Coronavirus: So schützt sich der Touristen-Hotspot Rothenburg
16.2.2020, 10:07 UhrAm vergangenen Donnerstag, 13. Februar, trafen sich Vertreter der Rothenburger Stadtverwaltung und des Hotel- und Gaststättenverbandes, um die Lage zu erörtern. Momentan ist nur Nebensaison, aber was heißt das schon, in einem Ort, der 11.500 Einwohner zählt, aber 560.000 Übernachtungen pro Jahr (Stand 2019). In Rothenburg wird das Stadtbild fast immer von Touristen geprägt. Auch ein paar Chinesen sind jetzt da, wie viele genau weiß niemand, doch darin sieht Robert Nehr, Mitarbeiter im Tourismus-Service, keinen Grund zu übertriebener Sorge. "Wir sollten nicht den Fehler machen, unsere Wachsamkeit nur auf eine Nation zu konzentrieren."
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Anfang Februar war genau das passiert. Bild berichtete über einen Rothenburger Gemüsehändler, der an seine Ladentür einen Aufsehen erregenden Hinweis geklebt hatte. "No chinese tourists please." In Englisch und Chinesisch bat der Geschäftsmann darum, Reisende aus dem Reich der Mitte sollten doch bitte einen großen Bogen um seinen Laden machen. Bild zitierte ihn mit dem Satz: "Habe das Gefühl, Deutschland hat die Lage nicht im Griff." Dass er damit alle Chinesen unter Generalverdacht stellt, das Virus in sich zu tragen, sei dem Händler gar nicht bewusst gewesen, sagt Robert Nehr. Inzwischen ist der Zettel schon lange wieder weg. Solche Aussagen passen nicht zum Image der touristenfreundlichen Kleinstadt.
Die Angst vor Ansteckung geht vielerorts mit der Angst vor Umsatzeinbußen einher. Laut einem Bericht des Bayerischen Rundfunks (BR) beklagen zum Beispiel Hotels in Füssen das Ausbleiben von Touristen. Im Schatten von Neuschwanstein kommen 70 bis 80 Prozent der Reisegruppen aus Asien. Fabian Geyer, Chef im Hotel Euro Park, sagt: "Natürlich ist es so, dass die chinesischen Reisegruppen derzeit komplett storniert haben. Und die fehlen uns natürlich jetzt hier im Haus: Leer bleibende Zimmer, weniger verkaufte Essen und damit natürlich bei gleich bleibenden Kosten weniger Einnahmen." Dem BR zufolge lässt Geyer sein 140-Betten-Haus vorsichtshalber täglich desinfizieren - inklusive aller Zimmerschlüssel.
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Eine der bekanntesten Herbergen in Rothenburg ist das Hotel Eisenhut. Dort will man sich nicht zum Umgang mit dem Coronavirus äußern und verweist auf den Tourismus-Service. Arletta Winterkamp vom Hotel Sonne erklärt, dass Hygiene für sie generell große Bedeutung habe. Da momentan etwas weniger los sei, würden alle Mitarbeiter entsprechend geschult. Noch gibt sie sich unbesorgt. "Ich fühle mich relativ sicher, wir müssen aber alle einen Beitrag dazu leisten und der Verbreitung von Krankheiten vorbeugen."
Sechs Wochen nach Ausbruch des Coronavirus sind sich die Experten nach wir vor uneins darüber, wie groß die Bedrohung für Europa wirklich ist. Während hiesige Gesundheitsämter den Ball flach halten, geht der Berliner Virologe Christian Drosten laut Tagespiegel von einer weiteren Verbreitung des Kranheitserregers aus: "Wir müssen uns auf eine Pandemie einstellen", also auf eine weltweite Verbreitung des Virus.
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In Rothenburg baut Robert Nehr auf den Pragmatismus der heimischen Familienbetriebe. "Die haben schon so viel erlebt, die können mit vielem umgehen." Damit meint er auch eventuelle Umsatzverluste, die freilich vorerst nicht gravierend ausfallen dürften. Entgegen landläufiger Meinung spielen die Chinesen in der Rothenburger Tourismusbilanz eine untergeordnete Rolle. Sie machen nur knapp drei Prozent der Übernachtungen aus, auch weil die fränkische Mittelalterperle ungleich stärker den japanischen Markt bewirbt. "Japaner wollen Kultur, Chinesen wollen luxusshoppen", sagt Nehr. Letzteres habe Rothenburg nur bedingt zu bieten. Die mit weitem Abstand meisten Gäste der Stadt kommen übrigens aus: Deutschland.
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