VW ID.4 GTX: Elektrischer Erbe des GTI
27.6.2021, 12:51 UhrSportlichkeit geht immer, heißt es. Deshalb schiebt VW schon kurze Zeit nach dem Debüt seines Elektro-Crossovers ID.4 jetzt die Variante GTX hinterher. Schließlich brauchen die vielen GTI-Fans unter den VW-Kunden künftig eine elektrische Heimat. Das "X" hinter dem "GT" steht letztlich für den Allradantrieb, für den ein starker Elektromotor an der Hinterachse mit 150 kW/204 PS und 310 Newtonmetern Drehmoment und ein weiterer mit 80 kW/109 PS und 162 Newtonmetern an der Vorderachse zuständig ist. Als Systemleistung ergeben sich 220 kW/299 PS.
Ein Geländegänger will der GTX trotz SUV-Format, Allrad und ausreichend Bodenfreiheit für ausgefahrene Wegen im Übrigen nicht sein. Es reicht ihm schon, wenn er einen Anhänger - zum Beispiel mit Boot oder Pferden - aus der feuchten Wiese ziehen kann; die Anhängelast beträgt bis 1200 Kilogramm bei zwölf Prozent Steigung.
Was heute für viele Kunden freilich in besonderem Maße zählt: Der ID.4 ist vor Ort CO2-neutral unterwegs und soll als GTX bei Volkswagen die Brücke zur sportlichen, individuellen Mobilität der Zukunft schlagen.
Serienmäßig mit Matrix-LEDs
Schon optisch macht der 4,58 Meter lange ID.4 GTX eine Menge her. Geschickt haben ihn die Wolfsburger mit zusätzlichen Details auf Sportlichkeit getrimmt. An der Front finden sich Modifikationen wie die elektrische Kühlerjalousie. Aber noch mehr ins Auge fallen die serienmäßigen LED-Matrix-Scheinwerfer, die Nachtfahrten deutlich erleichtern und sicherer machen. Außer diversen Anbauteilen tragen die bündig versenkten Türgriffe zur besseren Aerodynamik bei. Das Dach ist immer in Schwarz gehalten, wie auch der Heckspoiler. Am modifizierten und jetzt noch markanteren Heck strahlen die neuartigen 3D-LED-Rückleuchten; das Rücklicht leuchtet wie ein "X", das Blinklicht wischt dynamisch von innen nach außen. Den Diffusoreinsatz am hinteren Stoßfänger hat man in Galvanograu lackiert. Nicht zuletzt liefert VW für die GTX-Modelle spezielle Außenfarben.
Zur besonders guten Raumaufteilung trägt der modulare E-Antriebsbaukasten (MEB) des Konzerns bei. Technische Komponenten wie die Elektromotoren brauchen weniger Platz. Der Radstand dehnt sich auf beachtliche 2,77 Meter. Das Ergebnis ist viel Platz im Innenraum, speziell auch im Fond. Unter dem Strich ist der ID.4 praktisch so geräumig wie konventionelle SUV-Modelle der nächsthöheren Klasse. Ins Gepäckabteil passen 543 Liter, maximal (dachhoch beladen) sind es 1575 Liter.
Beim GTX lässt sich die maximale Förderung von 9570 Euro leider nicht voll ausschöpfen, stattdessen gibt es 7975 Euro brutto. Das liegt daran, dass der Einstiegspreis bei 50.415 Euro liegt und der Nettolistenpreis somit die Obergrenze von 40.000 Euro überspringt.
Rückenfreundliche Sitze
Eine Reihe von Zusatzpaketen schlägt weiter auf den Geldbeutel - von wenigen hundert Euro Aufpreis beim "Design"- und "Sport-Package" bis hin zu ein- bis über zweitausend Euro bei "Comfort" und "Assistance". Sogenannte "Plus-Pakete" rüsten den GTX bei "Design" und "Comfort" weiter auf, unter anderem mit großem Glasdach und Climatronic. Besondere Pakete werden auch für Infotainment und "Assistance" angeboten. Da kommt dann doch noch einiges zusammen, besonders, wenn sich der Kunde nicht für das serienmäßige GTX-Interieur mit den Basis-Sitzen entscheidet, sondern zum Paket "Interior Plus" und "Top-Sport" mit AGR-Sitzen (Aktion gesunder Rücken) einschließlich integrierter Kopfstützen und mit verstärktem Seitenhalt für 3210 Euro greift. Einige Ausstattungsdetails sind innen Standard, wie eine Ambiente-Beleuchtung mit 30 Farben, das beheizbare Lenkrad oder geteilt-klappbare Rücksitzlehnen und Sitzbezüge mit roten Nähten.
Zu dem für manch einen gewöhnungsbedürftigen Bedienkonzept mit zwei Displays: Das kleinere mit 5,3 Zoll wird über das Multifunktionslenkrad, wo rechts auch die Wippe für die Fahrstufenwahl liegt, gesteuert. Für Navigation, Telefonie, Assistenzsysteme und Fahrzeugeinstellungen steht mittig das Touch-Display, serienmäßig zehn Zoll, im Infotainment-Paket "Plus" zwölf Zoll groß. Als weitere Bedienebene fungiert die serienmäßige Spracheingabe, die nun nicht mehr begriffsstutzig reagiert und damit manchen genervt haben dürfte. Elektronische Aktualisierungen, also Updates von Software und Hardware ohne Werkstattbesuch, sollen demnächst nach dem Kauf "Over-the-Air" möglich sein.
Starke Stromer sind alles andere als lahme Kisten, das zeigt sich vor allem beim Sprint und bei Überholmanövern auf Landstraßen. 6,2 Sekunden von 0 auf Tempo 100 sind schon was - immerhin noch eine Zehntelsekunde ist der GTX schneller als der 180 kW/245 PS starke Golf GTI. Sinnvoll ist selbst beim Elektro-Sportler die auf 180 km/h elektronisch begrenzte Spitze; auf dem Tacho haben wir schon mal 185 km/h abgelesen. Jedenfalls reicht das, um bei den auf der linken Autobahnspur dominierenden Modellen mitzuhalten, wenn es mal sein muss. Bei weniger ambitionierter Fahrweise und unter günstigen Voraussetzungen (neben dem Fahrstil zählt dazu der Einfluss von Außentemperaturen, Zuladung, Nebenverbrauchern und Topografie) schafft der GTX eine "Reichweitenspanne", wie man es in Wolfsburg nennt, von 340 bis 480 Kilometern gemäß der praxisnahen WLTP-Norm.
Schnellladen mit 125 kW
Platzsparend und gut für einen tiefen Schwerpunkt ist die Batterie mit 77 kWh nutzbarem Energiegehalt im Unterboden untergebracht. Mit Wechselstrom (AC) lassen sich die Akkus bis zu 11 kW aufladen, Gleichstrom (DC) nehmen sie bis zu 125 kW. An der öffentlichen Schnellladesäule kann sich der GTX somit in rund 30 Minuten Strom für weitere 300 Kilometer Fahrt zuführen.
Blitzschnell schaltet sich die E-Maschine an der Vorderachse zum sonst (zwecks besserem Wirkungsgrad) alleine agierenden Hinterachs-Hauptmotor zu, wenn der Fahrer viel Leistung abruft. Die elektronische Fahrdynamikregelung bringt zudem weitere Vorteile für die Fahrdynamik bei schneller Kurvenfahrt oder auf glattem Untergrund.
Ganz besonders stolz sind die Wolfsburger auf ihren Fahrdynamikmanager. Nur Golf GTI und Golf R haben ihn schon, jetzt kommt er erstmals bei einem elektrischen Modell als Performance-Verstärker zum Einbau. Hut ab vor diesem Manager, der neue Grenzen schafft beim Beschleunigen, Bremsen und der Kurvenhatz. Vernetzt mit der Stabilitätskontrolle ESC und der Allradregelung hievt er Dynamik, Traktion und Stabilität auf ein Top-Niveau. In schnellen Kurven sorgt er zusammen mit der Quersperre XDS+ für ein souveränes Handling, indem er die kurveninneren Räder leicht abbremst und den GTX sozusagen in die Biegung hineindreht. Gleichzeitig regeln adaptive Stoßdämpfer die Härte (bis zu 200 Mal in der Sekunde!) und vermeiden, dass sich das Auto beim Richtungswechsel zur Seite neigt oder beim Bremsen eintaucht.
Gute Karrierechancen
Auf Emotion und Sportlichkeit müssen die Fans von E-Autos nicht verzichten. Der VW ID.4 GTX hat gute Chancen, ein Verkaufsschlager zu werden, zumal er im weltweit größten Marktsegment unterwegs ist – der Klasse kompakter SUVs beziehungsweise Crossover. Den Wolfsburger Autobauern kann es nur recht sein, denn so spült man reichlich Geld in die Kassen.
Ingo Reuss
VW ID.4 GTX in Kürze:
Wann er kommt: Ist bereits erhältlich
Wen er ins Visier nimmt: Audi Q4 e-tron, Skoda Enyaq, Cupra Born, Mercedes EQA
Was ihn antreibt: Zwei Elektromotoren an Vorder- und Hinterachse, Systemleistung 220 kW/299 PS.
Was er kostet: Ab 50.415 Euro.