Renault Zoe: Zoomt jetzt fast 400 Kilometer weit
20.9.2019, 18:38 UhrEmmanuel Bovier steht vor einem großen Screen, der eine majestätisch-unberührte Berglandschaft zeigt. Derlei Naturschönheiten, so die Botschaft, gilt es zu bewahren, und der Zoe soll seinen Beitrag dazu leisten. Bovier ist Renaults Marketingchef "Electric Vehicles", von denen die französische Marke in Europa bereits vier anbietet (Twizy, Zoe, Kangoo, Master), bis 2022 wird das Portfolio auf weltweit acht E-Modelle ausgeweitet.
Heute widmet sich Bovier dem neuen Zoe, der im Oktober auf den Markt kommt. Die erste Generation des Kleinwagens datiert aus dem Jahr 2012, damals noch mit einer recht bescheidenen Reichweite von 150 Kilometern ausgestattet.
41 oder 52 kWh Batteriekapazität
Sieben Jahre später werden daraus bis zu 395 Kilometer – sofern sich der Kunde für den Zoe mit dem größeren 52-kWh-Batteriepack entscheidet. In diesem Fall kann er zwischen dem Basismotor mit 80 kW (108 PS) und einem neuen, stärkeren Aggregat mit 100 kW (135 PS) wählen. Alternativ stellt Renault einen kleineren Akku (41 kWh) bereit, der den Zoe maximal 300 Kilometer weit bringt und der nur mit dem Basismotor gekoppelt werden kann.
Prinzipiell sind die Z.E. 40- und die Z.E. 50-Batterie identisch, die unterschiedliche Kapazität wird von einer Software definiert. Renault schließt nicht aus, zu einem späteren Zeitpunkt ein Upgrade des kleinen Akkus anzubieten.
Und was kostet das Ganze? Je nach Kombi ab 21.900 Euro (kleiner Akku, kleiner Motor), 23.900 Euro (großer Akku, kleiner Motor) oder 33.990 Euro (großer Akku, großer Motor, dann aber schon in mittlerer Ausstattung "Experience"). Klingt gut, ist aber noch nicht alles. Die Batterie muss entweder dazugekauft werden, das kostet dann 8090 Euro. Oder der Zoe-Käufer mietet sie: Gestaffelt nach jährlicher Laufleistung (7500 bis 17.500 km) beträgt die monatliche Rate zwischen 74 und 114 Euro, eine Flatrate ohne Kilometerbegrenzung kommt auf 124 Euro.
Die meisten mieten
Der überwiegende Teil der Kundschaft, sagt Renault-Deutschland-Chef Martin Zimmermann, hat sich bislang für das Mietmodell entschieden. Es beschert auch bessere Garantieleistungen: In den ersten zehn Jahren nach Zulassung wird die Batterie ausgetauscht, wenn ihre Kapazität unter 75 Prozent fällt. Beim Kauf erstreckt sich der Garantiezeitraum über acht Jahre oder 160.000 Kilometer, damit der Garantiefall eintritt, muss die Kapazität unter 66 Prozent sinken.
Auf unserer Probefahrt mit dem Zoe R 135 (großer 50-kWh-Akku, großer 135-PS-Motor) stellten wir einmal mehr fest, dass man sich an die Partnerschaft mit einem Stromer gewöhnen kann. Flott nimmt der elektrische Franzose Fahrt auf, zoomt leichtfüßig dahin, leise auch, nur bei langsamem Tempo macht er mittels Warnton die Fußgänger auf sich aufmerksam. 9,5 Sekunden dauert der Spurt von 0 auf 100 km/h, bei 140 km/h zieht die Elektronik einen Schlussstrich.
Brav eilt der 4,05 Meter lange Kleinwagen von Kurve zu Kurve, das Fahrwerk ist ausreichend (aber nicht überragend) komfortabel, ohne dabei schwammig zu wirken. Ja, die Lenkung könnte etwas mehr Fahrbahnkontakt vermitteln, aber der Zoe will schließlich keine Rennsporttrophäen gewinnen.
Rekuperieren im neuen B-Programm
Für die Kombi großer Motor/großer Akku weist das Datenblatt eine Maximalreichweite von 383 Kilometern aus. Wer unterwegs Extra-Kilometer herausschlagen möchte, kann dies entweder durchs Umschalten aufs Eco-Fahrprogramm tun oder aber im neuen B-Modus kräftig rekuperieren. Das funktioniert, indem der Automatik-Wählhebel in Position "B" gebracht wird. Dadurch verstärkt sich die Motorbremse in einem Maße, dass der Zoe beispielsweise beim Zurollen auf eine Ampel von allein zum Halten gelangt. "One-Pedal-Driving" heißt das im Fachjargon, weil das Bremspedal außer Gebrauch bleibt.
Als Verbrauchswert nannte der Bordcomputer 11,9 kWh, somit blieben wir deutlich unter der Normangabe von 17,7 kWh, was wohl mit unserem maßvollen Tempo auf überwiegend flachen Straßen zu tun hatte. Immerhin: Die Klimaautomatik war angesichts der hochsommerlichen Außentemperaturen eingeschaltet.
Und wie sieht es mit dem Laden aus? Hier bietet der Zoe neue Möglichkeiten. Machbar, aber nicht wirklich sinnvoll ist es, an der haushaltsüblichen Schuko-Steckdose (2,3 kW) anzudocken, hier hat der leergesogene große Akku erst nach 34,5 Stunden seinen Strom-Durst befriedigt. Schneller geht es an der Wallbox, an der 11-kW-Box ist das Ladeprozedere nach gut sechseinhalb Stunden beendet, an der 22-kW-Box nach 3:40 Stunden.
Neu ist, dass der Zoe auch an der Schnellladestation bis 50 kW Strom ziehen kann, so ist die Z.E.-50-Batterie binnen 70 Minuten auf 80 Prozent ihrer Kapazität gebracht. Um sich mit der Gleichstrom-Station verbinden zu können, wird allerdings ein CCS-Ladeanschluss benötigt, für den Renault 890 Euro extra berechnet.
Neues Leben für alte Plastikflaschen
Im Innenraum hat der Zoe seiner früheren Hartplastik-Ödnis abgeschworen, hochwertiger und moderner macht sich das Interieur jetzt, was vor allem mit dem stoffbezogenen Armaturenträger und den schicken Sitzpolstern zu tun hat, in beiden Fällen besteht das Material ab "Experience"-Ausstattung aus recycelten Materialien, je zur Hälfte aus Sicherheitsgurten und Plastikflaschen. So löblich das ist: Sitzkomfort und Seitenhalt fallen eher mäßig aus.
Der Kofferraum (338 bis 1225 Liter) bleibt unverändert, schade, dass die durch Umklappen der Rücksitzlehne entstehende Ladefläche nicht ganz flach ist.
Neu an Bord sind das individuell konfigurierbare digitale Kombiinstrument hinterm Lenkrad und der (Topausstattung "Intens") riesige Hochformat-Bildschirm im Format 9,3 Zoll (23,6 Zentimeter).
Zur Serienausstattung gehören im Basismodell "Life" das besagte digitale Kombiinstrument, Klimaanlage, Voll-LED-Scheinwerfer und eine Handsfree-Keycard. Erst ab "Experience" gibt es Spurhalte-Assistent und -Warner-dazu, außerdem eine Verkehrszeichenerkennung, 15-Zoll-Aluräder sowie eine geteilt umklappbare Rücksitzlehne. Als Topmodell dient sich der "Intens" an, unter anderem mit Klimaautomatik, Online-Multimediasystem mit 9,3-Zoll-Touchscreen, Rückfahrkamera und Toter-Winkel-Warner, der unverständlicherweise für die einfacheren Ausstattungsvarianten nicht einmal gegen Aufpreis zu haben ist.
2020 beginnt das große Stromern
Noch im Juni war der Renault Zoe in Deutschland das meistverkaufte Elektroauto, gefolgt vom Tesla Model 3 und vom BMW i3. Ob der französische Kleinwagen diese Position halten kann, ist trotz der vielfältigen Verbesserungen nicht sicher. Denn 2020 geht auch bei der Konkurrenz das große Stromern los: Opel beispielsweise schickt den Corsa-e ins Rennen, Peugeot den baugleichen e-208, und VW fährt den ID.3 an den Start – allesamt wildern sie mit Preisen ab 30.000 Euro auch kostentechnisch im Segment des Zoe.
Helfen könnten ihm seine kurzen Lieferfristen. Während man beispielsweise auf einenKia e-Niro mindestens ein Jahr und auf einen Kia e-Soul sechs Monate lang warten muss, soll der Zoe bereits nach acht Wochen vor der Haustür stehen.
Ulla Ellmer
Renault Zoe in Kürze:
Wann er kommt: Im Oktober 2019
Wen er ins Visier nimmt: BMW i3, Peugeot e-208, Opel Corsa-e, VW e-up!, Nissan Leaf, Kia e-Soul etc.
Was ihn antreibt: Elektromotor mit 80 kW (108 PS) oder 100 kW (135 PS)
Wie weit er kommt: Mit Z.E. 40 Batterie (41 kWh) maximal 300 km, mit Z.E. 50 Batterie (52 kW/h) bis zu 395 km
Was er kostet: Ab 21.900 Euro plus Batteriekauf (8090 Euro) oder –miete.
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