Abstriche durch "unbekannte Dritte"? Wirbel um Corona-Tests an Bayerns Schulen
17.3.2021, 19:34 UhrIn Österreich gehört die erste Viertelstunde vor dem Unterricht dem Schnelltest. Das Nachbarland Bayerns setzt bereits seit einigen Wochen auf flächendeckende Corona-Abstriche, die innerhalb kurzer Zeit ein relativ sicheres Ergebnis liefern. In der deutschen Pandemie-Strategie fehlen die Tests noch, bislang, Experten mahnen zu mehr Tempo. Der Freistaat hat erst zu Wochenbeginn seinen Plan für die Zeit bis zu den Osterferien skizziert. Doch schon jetzt gibt es Streit.
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Der Bayerische Elternverband (BEV) ist strikt gegen Blitz-Abstriche in der Schule. Ein nennenswerter Teil der Mitglieder, heißt es in einem Offenen Brief, lehne die geplanten Tests ab. Teils wollen Lehrer und Schüler sie gar nicht erst durchführen. Die Umgebung sei unhygienisch, Masken müssten abgenommen werden - zudem könne es zu diskriminierenden Situationen kommen, warnt der Interessensverband.
Für Wirbel sorgt aber ein anderer Umstand. Der Elternverband mahnt davor, dass Tests auch bei jüngeren Kindern "durch unbekannte Personen" vorgenommen werden würden. Das, betont das Gesundheitsministerium aber nur Stunden nach der Veröffentlichung des Offenen Briefs, sei nie geplant gewesen. "Diese Behauptung ist falsch und schürt unnötig Ängste in der Schulfamilie", heißt es in einer Mitteilung aus dem Ressort von Klaus Holetschek.
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Das Ministerium habe klar kommuniziert, dass die Schüler die Selbsttests unabhängig von ihrem Alter eigenständig durchführen. Dritte sind dabei nicht aktiv involviert. "Die Beteiligung der Lehrkräfte beschränkt sich auf die Aufsicht und gegebenenfalls auf das verbale Anleiten der Kinder und Jugendlichen, beispielsweise durch altersangemessene Hinweise und Erläuterungen zur Durchführung der Selbsttests." Dafür werde unter anderem ein Erklärvideo angeboten.
Testpflicht in Corona-Hotspots geplant
Am Dienstag skizzierte Bayern seine Schul-Strategie etwas genauer. Ziel sei es, nach den Osterferien Schüler und Lehrer regelmäßig zu testen. Dabei peilt die Staatsregierung zwei Abstriche pro Woche an - mit konventionellen Blitz-Tests, perspektivisch aber auch mit sogenannten Gurgel-Tests, für die keine Probe aus dem Rachenraum entnommen werden muss. In Hotspots liebäugelt Bayern mit einer Testpflicht, die Rahmenbedingungen sollen aber erst in den kommenden Tagen und Wochen ausgearbeitet werden. Sie wird wohl bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 gelten.
Der Elternverband jedenfalls ist gegen flächendeckende Tests, zumindest in den Schulen selbst. Stattdessen sollen die Kontrollen in "vertrauter Umgebung und vor dem Gang zur Schule" stattfinden, sagt Landesvorsitzende Martin Löwe. "Wir sind vehement dagegen, dass für die Testungen auch noch Unterrichtszeit verloren geht - davon haben wir in den letzten Monaten ohnehin viel zu wenig gehabt. Überdies sollen sich die Lehrkräfte jetzt auf den Unterricht konzentrieren können und nicht noch weitere Aufgaben übernehmen müssen."
"Es braucht medizinisch ausgebildetes Personal"
Auch der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) lehnt die neue Verantwortung für die Tests ab. "Wir können nicht die Aufsicht, Anleitung und damit auch die Verantwortung für die Durchführung (...) im Klassenverband übernehmen", heißt es in einem Beitrag auf der Homepage. "Hierzu braucht es medizinisch ausgebildetes Personal."
Doch gibt es überhaupt genug Schnelltest für die Schulen im Freistaat? Derzeit, sagen Verbände, hapert es noch an der Verteilung. Gerade einmal zehn Prozent der Schüler im Freistaat nutzen die Blitz-Abstriche derzeit. Kultusminister Michael Piazolo aber ist zuversichtlich, schon bald größere Mengen liefern zu können.
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