem Adtranz und Bombardier Schienenfahrzeuge entwickelt und gebaut hatten.
Derzeit wird das Augustinerhof-Areal von Schmelzer umgebaut. Auch am Bau der neuen Sebalder Höfe mit dem Kindertheater Pfütze sowie des Tilly-Parks auf dem Areal der früheren Infanterie-Kaserne war der Unternehmer beteiligt. Nach der Quelle-Pleite kaufte die Alpha-Gruppe ein 25.000 Quadratmeter großes Areal gegenüber des Justizgebäudes. In enger Abstimmung mit der Stadt sollen neue Möglichkeiten unter dem Projektnamen „Fürther Straße 111“ erschlossen werden.
Als Sportfunktionär hatte Schmelzer kein so glückliches Händchen
Auch in der Nürnberger Sportszene engagierte sich Schmelzer. In den 70er Jahren managte er die Handballer des Tuspo Nürnberg zusammen mit Arno Hamburger, dem heutigen Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde in Nürnberg. 1983 wurde er Präsident des 1. FCN. Mit 32 Jahren war er der jüngste Funktionär im bezahlten Fußball in Deutschland. Club-Fans dürfte er besonders durch die Oktober-Revolte im Jahr 1984 bekannt sein. Die Spieler kritisierten in einem Offenen Brief die Trainingsmethoden des damaligen Trainers Heinz Höher – und zogen den Kürzeren. Die sechs Rädelsführer wurden damals fristlos entlassen, der Trainer durfte bleiben.
Schon kurz nach seiner Wahl legte Schmelzer ein Geständnis ab: „Ich wollte aus drei Gründen Präsident werden: Mich hat die Aufgabe gereizt, weil ich Cluberer bin, Gruppenmensch, Führertyp. Der zweite Punkt: Eitelkeit. Wer so eine Sache eingeht, muss auch ein gewisses Darstellungsbedürfnis haben, sonst würde er es ja nicht tun. Zum dritten habe ich mir gewisse Vorteile versprochen, einfach aufgrund der Kontakte. Und dazu stehe ich auch. Jeder, der etwas anderes sagt, heuchelt.“
Schmelzer wollte den „Club 2000“ modellieren: Stadionneubau, Sanierung des Vereinsgeländes und Zukunftssicherung durch Verpachtung des Valznerweiherhotels an die Hilton-Kette. Unter Schmelzer spielte der Club 1988 im Uefa-Cup. Dennoch wird sein Name auch mit der darauffolgenden Talfahrt des Vereins verbunden sein. Während Schmelzers Präsidentschaft agierte Ingo Böbel. Der Schatzmeister machte aus dem Club einen Selbstbedienungsladen und wurde 1994 wegen Veruntreuung von Vereinsgeldern in Höhe von 700.000 DM und wegen Steuerhinterziehung von 675.000 DM zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.
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