22. August 1970: Dürers Hase im Pop-Stil
22.8.2020, 07:00 UhrIm Sitzungssaal des Geldinstituts kam gestern eine fünfköpfige Jury zusammen und beratschlagte, welche der Arbeiten ihre Preise wert sind. Allerdings bleibt die Entscheidung des Quintetts noch für gute 14 Tage geheim, weil zunächst einmal die Bürger zum Tippen aufgerufen sind.
Von 60 Werken, die in den Schaufenstern der Dresdner Bank ausgestellt werden, soll die Bevölkerung erraten, welchem Werk der erste Preis mit 4000 DM zuerkannt wurde.
Auf den Entwürfen Albrecht Dürer mit seiner Vaterstadt in Verbindung zu bringen und dabei das Dürer-Jahr-Signet samt einer dreisprachigen Aufschrift an augenfälliger Stelle zu plazieren: das war die wichtigste Aufgabe, von der vorher selbst renommierte Künstler gesagt hatten, sie sei sehr schwer zu lösen.
Das Urteil über die Lösungen liegt jetzt beim Preisgericht, dem Professor Richard Roth (München), Bankdirektor Wilhelm Figge (Frankfurt), Hans Fick (Nürnberg) als Fachpreisrichter, Baureferent Otto Peter Görl und Walter Schatz, der Leiter des städtischen Presse- und Informationsamtes, als Sachpreisrichter angehören.
Die fünf Männer sind um ihre Tätigkeit nicht zu beneiden, weil die Überlegungen, von denen die Einsender bei ihren Arbeiten ausgingen, sehr verschieden sind. Manche waren allein auf grafische Wirkung bedacht, andere gingen liebevoll ins Detail.
Auch der berühmte Hase fehlt in der Sammlung nicht – einmal in Pop-art abgewandelt, ein andermal naturgetreu und an einer gelben Rübe knabbernd. Ausgefallen wirkt auch ein Selbstporträt des Meisters, das mehr an einen Cockerspaniel erinnert, und ein Plakat, dessen Technik die ungeübte Hand verrät. Die hohlwangige Figur im Vordergrund mit dem weit aufgerissenen Mund legt die Vermutung nahe, daß der Bewerber auf den Spuren von Edvard Munch gewandelt ist. Was wohl die Jury dazu sagen wird?
Was die Bürger zumindest über die gute Hälfte der Entwürfe zu sagen hat, stellt sich beim Quiz heraus, für das die Dresdner Bank ansehnliche Gewinne bereitgestellt hat und für das es Teilnehmerkarten an den Schaltern gibt. Am 14. September werden dann alle wieder zusammenkommen: die Künstler, deren Arbeiten von der Jury prämiiert worden sind, und die Bürger, die beim Quiz den ersten Preisträger richtig geraten haben, bekommen bei einer gemeinsamen Veranstaltung ihre Preise.
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