Digitalfunk zu langsam: Polizei bekommt Dienst-iPhones
26.7.2017, 05:55 UhrWollte ein Polizeibeamter ein Foto von einem Tatort, einem verdächtigen Auto oder einem mutmaßlichen Straftäter rasch an die Zentrale schicken, musste er bisher zum privaten Smartphone greifen. Denn was seit Jahren für jeden zehnjährigen Schüler eine Selbstverständlichkeit ist, war den Ordnungshütern nicht möglich: Das drahtlose Versenden von Fotos und Videos. Und das, obwohl mit Milliardenaufwand und erheblichen zeitlichen Verzögerungen ein eigenes aufwändiges digitales Behördennetz errichtet wurde.
Über das, was vor dem Aufbau des Digitalfunks für "Behörden mit Sicherheitsaufgaben – BOS" von der Industrie versprochen wurde, lässt sich heute kaum noch Klarheit erzielen. Die Übertragung von Fotos und Videodateien sei damals "großmundig versprochen" worden, erinnert sich Peter Schall, der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Bayern. Auch der stellvertretende Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Nachtigall, hatte sich von der schönen neuen Digitalfunkwelt mehr erhofft.
Tatsache aber ist – wie ein Sprecher des Innenministeriums bestätigte –, dass die BOS-Tetra-Technik zu schmalspurig für die Übertragung größerer Dateien ist. Gerade einmal Sprache und kurze Textnachrichten im SMS-Stil schafft das staatliche Netz. Polizeibeamte greifen daher regelmäßig zu ihrem eigenen Gerät, wenn es gilt, Bilder rasch weiterzugeben. Besonders beliebt: Gruppen über den Messenger-Dienst WhatsApp. Dort eingespeiste Fotos gehen blitzschnell an eine fast unbegrenzte Zahl von Kollegen.
Doch das ist eigentlich strikt untersagt. Denn dienstliche Daten landen so beim WhatsApp-Inhaber Facebook und wer weiß, wo sonst noch auf irgendwelchen Servern in den USA. Gleichwohl gab es bisher keine Alternative zu diesem halb legalen Vorgehen. Doch jetzt will Bayerns Polizeiführung Schluss damit machen und tat das, was sie vor Jahren tunlichst zu vermeiden suchte: einen privaten Betreiber beauftragen.
Polizeiinterner Messenger-Dienst
Den hat man mit dem Mobilnetzbetreiber Vodafone gefunden. Für die Erprobung des polizeiinternen Messenger-Dienstes werden Smartphones von Apple (iPhone6 und iPhone7) eingesetzt, teilte der für den Digitalfunk zuständige Innen-Staatssekretär Gerhard Eck (CSU) kürzlich der Vorsitzenden der Grünen im bayerischen Landtag, Katharina Schulze, und der Nürnberger Grünen-Parlamentarierin Verena Osgyan mit.
Vodafone stellt für den polizeilichen Messenger-Datenverkehr ein "zertifiziertes Rechenzentrum" in Frankfurt am Main zur Verfügung, zu dem niemand außer der Polizei Zugriff haben soll.
Der verschlüsselte Dienst zur Übertragung von Bild-, Audio- und Videodateien musste übrigens nicht neu entwickelt werden. Es handele sich um ein "auf dem Markt frei verfügbares Standardprodukt", so Eck. Bei dem zusätzlichen Kommunikator handele es sich um eine "fachliche Ergänzung" zum BOS-Digitalfunk. Allein schon aus technischen Gründen sei die breitbandige Datenübertragung beim BOS-Mobilfunk "nicht beabsichtigt".
Die Einführung des Vodafone-Apple-Polizeidatendienstes hat auch noch andere Gründe. Scheibchenweise stellte sich heraus, dass der BOS-Digitalfunk beim Amoklauf in München vor einem Jahr alles andere als optimal funktioniert hat, weil unter anderem in Gebäuden kein Kontakt bestand. Als eine Konsequenz aus den Problemen werden die ersten Ordnungshüter mit dienstlichem iPhone in der Landeshauptstadt zu sehen sein. Auch auf dem Oktoberfest, kündigte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) an, werden die Einsatzkräfte mit den Apple-Smartphones ausgestattet. Der Vorteil dieser Technik seien "kürzere Reaktionszeiten und ein schnelleres Eingreifen".
Wenn ein Polizist in den U-Bahn-Systemen von München und Nürnberg eingesetzt wird, muss er übrigens bis zu drei Kommunikationsgeräte mit sich tragen. Weil dort der BOS-Funk immer noch nicht funktioniert, benötigt er neben dem digitalen noch ein altes analoges Sprechfunkgerät. Plus iPhone von Vodafone, das im Gegensatz zu den staatlichen Sprechfunkgeräten überall Verbindung hat.
28 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen