Fahrbericht: Seat Leon 1.0 TSI 81 kW
18.1.2021, 18:58 UhrWie er aussieht: Schmale Scheinwerfer, scharfe Bügelfalten in die Flanken gepresst, durchgehendes Leuchtenband am Heck – das kommt sportlich, schnittig und selbstbewusst rüber. Die vierte, in Martorell nahe Barcelona produzierte Leon-Generation teilt sich die Plattform mit dem konservativer gezeichneten Golf 8. Alternativ zum 4,37 Meter langen Fünftürer gibt es den um 27 Zentimeter verlängerten Kombi "Sportstourer", allerdings nicht in der von uns gefahrenen Motorisierung.
Wie er eingerichtet ist: Im Interieur wird die Verwandtschaft zum Golf besonders deutlich. Die Digitalisierung, die umfassende Konnektivität und das Bedienkonzept hat der spanische Kompakte von seinem Wolfsburger Bruder übernommen. Heißt: Wo früher gedrückt, gedreht oder Regler hin- und hergeschoben wurden, ist jetzt – Anglizismus-Alarm - nur noch Touchen und Sliden angesagt. Selbst die Sitzheizung und die Belüftung werden via Bildschirm aktiviert, fürs Licht zeichnet ein Touchpad links neben dem griffigen Lenkrad zuständig.
Zum überwiegenden Teil ist das neue Bedienkonzept schnell zu erfassen. An manches gewöhnt man sich aber gar nicht – zum Beispiel an die fummeligen Slider für Temperatur und Lautstärke, die wie im Golf leider unbeleuchtet bleiben. Gut, dass Lauter- und Leiser-Stellen auch über ein Rändelrädchen am Lenkrad funktioniert.
Schon im Basismodell ist ein Infotainment mit 8,25-Zoll-Touchscreen an Bord, die höheren Ausstattungsvarianten bekommen das "Virtual Cockpit" mit volldigitalem Fahrerdisplay und 10,25-Zoll-Bildschirm. Bis zu vier USB-C-Anschlüsse halten sich im Innenraum bereit, mobile Endgeräte nicht ganz neuen Datums benötigen also einen Adapter.
Eine zentrale Rolle im Leon-Vokabular spielt das spanisch-aufmunternde "Hola hola": Bei geöffneter Tür projiziert das "Smart Ambient Light" (Serie im XCellence-Modelle, 315 Euro im FR) die beiden Wörtchen auf den Boden neben dem Fahrzeug – und ausgesprochen aktivieren sie die natürliche Spracherkennung. Hier darf man dann die Lüftung ("zu laut") monieren oder Wünsche hinsichtlich Navigation oder Temperatureinstellung äußern. Das klappt tadellos. Ein Head-up-Display ist in der Ausstattungsliste nicht zu finden.
Und sonst? Bei der Gestaltung von Armaturenträger und Mittelkonsole hat Seat ins Hartplastik-Regal gegriffen. Abgemildert wird dies (ausstattungsabhängig) durch Kunststoffblenden in schöner Holz-Optik und wertige Sitzbezüge in Lounge-Grau, wie sie jetzt allerorten modern sind.
Wie viel Platz er hat: Der Leon vermittelt ein erfreulich gutes Raumgefühl. Auch im Fond, der selbst Langbeine und Sitzriesen ziemlich komfortabel unterbringt. Der Kofferraum des Fünftürers nimmt klassenübliche 380 bis 1301 Liter auf. Ein variabler Gepäckraumboden bleibt dem Kombi Sportstourer vorbehalten, ebenso wie eine elektrisch zu betätigende Heckklappe.
Was ihn antreibt: Ja wie – eine solch sportliche Optik und dann ein 999-ccm-Dreizylinder? Der Skeptiker runzelt die Stirn. Doch der Downsizing-Turbo mit seinen 81 kW/110 PS und 200 Newtonmetern Drehmoment hat uns positiv überrascht. Für den Leon wird er zum Muntermacher, sogar aus niedrigen Drehzahlen heraus beschleunigt er erstaunlich aktiv, bei Zwischensprints – wie auf dem Beschleunigungsstreifen der Autobahn - mussten wir das exakt geführte Sechsganggetriebe weniger intensiv bemühen als erwartet. DSG ist für den 1.0 TSI nicht erhältlich.
Die Tachoskala endet optimistisch bei 260 km/h. Tatsächlich erreicht der Leon 1.0 TSI eine völlig ausreichende Topspeed von 197 km/h und beschleunigt in 10,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h.
Akustisch hält der 1.0 TSI mit seiner Dreiender-Identität nicht hinterm Berg, vor allem beim Beschleunigen tönt es kernig aus dem Motorraum. Letztlich aber fällt die Klangfarbe für Dreizylinder-Verhältnisse gepflegt aus. Gleiches gilt für die gebotene Laufruhe.
Motorseitig geht es noch eine Nummer kleiner (66 kW/90 PS), das obere Ende des Spektrums markiert der Plug-in-Hybrid 1.4 e-Hybrid mit 150 kW/204 PS. Noch mehr Leistung bietet nur der Cupra Leon 1.4 e-Hybrid mit 180 kW/245 PS.
Wie er sich fährt: Beim Fahrverhalten wird der Leon seinem sportlichen Outfit gerecht. Leichtfüßig und lebendig wirkt er, das Durcheilen schneller Kurven geht angemessen knackig, sicher und stabil vonstatten. Auch die präzise Lenkung leistet hier ihren Beitrag. Kehrseite des straff abgestimmten Fahrwerks ist allerdings, dass Nickligkeiten im Straßenbelag nicht so geschmeidig ausgefedert werden, wie sich der komfortbewusste Fahrer das wünschen mag.
Ein Adaptivfahrwerk gibt es für den Leon 1.0 TSI nicht. Wohl aber die gängigen elektronischen Beifahrer vom Totwinkel- über den Fernlichtassistenten bis hin zur automatischen Distanzregelung, die bis 210 km/h arbeitet und das Tempo mithilfe der Navidaten vorausschauend reguliert.
Schönes Detail: Wenn das smarte Ambientelicht gebucht wurde, leuchtet warnend eine Lichtleiste in der Tür auf, sobald sich ein Hintermann auf der Überholspur nähert.
Was er verbraucht: Den Normwert von 5,4 bis 5,7 l/100 km zu erreichen ist möglich, aber nur bei sehr zurückhaltender Fahrweise. Wir haben im Schnitt 6,8 l/100 km notiert, kein Topwert.
Was er bietet: Dem Basismodell "Reference" gibt Seat unter anderem einen Knieairbag für den Fahrer sowie Kopf- und Seitenairbags vorn und hinten mit, ferner Klimaautomatik, Keyless Go, Audiosystem, Müdigkeitserkennung, Spurhalteassistent, Geschwindigkeitsbegrenzung und ein Umfeldbeobachtungssystem mit City-Notbremsfunktion. Unser Testwagen rangierte auf XCellence-Level, das Leichtmetallräder, Drei-Zonen-Klimaautomatik, ein schlüsselloses Schließ- und Öffnungssystem, Smart-Ambientelicht, Sportsitze, ein dynamisches LED-Lichtband am Heck und das Virtual-Cockpit umfasst.
Was er kostet: Ab 21.570 Euro, in XCellence-Ausstattung ab 25.600 Euro.
Was wir meinen: Dem sportlichen Selbstverständnis des Seat Leon steht der Einliter-Dreizylinder mit 81 kW/110 PS nicht im Wege. Der 1.0 TSI ist ein gleichermaßen munterer wie elastischer Antrieb, und die Fahrdynamik stimmt sowieso. Auch das Platzangebot stellt zufrieden. Nur mit dem neuen digitalen Bedienkonzept dürften selbst aufgeschlossene Nutzer noch etwas hadern.
Ulla Ellmer
Die Daten des Seat Leon 1.0 TSI 81 kW
Hubraum 999 ccm, Zylinder 3, Leistung 81 kW/110 PS bei 5500/min, max. Drehmoment 200 Nm bei 2000 - 3000/min, Spitze 197 km/h, Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 10,9 sec, Normverbrauch WLTP 5,7 – 5,4 l S/100 km, Testverbrauch 6,8 l S/100 km, CO2-Emission 130 - 123 g/km, Schadstoffklasse Euro 6 AP, Energie-Effizienzklasse A, Länge 4,37 m, Breite 1,80 m, Höhe 1,46 m, Kofferraum 380 bis 1301 l, Kraftstoff-Tank 45 l, Leergewicht 1297 kg, zulässiges Gesamtgewicht 1750 kg, Zuladung 550 kg, Anhängelast 1300 kg (gebremst), 630 kg (ungebremst). Manuelles 6-G-Getriebe, Frontantrieb. Versicherungs-Typklassen 17 (KH), 21 (VK), 21 (TK). Preis ab 21.570 Euro.