Gastronomie
Personalmangel: Nürnberger Restaurant bietet 2000 Euro Prämie für neue Mitarbeiter
17.9.2024, 18:51 Uhr"Wir suchen Mitarbeiter" - wer durch die Innenstädte geht, sieht dieses Schild an fast jedem Restaurant und Café. Ob Minijobs, Werkstudierendenstellen oder Festanstellung: Die Gastronomie scheint unattraktiv geworden zu sein. Schlechte Arbeitsbedingungen, lange Schichten und Arbeitszeiten sind sicherlich keine Faktoren, die viele Menschen in diesen Bereich locken. Doch wer brät dann künftig Schnitzel und Schäufele, wer bringt Bier und Limo zum Tisch? Betriebe müssen immer kreativer werden, wenn sie gutes Personal finden wollen.
Einen in diesem Bereich in Nürnberg einzigartigen Weg geht das "Landbierparadies", ein über die Jahre gewachsenes Unternehmen mit drei Restaurants, Biergarten und Handel. Gründer Joachim Glawe erklärt: Hier gibt’s nach der Probezeit schlappe 2000 Euro. Wer den neuen Mitarbeiter anwirbt, bekommt 1500 Euro. "Wir wollen das auch belohnen", sagt Glawe. Gesehen hatte Glawe das Modell bei Unternehmen aus anderen Bereichen, dachte sich: "Warum nicht?"
Schon früher hatte das "Landbierparadies" eine Prämie für neue Mitarbeiter nach dem System "Mitarbeiter werben Mitarbeiter". Neu ist, dass nun auch Personen, die nichts mit dem Restaurant zu tun haben, passende Mitarbeiter anwerben können.
Joachim Glawe ist der Meinung: Wenn ein Mitarbeiter ein halbes Jahr da ist, dann wird er auch länger im Betrieb bleiben - "dann ist uns das wert", sagt der Gastronom. Schließlich würde es auch Zeit und damit Geld kosten, wenn sich über längere Zeit jemand aktiv darum bemühen muss, neue Mitarbeiter zu finden. Außerdem sind Werbeanzeigen teuer. "Ist ja nichts so, dass es andersherum geschenkt ist", sagt Glawe. Er ist sich sicher: Das Modell "Einstiegsprämie" wird sich in Zukunft immer weiter verbreiten, beispielsweise im Handwerk kann er es sich gut vorstellen.
Fachkräfte gesucht
Vor allem braucht das "Landbierparadies" qualifizierte Mitarbeiter, echte Fachkräfte. Durch die Corona-Pandemie habe die Gastronomie viele Fachkräfte verloren. Viele seien durch die Lockdowns verunsichert gewesen, in vielen Betrieben - wenn auch nicht im Landbierparadies - gab es Entlassungen. Auch das Kurzarbeitergeld und das fehlende Trinkgeld während der Pandemie habe viele in andere Bereiche getrieben. Unsicherheit löst auch eine Frage aus, die viele Menschen nach der Pandemie umtrieb: Was ist, wenn sowas noch einmal passiert?
Nur langsam gewinne die Gastronomie wieder ein wenig an Attraktivität: "Einige kommen wieder zurück", erzählt Glawe. Doch einfach war die Personalsituation in der Gastronomie noch nie, schon immer waren vor allem gute Köchinnen und Köche Mangelware. "Wir finden immer wieder gute Leute", erklärt Glawe. Doch: Die Einstiegsprämie soll bewirken, dass es künftig noch schneller geht. Und trotzdem quillt der Briefkasten des "Landbierparadies" nicht vor Bewerbungen über.
Beispielsweise für die Buchhaltung sucht das "Landbierparadies" immer noch jemanden, schließlich gebe es drei Restaurants sowie den Handel. Diese Stelle sei vor allem attraktiv, weil hier auch komplett im Homeoffice gearbeitet werden könne. Bisher gefunden hat das Unternehmen jedoch einen neuen Koch sowie eine Festangestellte für die Küche. In einigen Monaten werden sie hoffentlich die Prämie kassieren. "Das kostet uns zwar Geld, aber das ist gut investiert", schließt Glawe.
"Das war die schlimmste Zeit"
Ein Lied von der Personalsuche kann auch Eric Rautenberg singen. Er führt das Café "Süß und Salzig" in der Nürnberger Gartenstadt. Dieses legte im Januar einen absoluten Traumstart hin. Aus der ganzen Stadt kamen die Gäste schon direkt zur Eröffnung. So viele Gäste, dass das Café im Januar nur drei Wochen nach der Eröffnung wieder schließen musste. Der Grund: Zu wenig Personal für den großen Ansturm.
Mittlerweile hat er kein Personalproblem mehr, seit April hat er nicht nach Mitarbeitern gesucht, niemanden eingestellt. Doch gerade Anfang des Jahres habe er einige Leute gebraucht, die vor allem auch schon Gastro-Erfahrung mitbringen. Die Suche nach dem passenden Personal beschreibt er als "die schlimmste Zeit".
Denn: "Es liegt nicht an der Quantität der Bewerbungen", erklärt der Gastronom. Rautenberg erzählt von vielen Bewerbungsgesprächen, bei denen er sich gefragt habe: Ist das hier wirklich eine ernstgemeinte Bewerbung?
Schließlich habe er einen gewissen Anspruch an sein Personal, er wolle ja selbstverständlich, dass sich seine Gäste wohlfühlen: "Es ist ein Problem, dass es nicht mehr viele gibt, die es mit Liebe und Herzblut machen." Gerade Mitarbeiter zu finden, die vertrauenswürdig wirken, mit einem gepflegten Äußeren, am besten noch Erfahrung in der Gastronomie, sei fast ein Ding der Unmöglichkeit: "Geeignetes Personal zu finden, ist wie die Nadel im Heuhaufen", erzählt er. "Die Leute, die was können, sind rar gesät und verlangen oft viel Geld" - teils seien die Vorstellungen utopisch gewesen.
Um mit der Personalsituation umzugehen, hat Rautenberg seinen eigenen Weg gefunden. Denn dicht ist die Personaldecke in der Gastronomie nie, auch in seinem Betrieb nicht. Vor allem, wenn Mitarbeiter im Urlaub oder krank sind, heißt es für ihn selbst anpacken. Zum Glück könne er in seinem Café an jeder Ecke aushelfen, quasi als Springer im eigenen Betrieb: "Von der Küche bis zum Service."
Rautenberg meint: "Heutzutage kann man nicht den Dirigenten spielen und das Personal herumschicken. Du darfst dir nicht zu schade sein, selbst mit anzupacken." Doch daran hat sich der langjährige Gastronom gewöhnt: "So kenne ich die Gastronomie: Es ist ein Hin und Her, man muss jede Woche wieder neu schauen."
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