Corona-Faktencheck: So erkennen Sie Fake News und Desinformation

Christine Thurner

E-Mail zur Autorenseite

1.2.2021, 06:03 Uhr
Ist das seriös? Im Netz lassen sich viele Informationen relativ schnell überprüfen. 

© Nicolas Armer, dpa Ist das seriös? Im Netz lassen sich viele Informationen relativ schnell überprüfen. 

Es ist wahrlich keine Schande, in diesen Tagen verunsichert zu sein. Uneinige Politikerrunden, widersprüchliche Corona-Regeln, ein nervenzerrender Lockdown und nur langsam sinkende Infektionszahlen machen jeden mürbe. Dazu kursiert eine Unmenge an Informationen auf allen Kanälen.
Doch was ist berechtigte Kritik und was ist gezielt gestreute Falschinformation? Viele Leserinnen und Leser sind mit einer Einordnung überfordert und fragen bei uns nach. Wir geben Tipps, mit denen Mails, Webseiten, Posts in sozialen Medien oder gedruckte Flyer von jedem selbst überprüft werden können.


Kommentar: Die rücksichtslose Strategie der Impfgegner


1. Der erste Eindruck

Manchmal reicht schon ein genauer Blick, um misstrauisch zu werden: Rechtschreib- und Grammatikfehler sprechen ebenso gegen eine offizielle Quelle wie eine hetzende Wortwahl ("Corona-Diktatur", "Lügenpresse", "Maskenterror"). Was steht zu anderen Themen auf einer Webseite, wird beispielsweise an anderer Stelle der Klimawandel geleugnet? Auf welche Seiten wird verlinkt? Achtung: auch seriös und wissenschaftlich anmutende Webseiten, Broschüren und Flyer können mit Falschinformationen bestückt sein. Manchmal ist sogar genau das das Kalkül der Drahtzieher, um glaubwürdiger zu erscheinen. Kommen Informationen von Freunden, etwa über Messenger-Dienste, steckt nicht immer böse Absicht dahinter. Ungeprüft geteilt werden sollten Informationen aber nie, um eine Weiterverbreitung von falschen Behauptungen nicht zu unterstützen. Wird über Vorfälle berichtet, lohnt ein Vergleich auf die Webseiten seriöser Medien: Wie wird das Geschehen dort dargestellt?

2. Wer steckt dahinter?

Jede Webseite (außer rein privaten), aber auch fast jedes Druckerzeugnis braucht ein Impressum, das Aufschluss darüber gibt, wer hinter den Informationen steckt. Ist auf einer Webseite mit nicht rein privatem Inhalt kein Impressum zu finden oder wird beispielsweise nur eine Postadresse im Ausland genannt, handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um keine vertrauenswürdige Quelle.

3. Faktenchecks nutzen

Die Webseite selbst und/oder die im Impressum als verantwortlich genannte Institution oder Person sollte man unbedingt googeln. Was findet sich im Netz darüber? Bereits existierende Faktenchecks zu einem bestimmten Thema, einem Zitat, Bildern, Videos, einem Post in den sozialen Medien etc. lassen sich zum Beispiel mit dem Google Fact Check Tool finden. Denn fragwürdige Vereine, Webseiten oder Einzelpersonen sind im Netz oft schon von professionellen Faktencheckern wie dem unabhängigen Recherchezentrum Correctiv, Nachrichtenagenturen oder seriösen Medien unter die Lupe genommen worden. Wer einer solchen Überprüfung nicht vorbehaltlos glauben möchte, kann den dort aufgeführten Punkten und Quellen selbst noch einmal nachgehen. In sozialen Medien sind offizielle, verifizierte Accounts von Einzelpersonen oder Institutionen an einem blauen Häkchen hinter dem Namen zu erkennen.

4. Abgleich mit offiziellen Quellen

Auf den Internetseiten beispielsweise des Robert Koch-Instituts, des Paul-Ehrlich-Instituts oder der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gibt es umfassende Informationen und gut erklärte Antworten auf die meisten Fragen rund um das Virus, die Tests oder die Impfung. Auch auf die zugrundeliegenden Studien wird verlinkt. Informationen aus unbekannten Quellen sollten mit denen offizieller Stellen abgeglichen werden. Bei medizinischen Fragen ist auch der Hausarzt oder die Hausärztin eine gute Adresse.

5. Nicht täuschen lassen

"Ein Konsortium namhafter Wissenschaftler", eine "neue Studie", eine "Stiftung Corona-Ausschuss", "Prof.Dr. XY", "Institut für XY": Mit solch seriös klingenden Formulierungen und Titeln nutzen Corona-Leugner und -skeptiker den guten Ruf der Wissenschaft aus. Oftmals ist nicht leicht zu erkennen, ob hier wirklich Expertinnen und Experten, die sich mit Virologie und Epidemiologie auskennen, am Werk sind oder nicht. Mitunter werden auch tatsächlich existente, seriöse Daten verdreht, um eine Falschaussage hineininterpretieren zu können. Ein Beispiel sind diese Grippe-Charts der WHO:

So einfach lassen sich (echte) Fakten verdrehen: Diese Grafik der Weltgesundheitsorganisation zeigt die Verteilung verschiedener Grippeviren weltweit in den Jahren 2019 und 2020. Gab es ab April 2020 keine im Labor nachgewiesenen Grippefälle mehr, weil alle Erkrankungen Corona zugeschrieben wurden, wie in einem Flyer von Impfgegner neben einer Abbildung dieser Grafik behauptet wird?   

So einfach lassen sich (echte) Fakten verdrehen: Diese Grafik der Weltgesundheitsorganisation zeigt die Verteilung verschiedener Grippeviren weltweit in den Jahren 2019 und 2020. Gab es ab April 2020 keine im Labor nachgewiesenen Grippefälle mehr, weil alle Erkrankungen Corona zugeschrieben wurden, wie in einem Flyer von Impfgegner neben einer Abbildung dieser Grafik behauptet wird?    © Screenshot: www.who.int/influenza/gisrs_laboratory/flunet/charts/en/

So ist es nicht. Auf der Seite der WHO lassen sich die zeitlichen Einstellungen anpassen, man kann in die Grafik und den Bereich ab April 2020 hereinzoomen. Dann zeigt sich: Ab April 2020 gab es deutlich weniger nachgewiesene Fälle als in den Sommermonaten der Vorjahre, auf Null ist der Nachweis von Grippeviren aber nicht abgefallen. Die WHO erklärt die niedrige Rate auch: Weltweite Lockdowns, Hygieneregeln und wegen der Corona-Pandemie insgesamt weniger Labor-Tests auf Grippe.

So ist es nicht. Auf der Seite der WHO lassen sich die zeitlichen Einstellungen anpassen, man kann in die Grafik und den Bereich ab April 2020 hereinzoomen. Dann zeigt sich: Ab April 2020 gab es deutlich weniger nachgewiesene Fälle als in den Sommermonaten der Vorjahre, auf Null ist der Nachweis von Grippeviren aber nicht abgefallen. Die WHO erklärt die niedrige Rate auch: Weltweite Lockdowns, Hygieneregeln und wegen der Corona-Pandemie insgesamt weniger Labor-Tests auf Grippe. © Screenshot: www.who.int/influenza/gisrs_laboratory/flunet/charts/en/

Die Mitglieder eines angeblichen Expertenkomitees oder eines Ausschusses lassen sich zudem im Netz überprüfen und ihre Kompetenzen abklopfen: Handelt es sich wirklich um einen Professor, der noch aktiv an einer Hochschule arbeitet? Wenn ja, welche Fachrichtung? Zu welchen Themen hat er publiziert? Wer schreibt noch über eine aufgeführte Studie?

6. Nicht jede Kritik ist unberechtigt

Nicht jede Kritik, zum Beispiel an Corona–Maßnahmen, ist ungerechtfertigt. Oft heißt es, kritische Stimmen kämen in der Berichterstattung der Medien zu wenig zu Wort. Doch das ist so nicht richtig. Kritikerinnen und Kritiker werden dann gehört, wenn es sich um Personen mit öffentlichen Ämtern und/oder fachlicher Expertise handelt, wie beispielsweise Professorin Ulrike Protzer, die Zweifel an der Sinnhaftigkeit der FFP2-Maskenpflicht geäußert hat, oder der Virologe Hendrick Streeck.
Wer - nach redaktioneller Prüfung - nicht zu Wort kommt: Personen, die kein öffentliches Amt innehaben, deren Behauptungen einer wissenschaftlichen Grundlage entbehren (etwa der aktuellen Studienlage völlig widersprechen). Und Personen, die keine Kompetenzen für ein Thema nachweisen können.

Verwandte Themen