Golf 8 GTI: König der Kompaktsportler
9.8.2020, 09:23 UhrMit diesem Erfolg hatte bei VW kaum jemand gerechnet: Zwei Jahre, nachdem der radikal andere Golf die Nachfolge des Käfers angetreten hatte, schob man 1976 einfach mal so eine dezidiert sportliche Variante nach. GTI hieß sie, was für Grand Tourisme Injection stand, unter der Motorhaube saß ein 1,6-l-Vierzylinder mit mechanischer Benzineinspritzung, der 81 kW/110 PS leistete. Das klingt nach heutigen Maßstaben eher bescheiden, muss aber in Relation zum federleichten Fahrzeuggewicht von 810 Kilogramm gesehen werden. Kurz: Der Golf GTI leistete in sportlicher Hinsicht Erstaunliches und wurde völlig unverhofft zum populären Star der Baureihe. Statt der erwarteten 5000 Kunden fanden sich hundert Mal so viele – 500.000 sind es allein für den Golf I GTI geworden.
Golf mit Sportabzeichen
Seither hat keine Generation Golf auf eine Variante mit Sportabzeichen verzichtet. Das gilt auch für den Golf 8. Da steht er nun vor uns, der jüngste GTI, mit schärfer gezeichneten Scheinwerfern, wuchtigem Wabengrill und einigen neuen Linien im Blechkleid. Auch eine schwarze Schwellerleiste ist hinzugekommen. Insgesamt tritt der Golf 8 GTI ein bisschen geduckter als sein Vorgänger auf, die Außenmaße (Länge 4,28 Meter, Breite 1,79, Höhe 1,44 Meter) haben sich dennoch kaum geändert, auch der Radstand (2,63 Meter) bleibt gleich. Wie bei der zivilen Variante ist kein Dreitürer mehr erhältlich.
Innen gibt es schon mehr Überraschungen, dazu aber später, denn beim GTI interessiert in erster Linie die Leistung: Hier bleibt es beim Zweiliter-Turbo-Vierzylinder, der in Sachen PS jetzt allerdings da anfängt, wo die "Performance"-Variante des Vorgängers aufgehört hat, nämlich bei 180 kW/245 PS.
Wir nehmen auf den klassischen und bequemen Karo-Sportsitzen Platz, die in keinem GTI fehlen dürfen und wollen buchstäblich erfahren, was der Neue kann. Schon aus niedrigen Touren geht der TSI mit seinen 370 Newtonmetern Drehmoment energisch zur Sache, begleitet von einem harmonischen Wechsel der sieben Gänge des optionalen Direktschaltgetriebes DSG. Wer lieber selbst schaltet, kann es beim serienmäßigen Sechsgang-Handschalter belassen.
Die wenig befahrene Autobahn erlaubt es, sich an die Spitze heranzutasten, zügig sind 250 km/h erreicht. Die bringt der schnelle Niedersachse über die Vorderräder problemlos auf den Boden, die Vorderachssperre ist serienmäßig. In 6,3 Sekunden schnellt die Tachonadel auf 100. Dann bleibt nur noch, in zwei Schritten den Spurassistenten auszuschalten, der gerade bei hohen Geschwindigkeiten zwar sanft, aber öfter unnötig in die Lenkung eingreift.
So fährt sich eine Fahrmaschine!
Das Fahrwerk präsentiert sich überarbeitet, zum Beispiel durch etwas steifere Federn vorne und hinten oder neue Querlenkerlager. Auch wenn das marginale Änderungen sind: Das Ergebnis kann sich sehen lassen. So fährt sich eine echte Fahrmaschine! Eine so gekonnt komfortable und gleichzeitig sportlich-agile Abstimmung hat im Segment so schnell keiner zu bieten. Vor allem aber: Der GTI wird fahrtechnisch so gut wie nie kritisch, überfordert seinen Lenker nie. Das ist gut so! Der sportliche Wolfsburger beherrscht einfaches Schnellfahren, nicht zuletzt durch den sogenannten „Fahrdynamik-Manager“, den wir – wenn auch im übertragenen Sinne – allerdings nicht angetroffen haben in Wolfsburg und der sich uns deshalb auch nicht erklären konnte.
Zurück zur Cockpit-Betrachtung: Analog zum Golf 8 hat sich auch beim GTi das Bedienkonzept gründlich geändert. Eine zentrale Rolle spielen der 10-Zoll-Touchscreen und die "Touch-Inseln", die man als Tastenfelder bezeichnen könnte. Neu auch die berührungsempfindlichen Schieberegler. Herkömmliche Knöpfe finden sich nur auf der Mittelkonsole und in den Türtafeln. Separat positioniert wurde der Auslöser für die Warnblinkanlage.
Das DSG wird über eine "Schaltknubbel" auf der Mittelkonsole bedient oder über die Schaltpaddels hinter dem etwas abgeflachten Lenkrad.
Das Maß, in dem der GTI wie seine braven Golf-Brüder auf den neuesten Stand der Digitalisierung gebracht worden ist, dürfte vielleicht nicht jeden Kunden begeistern. Maßstäbe setzt das optionale "Innovision Cockpit" jedenfalls, es erkennt den Fahrer und stellt sich auf ihn ein. Das "Digital Cockpit" mit digitalen Instrumenten und digitalisierten Bedienelementen ist dagegen serienmäßig.
Online: Vieles ist möglich
Außerdem bietet VW unter den englischsprachigen Bezeichnungen "Discover Pro", "Wireless App-Connect", "We Connect Plus" und "We Upgrade" noch einiges mehr. Schön: das informationsfreudige Head-up-Display.
Noch ein Blick in den Kofferraum: 380 bis 1270 Liter passen hinein, da rangiert der Golf 8 GTI auf dem Niveau des Vorgängers. Leer wiegt er übrigens 1460 Kilogramm und kann rund 500 Kilogramm zuladen.
Ausgeliefert wird der Golf 8 GTI ab Ende August. Die Preise beginnen bei rund 35.000 Euro, das Siebengang-DSG erfordert einen Aufschlag von ca. 2000 Euro.
Ingo Reuss
Golf 8 GTI in Kürze:
Wann er kommt: Ende August 2020
Wen er ins Visier nimmt: Audi S3, Peugeot 308 GTi, Hyundai i30N, Ford Focus ST, Cupra Leon
Was ihn antreibt: 2,0-l-Vierzylinder-Turbobenziner mit 180 kW/245 PS
Was er kostet: Ab ca. 35.000 Euro
Was noch folgt: Golf R (mit Allradantrieb), Golf GTI TCR mit ca. 300 PS