28. Oktober 1970: Wieder ein Eltern-Protest

28.10.2020, 07:00 Uhr
28. Oktober 1970: Wieder ein Eltern-Protest

© Ulrich

Nach dem ersten Schulstreik in Nürnberg vor wenigen Tagen protestieren jetzt die Eltern von Kindern in den evangelischen Kindergärten. Ihr Protest richtet sich gegen die Stadt. Warum, so fragen sie, zahlt die Stadt den freien Trägern nur 14 Prozent der Betriebskosten, während sie bei städtischen Einrichtungen 83 Prozent aus öffentlichen Steuermitteln zuschießt. Oder anders ausgedrückt: sollen Eltern, die ihre Kinder in evangelische oder katholische Kindergärten schicken, dafür auch noch bestraft werden?

Heute zahlen Eltern den städtischen Kindergärten maximal 33 Mark pro Kind und Monat; sozial schwache Familien sogar noch weniger. Johannes Roth vom Diakonischen Verein Lichtenhof: „Für den evangelischen Kindergarten Lichtenhof bringen die Eltern schon 39 Mark im Monat auf. In Zabo müssen sie gar 50 Mark berappen.“ Deshalb unterstützt der Diakonische Verein auch die Protestversammlung. Es sei unbedingt notwendig, dass die Stadt ihre Zuschuss-Politik neu überprüft – Im Lichtenhof-Kindergarten werden 160 Kinder in sechs modernen Räumen betreut. Pfarrer Liebl von der Stadtmission, der großen Anteil am Zustandekommen der Protestversammlung hat, sieht die Lage noch ernster. „Wenn die Stadt uns nicht entgegenkommt, dann wäre es bei einzelnen Kindergärten durchaus drin, daß sie geschlossen werden müssen.“

Ab 1. Oktober seien für die Bediensteten in den Kindergärten gewaltige Gehaltserhöhungen beschlossen worden. Pfarrer Liebl sagt dies „ohne Bitterkeit, denn wir sind durchaus der Auffassung, daß unsere Mitarbeiter besser bezahlt werden müssen“. Doch die Erhöhung der Bezüge bedeutet immerhin, daß der Anteil der Stadt an den Kosten auf nur noch elf Prozent zusammenschmilzt. Sie zahlen ohnehin von den 720 bis 750 Mark pro Kindergarten-Platz nur 100 Mark, während München 150 Mark aufwendet. Die Folge der Gehaltserhöhungen und Kostensteigerungen wird sein, daß wieder einmal die Eltern kräftig zur Kasse gebeten werden.

Keine Kommentare