Doch keine Abschiebung? Hoffnung für Mohammad

2.2.2017, 17:03 Uhr
In Ansbach spielt Mohammad Volleyball. Sein Team hofft auf seinen Verbleib in Deutschland.

© TSV 1860 Ansbach In Ansbach spielt Mohammad Volleyball. Sein Team hofft auf seinen Verbleib in Deutschland.

Mohammad kam als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland. In Ansbach hat er sich gut integriert, lernt schnell Deutsch und absolviert in Bechhofen (Landkreis Ansbach) eine Einstiegsqualifizierung (EQ) für die Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker.

Seine Chefin Christa Däschlein ist von ihm sehr angetan, er sei "lernwillig" und sehr fleißig. Auch die Volleyballmannschaft des TSV 1860 Ansbach setzt sich für ihren Mitspieler ein – denn ohne Flüchtlinge gäbe es nicht genug Spieler für das Team, so Trainerin Uschi Strebel.

Am Dienstag hat Mohammad die schlechte Nachricht erhalten, dass sein Asylantrag vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) abgelehnt wurde, innerhalb von 30 Tagen müsse er Deutschland verlassen. Der 18-Jährige und seine Ansbacher Betreuer waren geschockt.

Das Problem: Mohammad ist in Bayern gelandet. Obwohl die Bundesregierung im vergangenen Jahr das Aufenthaltsgesetz geändert hat, um auch abgelehnte Asylbewerber eine Ausbildung beenden zu lassen, kommen aus München andere Signale. Das Innenministerium hat angeordnet, das Gesetz möglichst restriktiv auszulegen.

Debatte im Landtag

Darüber diskutierte am Donnerstag auch der Verfassungsausschuss des Landtags. Anträge der SPD und der Grünen, Azubis vor Abschiebung besser zu schützen – und damit nicht als einziges Bundesland einen Sonderweg zu wählen – lehnte der Ausschuss mit der Mehrheit der CSU-Stimmen ab.

Die SPD-Landtagsabgeordnete Alexandra Hiersemann hält die verschiedenen Anweisungen aus dem Innenministerium für verwirrend: "Wie soll ein Beamter in der Ausländerbehörde kapieren, wie ein Beamter in München das genau meint?" Das Ermessen der Beamten vor Ort sei jedenfalls eingeschränkt worden.

Für Mohammads Abschiebung wäre die Stadt Ansbach zuständig. Oberbürgermeisterin Carda Seidel (parteilos) wollte sich am Donnerstag aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zu dem Fall äußern. Um sich auf die Ausbildung vorzubereiten, macht Mohammad derzeit ein längeres Praktikum in Bechhofen im Landkreis Ansbach. Sein Betrieb will ihn danach gern übernehmen.

Landrat Jürgen Ludwig beteuerte am Donnerstag per Email: "Es ist im Sinne der Betroffenen und auch unserer Wirtschaft sicher wünschenswert, dass Asylbewerber, die sich integrieren und sich mit ihrer Arbeitskraft einbringen, eine Chance zum Verbleib erhalten, vor allem, wenn es sich um den Abschluss einer bereits begonnenen Ausbildung handelt. Hier ist der Gesetzgeber mit entsprechenden Lösungsansätzen gefragt. Die Ämter vor Ort sind allerdings an die Entscheidungen des Bamf gebunden und haben die Aufgabe, diese umzusetzen." Zudem brauche man verschiedene Ansätze, um das Nachwuchsproblem der Wirtschaft zu lösen.

So sieht es auch der stellvertretende Landrat und Vorsitzende der CSU-Fraktion im Kreistag, Stefan Horndasch. "Ich freue mich aber über jeden jungen Menschen, der es schafft, hier die Beine auf den Boden zu bringen“, so Horndasch. Wichtig sei, dass das Asylverfahren dazu da sei, Schutz vor Verfolgung zu bieten.

Rat: "Nicht irritieren lassen"

Laut der Grünen-Parlamentarierin Christine Kamm hat das bayerische Innenministerium in einer weiteren Mail vom 27. Januar die ursprüngliche Anweisung an die Ausländerbehörden "relativiert und korrigiert". Die dreijährige Duldung plus zwei Jahre Beschäftigung gelte für alle Flüchtlinge, die bereits eine Ausbildung begonnen hätten – auch wenn ihr Asylantrag abgelehnt wurde. Kamm rät: "Die Flüchtlinge sollten sich nicht irritieren lassen." Auch wenn das schwer sei, wenn sie vom Bamf den Bescheid bekommen hätten, Deutschland binnen 30 Tagen verlassen zu müssen. Diese Frist sei Unsinn, so die Grüne. Es sei Fakt, dass alle Azubis das Recht hätten, während der Ausbildung nicht abgeschoben zu werden.

Also doch Hoffnung für Mohammad? Der Chef der Ansbacher CSU-Stadtratsfunktion Andreas Schalk sitzt auch im Verfassungsausschuss des Landtags. Ihm zufolge gibt es in Bayern keine belegten Fälle von abgeschobenen Azubis. Allerdings berichtete der Spiegel im Januar von einem Albaner, der trotz Lehrstelle als Koch abgeschoben wurdeDie Duldung während der Ausbildung gelte auch im Freistaat, sagt Schalk - so lange der Asylbewerber sich nichts zu Schulden kommen lasse, beispielsweise durch Angabe einer falschen Identität.

Schalk verstehe, dass es bei Arbeitgebern für Verunsicherung sorge, wenn der Asylantrag ihrer Lehrlinge abgelehnt werde. Dass das Verfahren so laufe, sei aber rechtsstaatlich nicht anders lösbar. Und, so erklärt Schalk: Nach der mehrjährigen Ausbildung und der anschließenden Arbeitsphase sei die Bleibeperspektive auch für abgelehnte Asylbewerber ohnehin gut.

Korrektur vom 06.02.2017: Mohammad macht derzeit noch keine Berufsausbildung zum Kfz-Mechatroniker, sondern absolviert bei der Firma Theo Däschlein ein zwölfmonatiges Praktikum im Rahmen einer Einstiegsqualifizierung (EQ). Eine EQ beinhaltet nach Auskunft der IHK Nürnberg Unterricht in der Berufsschule, kann teilweise auf die spätere Ausbildung angerechnet werden und mündet in Mittelfranken "zu 80 Prozent" in eine reguläre Ausbildung. Laut Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) schützt diese aber nicht vor Abschiebung, die Organisation fordert aber, genau das zukünftig zu ändern. Die Firma Theo Däschlein möchte Mohammad auf jeden Fall in ein Ausbildungsverhältnis übernehmen.

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