Chaos um Corona-Tests geht weiter: 46 Infizierte nicht identifiziert

Tobi Lang

Online-Redakteur

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16.8.2020, 18:39 Uhr
Teststationen wie diese hier wurden in kürzester Zeit aus dem Boden gestampft.

© Robert Michael/dpa Teststationen wie diese hier wurden in kürzester Zeit aus dem Boden gestampft.

Das Gesundheitsministerium spricht von einer Mammutaufgabe. Zigtausende Dokumente mussten gesichteten werden, um die Getesteten ermitteln zu können. Die Aufräumarbeiten nach der Test-Panne in Bayern laufen, auch Tage nach Bekanntwerden des Fauxpas. Weil die ehrenamtlichen Helfer nicht auf den Ansturm an Reiserückkehrern an Bahnhöfen, Flughäfen und Raststätten vorbereitet waren, warteten Zehntausende viel zu lange auf ihre Ergebnisse.

Darunter waren über 900 nachweislich mit Corona Infizierte. Die Helfer notierten Namen und Anschriften mit Zetteln und Tablets, eine geeignete Software habe man nicht bekommen, kritisiert das Bayerische Rote Kreuz (BRK). Bis es zum Stillstand kam, weil die Masse der Abstriche zu groß gewesen sei. Insgesamt ging es um rund 44.000 Tests.


"Eklatantes Regierungsversagen": Söder nach Test-Panne unter Druck


Jetzt meldet das Ministerium: Fast alle Betroffenen sind informiert. Aber eben nicht alle. 844 von insgesamt 949 Menschen wüssten nun, dass sie mit dem Coronavirus infiziert sind. 59 Betroffene habe man noch nicht erreicht. Besonders ist schwerwiegend aber: "Bei lediglich 46 positiven Befunden liegen keine passenden Personendaten vor", so das Ministerium in einer kurzen Mitteilung.

Warum die Abstriche nicht zuzuordnen sind? Das bleibt zunächst unklar. Die Daten müssen "konkret und eindeutig" sein, so ein Sprecher auf nordbayern.de-Nachfrage. Die handschriftlichen Einträge müssen demnach "ausreichend lesbar sein", erst dann könne man sie mit dem Laborergebnis verknüpfen. Genau daran scheitert es offenbar. Die Ermittlungen laufen weiter, so der Sprecher. "Es handelt sich um einen dynamischen Prozess."

Huml nach Panne unter Druck

"Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hat mit großartiger Unterstützung der Bayerischen Bereitschaftspolizei unter Hochdruck daran gearbeitet, die positiven Befunde den Getesteten zuzuordnen", sagt Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). "Das ist in den meisten Fällen gelungen." Die Politikern geriet durch die Panne unter Druck, habe laut Ministerpräsident sogar zwei Mal ihren Rücktritt angeboten. Doch der CSU-Chef lehnte ab - und stellte sich klar vor seine Ministerin.


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Eigentlich wollte das Ministerium bis spätestens Donnerstagmittag alle 44.000 Getesteten informieren. Doch offenbar war die Aufgabe größer als ursprünglich gedacht. Drei Tage und mehrere Fristen, bis zu denen Humls Ressort die Öffentlichkeit informieren wollte, verstrichen. Die Betroffenen stammen laut Söder nicht ausschließlich aus Risikogebieten, auch freiwillige Testergebnisse befinden sich darunter.

"Heillos in Test-Chaos verheddert"

Aus der Opposition kommt am Sonntag erneut Kritik. "Die Nachbereitung des Test-Durcheinanders ist lückenhaft", schreibt etwa der SPD-Abgeordnete Markus Rinderspacher auf Twitter. "Die Versäumnisse sind nicht ordentlich aufgearbeitet." Auch die FDP nimmt die Staatsregierung ins Visier.

Die Verantwortlichen haben sich "heillos in ihrem Test-Chaos verheddert", sagte der Fraktionschef der Liberalen im Landtag, Martin Hagen. "46 Infizierte stecken in Unkenntnis ihres positiven Testergebnisses möglicherweise weitere Menschen an." Die FDP habe gemeinsam mit den Grünen eine Sondersitzung des Gesundheitsausschusses für Mittwoch beantragt.

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