Er hatte ohnehin für sein Alter schon viele Stationen hinter sich. Sein Vater Klaus war einer der angesehensten Journalisten der Kaiserzeit, Hofrat der Großherzoglichen Regierung und Chefredakteur der Darmstädter Zeitung. "Ich bin zwischen Redaktions-Papierkörben und Rotationsmaschinen groß geworden", pflegte der Junior später zu sagen.
Mit noch nicht ganz elf Jahren gab er 1918 eine Zeitschrift heraus, die von der Revolution schwärmte. In den Folgejahren verspotteten Kollegen ihn als jüngsten deutschen Theaterkritiker für etliche Zeitungen und Illustrierte, während der Berliner Kritikerverband ihm eine "ungewöhnliche Gabe" bescheinigte.
75 Jahre NN: Joseph E. Drexel, Ein Publizist und Brückenbauer
Dennoch ging Buschmann zerknirscht einige Zeit ins Kloster und als Krankenwärter ins Hospital der "Barmherzigen Brüder". Nach Jahren des Studiums von Maschinenbau und Philosophie bot ihm der Ullstein-Verlag dann 1926 eben jene Stelle im Pariser Redaktionsbüro an, die ihm das Lindbergh-Gespräch bescherte.
Für das Kölner Tagblatt, das dem preußischen Staat gehörte, schrieb er für 250 Mark Monatsgehalt Wirtschaftsglossen; als Chefredakteur berief ihn Ministerpräsident Otto Braun zur Neugründung Osterroder Generalanzeiger, um die Weimarer Republik zu stärken; und mit 23 Jahren wurde er Chef des Kölner Tagblatts.
1933 wurde Buschmann von der NSDAP abgesetzt und wochenlang bedroht. Er emigrierte vorübergehend nach Belgien und Holland. 1934 übernahm er die Chefredaktion der in Stettin erscheinenden Pommerschen Zeitung, der er geschickt und eigenwillig die druckfertigen Normberichte der Nazis und jedwede Superlative untersagte.
So entwickelte er eine journalistische Form, die mit 750 000 Exemplaren nicht nur eine der größten Auflagen Deutschlands erreichte, sondern ihn auch immer wieder in Konflikt mit den Machthabern brachte.
1949 holte der Gründungsverleger der Nürnberger Nachrichten, Dr. Joseph E. Drexel, den Vollblutjournalisten als Chefredakteur in die Frankenmetropole und Buschmanns Frau Gertrud Buschmann-Gerardi gleich mit, die als Fotografin in den Diensten der NN bald zu großem Ansehen und Ruhm kam. Drexel hatte das Paar 1944 in Stettin kennengelernt.
Chef Buschmann prägte das aufstrebende Nürnberger Blatt mehr als ein Jahrzehnt und verschaffte ihm bundesweites Ansehen, ehe er nach schwerem Leiden im Alter von 54 Jahren verstarb. Er predigte stets – der Nachkriegszeit entsprechend, einer nüchternen Beobachtung gehorchend –, die Nachricht sei das ein und alles einer Zeitung. Die Redaktion kannte ihn an seinem Schreibtisch – vor meterlangen, eigenhändig redigierten und diktierten Nachrichtenmanuskripten. Und mit der Zigarettenspitze im Mund und der Schere in der Hand, Bilder zurechtschneidend.
Denn die Fotografien waren sein Steckenpferd; die Bebilderung wurde rasch zum Markenzeichen der NN, bundesweit. "Mit den Nürnberger Nachrichten, die heute zu den zwölf größten Zeitungen der Bundesrepublik zählen, schuf Buschmann einen besonderen, auf die Nachricht abgestellten Zeitungstyp, der in der deutschen Presse kein Beispiel hatte", schrieb die Agentur Associated Press in einer Würdigung.
75 Jahre NN: Gertrud Gerardi, Kronzeugin des Wiederaufbaus
Im Kollegenkreis attestierte man dem Chefredakteur eine "fast fanatische Berufsauffassung"; man schilderte ihn als einen Menschen, "bei dem Person und Beruf völlig eins geworden sind". Er sei einer der großen Zeitungsmacher, wie es in Deutschland nur ganz wenige gibt, ein Vollblutjournalist im besten Sinne. Verleger Drexel sprach später von der "genialischen Vielseitigkeit dieses Mannes", denn "er wusste haargenau, was einer Zeitung wie der unseren frommt, und der Erfolg hat ihm recht gegeben". Die "leichtfertige Schluderei war ihm ebenso zuwider wie hochgestochene Phrasendrescherei".
"Wenn es um die Arbeit an der Zeitung ging, hat er keinem Mitarbeiter etwas geschenkt, doch noch weit mehr als von jedem anderen hat er stets von sich selber gefordert", erinnerten sich altgediente Redakteure. "Niemals, solange wir ihn kennen, hat er seinen Schreibtisch vor Mitternacht verlassen, nie ward sein Tagwerk früher zu Ende, als wenn er sicher sein konnte, dass die Zeitung von der ersten bis zur letzten Seite aus einem Guss war; was für ihn bedeutete, dass mit jedem Bild, mit jeder Zeile der Leser, gleich, in welchem geistigen Raume er sich als einzelner bewegt, gefesselt sein würde."
Er war kein Freund leeren Geklingels. Unablässig bemühte er sich, der Leserschaft jene umfänglichen Nachrichten, jene genauen Informationen zu bieten, "ohne die sich ein klares politisches und weltanschauliches Vorstellungsbild nicht verarbeiten lässt", hieß es.
75 Jahre NN: Bruno Schnell prägte den Aufstieg des Verlags
Er verstand es, auch verwickelte Sachzusammenhänge für den Leser verständlich und vor allem überschaubar darzustellen. Sein Ehrgeiz war es, dass die NN an Aktualität und Schnelligkeit von keiner anderen Zeitung ihres Umkreises übertroffen werden konnten.
Seine unheilbare Krankheit wurde erst Anfang September 1961 während eines Kuraufenthalts in Baden Baden erkannt. Ein letzter Rettungsversuch in der Kölner Universitätsklinik war zum Scheitern verurteilt. Am 17. Dezember brachte seine Frau den Todkranken nach Nürnberg zurück, wo er am 9. Januar 1962 starb.
"Buschmann liebte die Farbe – nicht nur auf den Walzen der Rotationsmaschine. Um seine persönliche Farbe ist die deutsche Presse ärmer geworden", stand im Nachruf der Süddeutschen Zeitung. Die Agentur United Press International schrieb: "Mit Roland Buschmann verliert die deutsche Presse einen auch international verehrten und bewunderten großen Journalisten."