Kia e-Niro: Elektroantrieb alltagstauglich
6.12.2018, 18:06 UhrEin zu dünn gestricktes Angebot kann allmählich nicht mehr als Begründung dafür herhalten, sich kein Elektroauto zu kaufen. Immer mehr Stromer drängen auf den Markt, und sie werden immer alltagstauglicher, was bedeutet: Ihre Reichweite dehnt sich aus.
Jüngstes Beispiel für ein E-Mobil, mit dem man schon richtig weit kommt, ist der e-Niro, den Kia im April 2019 zum Händler schickt. Ihn gibt es in zwei Ausbaustufen mit jeweils 395 Nm Drehmoment: Die kleinere Version mit 39,2-kWh-Batterie leistet 100 kW/136 PS und erbringt nominell (WLTP-Messung) eine Reichweite von 289 Kilometern. Die stärkere Version mit stattlichem 64-kWh-Akku und 150 kW/204 PS schafft sogar einen Aktionsradius von 455 Kilometern.
Warum gleich zwei Varianten? Es gebe durchaus Leute, sagt Kia, die mit ihrem Elektroauto ausschließlich in der Stadt unterwegs seien und sich die größere Batterie mitsamt dem höheren kostentechnischen Aufwand sparen wollen.
Mehr Kofferraum als im Hybridmodell
Der e-Niro vereint zwei perspektivisch relevante Trends - neben dem zur Elektromobilität auch den sattsam bekannten zum SUV. Die rein elektrische Ausführung ist nach dem Niro Hybrid und dem Niro Plug-in-Hybrid schon die dritte Modellvariante. Von seinen Geschwistern unterscheidet sich der Stromer hauptsächlich durch den geschlossenen Kühlergrill und diverse blaue Zierelemente. 4,38 Meter misst der e-Niro in der Länge, er bietet fünf komfortable Sitzplätze auf und einen 451-Liter-Kofferraum, der den des Hybriden sogar um 15 Liter übertrifft. Wird die im Verhältnis 60:40 geteilte Rücksitzlehne flachgelegt, ergeben sich baumarkttaugliche 1405 Liter Stauraum.
Fahren mit nur einem Pedal
Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ist der runde Drehschalter, über den die Fahrstufen angesteuert werden. Mittels Lenkradwippen lassen sich zudem vier verschiedene Rekuperationsslevels einstellen (Off, 1 bis 3), mit einer fünften on top, deren Name bereits sagt, worum es geht: "One Pedal" heißt, dass der Fahrer das Bremspedal kaum mehr betätigen muss, denn schon wenn er den Fuß vom "Gaspedal" nimmt, verzögert der Wagen so stark, dass er von allein zum Stehen kommt, wobei die Bremsleuchten den nachfolgenden Verkehr warnen.
Dass sich mit Rekuperieren tatsächlich was erreichen lässt, zeigte sich auf ersten Testfahrten: Auf einer Distanz von 43 Kilometern schmolz die Reichweite nur um 32 Kilometer ab, wobei die zurückgelegte Strecke sogar ein durchaus ambitioniert gefahrenes Autobahnteilstück umfasste. Wer umsichtig in der Stadt unterwegs sei, heißt es bei Kia, könne mit einer Ladung des 64-kWh-Akkus sogar 615 Kilometer schaffen. Das konnten wir noch nicht ausprobieren. Auch durch die Arbeit mit den verschiedenen Fahrmodi (Eco+, Eco, Komfort, Sport) lässt sich der Aktionsradius beeinflussen, und natürlich auch das Fahrverhalten. Speziell im "Sport"-Modus geht es bissiger voran, dafür zieht die Reichweitenanzeige gleich ein paar Kilometer von der prognostizierten Distanz ab.
Macht beim Ampelstart die Sause
Was die Fahrleistungen betrifft, so erweist sich der stärkere e-Niro - die schwächere Version stand noch nicht zur Erprobung bereit - als zackig auf Trab. Beim Ampelstart macht er zügig die Sause; in 7,8 Sekunden zoomt er auf 100 km/h und erreicht in der Spitze 167 km/h. Die Lenkung wirkt vielleicht etwas gefühllos, macht aber nix, denn ein sportlicher Kurvenräuber will der elektrische Niro schließlich gar nicht sein. Relevanter ist, dass er beim Fahrkomfort liefern kann, und das tut er sehr zufriedenstellend.
Fürs Protokoll: Die 39-kWh-Variante knackt in 9,8 Sekunden die Tempo-100-Marke und kommt auf 155 km/h Höchstgeschwindigkeit.
Aufgeladen in 40 Minuten
Standardmäßig fährt der e-Niro mit einem CCS-Anschluss vor, er kann also mit bis zu 100 kW schnellladen, in diesem Fall ist die Batterie in gut 40 Minuten von 20 auf 80 Prozent befüllt. An der 7,2-kW-Wallbox sind knapp sechs Stunden Wartezeit einzukalkulieren. Laut Produktmanager Alper Selik arbeitet man aber erst noch an einem Ladenetzwerk, das dann ein einheitliches Bezahlsystem vorsieht.
Der Kia e-Niro wird in drei Ausstattungslinien angeliefert, schon dem Basismodell "Edition 7" wird unter anderem ein Audiosystem mit 7-Zoll-Touchscreen spendiert, ferner Smartphone-Integration, Klimaautomatik, Frontkollisionswarner mit Fußgängererkennung, Rückfahrkamera und ein adaptiver Tempomat plus Stauassistent. Ausbaufähig ist das beispielsweise durch LED-Scheinwerfer, eine größere Acht-Zoll-Kartennavigation, Lederausstattung, Sitzventilation oder ein Vorheizsystem für die Batterie.
Während der "kleine" e-Niro ab 34.290 Euro zu haben ist, kostet die stärkere Version 3800 Euro mehr, also 38.090 Euro. Die Preisgestaltung zeigt einmal mehr, dass Elektromobilität noch immer ihren Preis hat: Den Hybrid-Niro gibt es schon ab 25.390 Euro, den Plug-in ab 32.750 Euro. Zwar dürfen für das rein elektrische Modell noch 4000 Euro Förderprämie abgezogen werden, aber auch für den Plug-in gibt es 3000 Euro, so dass sich die Verhältnisse fast wieder egalisieren.
Hyundai-Kia ist derzeit so ziemlich der einzige Hersteller, der sämtliche elektrischen Antriebsformen vorhält, neben Hybrid, Plug-in-Hybrid sowie batterieelektrischer Mobilität also auch Fahren mit Brennstoffzelle und Wasserstoff. Analog zum Hyundai Nexo wird auch Kia sein Fuel-Cell-Auto bekommen, 2021 soll es so weit sein. Dann gibt es wieder eine Ausrede weniger, sich kein Elektroauto zuzulegen.
Ulla Ellmer
Kia e-Niro in Kürze:
Wann er kommt: Bereits bestellbar, Auslieferung ab 6. April 2019
Wen er ins Visier nimmt: Hyundai Kona Elektro, BMW i3, Nissan Leaf, VW e-Golf
Was er leistet: 100 kW/136 PS oder 150 kW/204 PS
Wie weit er kommt: Nach WLTP-Messung 289 bzw. 455 Kilometer
Was er kostet: Ab 34.290 bzw. 38.090 Euro
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