Haderthauer: Affäre könnte sie ihre Karriere kosten
30.7.2014, 20:40 UhrDiese Sommerpause dürfte sich Horst Seehofer mit Sicherheit anders vorgestellt haben. Gegen seine Staatskanzleichefin Christine Haderthauer (beide CSU) stehen Ermittlungen an - mit ungewissem Ausgang. Und nicht nur das: Der Ministerpräsident selbst sah sich nun schon zum zweiten Mal binnen einer Woche genötigt, sich demonstrativ hinter eines seiner wichtigsten Kabinettsmitglieder zu stellen.
Doch was, wenn an den Vorwürfen gegen die 51-Jährige etwas dran sein sollte? Was, wenn die Vorwürfe eines früheren Geschäftspartners, der sich vom Ehepaar Haderthauer übers Ohr gehauen fühlt, nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens tatsächlich in eine Anklage münden sollten? Es ist eine äußerst riskante Situation - auch für Seehofer selbst.
Der Fall Haderthauer ist in mehrfacher Hinsicht außergewöhnlich: Anders als in Italien oder Frankreich, wo Ermittlungen gegen Regierungsmitglieder keine Seltenheit sind, ist die Rücktrittsschwelle in Deutschland vergleichsweise niedrig. In Affären verwickelte deutsche Politiker treten in der Regel zurück, noch bevor die Staatsanwaltschaft aktiv wird. Im Landtag kann sich niemand an einen Fall erinnern, in dem gegen ein aktives Kabinettsmitglied ermittelt wurde.
"Das ist ein echter, persönlicher Vertrauensbeweis"
In der CSU gibt es schon Stimmen, die zwar nicht Seehofers Festhalten an Haderthauer kritisieren, aber die Deutlichkeit seiner Wortwahl mindestens bemerkenswert finden. "Er hat seine Hand neben die von Christine Haderthauer ins Feuer gelegt", sagt ein Abgeordneter. "Und er weiß um das Risiko, dass er sich verbrennen kann." Denn wenn das Ganze für Haderthauer schlecht ausgehe, sei auch Seehofer beschädigt. Ein anderer CSU-Politiker spricht sogar klipp und klar von einem Fehler des Ministerpräsidenten. Bei der Verwandtenaffäre habe Seehofer einst sehr hart durchgegriffen - jetzt tue er dies nicht.
Zum einen geht es um die Vertrauenserklärung, die Seehofer bereits in der vergangenen Woche für Haderthauer abgegeben hatte. Die war an Deutlichkeit kaum zu überbieten - auch deshalb, weil er darin sofort zum Gegenangriff überging: "Ich werde auch künftig entschieden allen Aktionen entgegentreten, die das erkennbare Ziel verfolgen, Personen herabzusetzen oder sie politisch zu vernichten", betonte Seehofer.
Und nun die Erklärung nach dem Krisentreffen am Dienstag in der Staatskanzlei: Darin heißt es unter anderem, die Vorhaltungen beträfen nicht die Amtsführung Haderthauers. Deshalb sei der Vertrauenserklärung des Ministerpräsidenten nichts hinzuzufügen.
Warum sich Seehofer derart klar hinter Haderthauer stellt, hat nach Einschätzung aus der Fraktion zwei Hauptgründe: dass er in ihr eine Stütze der Regierung sieht und von ihrer Unschuld überzeugt ist. "Das ist ein echter, persönlicher Vertrauensbeweis", sagt ein CSU-Mann.
Auch Seehofer in Gefahr
Tatsächlich - da ist sich die CSU quasi einig - hätte Seehofer seine Ministerin beim aktuellen Stand der Dinge nicht fallenlassen können. Schließlich beginnt das Ermittlungsverfahren erst jetzt. Es gelte die Unschuldsvermutung, hieß es in der Mitteilung der Staatskanzlei. Und: "Allein die Aufnahme von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen begründet keine Notwendigkeit, personelle Konsequenzen zu ziehen."
Allerdings: Der Fall Haderthauer ist kompliziert und undurchschaubar. Und ebenso undurchschaubar ist, wie die Staatsanwaltsschaft sich verhält. Dieses Szenario wird von CSU-Abgeordneten durchgespielt: Was, wenn die Ermittler im Zweifel lieber Anklage erheben anstatt die Akte Haderthauer eigenmächtig zu den Akten zu legen? Oder was, wenn bei dem anstehenden Untersuchungsausschuss neue Vorwürfe auftauchen?
Relativ klar ist: Sollte die Staatsanwaltschaft Anklage erheben, wäre Haderthauer nicht mehr zu halten. "Wenn Anklage erhoben wird, dann ist sie fällig", sagt ein Christsozialer. Das wäre das politische Aus für Haderthauer. Dann hätte aber auch Seehofer selbst ein großes Problem. "Man steuert auf eine Regierungskrise zu", sagt Florian Streibl, der Parlamentarische Geschäftsführer der Freien Wähler.
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