Erlanger Aktivisten ziehen Bilanz

"Deshalb war der Protest im Klimacamp ein Erfolg"

Christoph Benesch

Erlangen

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5.10.2021, 12:30 Uhr

© Klaus-Dieter Schreiter

Gestern Vormittag, da wurde von der Abteilung Stadtgrün bereits rausgekehrt. Ein einsames Vorratszelt war alles, was noch stand, vom Klimacamp. 123 Tage und Nächte war es zuvor mit dem Ziel auf dem Besiktas-Platz errichtet worden, einerseits möglichst viele Passanten darauf aufmerksam zu machen, was schiefläuft in der Politik. Und zum anderen die Stadtpolitik selbst wachzurütteln, unbequem zu bleiben in allen Fragen und Entscheidungen, vor allem zum Klimaschutz. Ein Dauerprotest mit Dauerkritik an einem Dauerproblem sozusagen. Seit Sonntag ist damit überraschend Schluss, das Klimacamp wurde, wie berichtet, plötzlich zurückgebaut, Sofas, Zelte, Pflanzen, Schilder zusammengepackt und weggeräumt. Doch was bleiben soll, ist die Kritik. Und sie soll in Form anderer Aktionen und auch in der Rückkehr des Klimacamps "vermutlich im Frühjahr", so Aktivist Christian Lange, aufrechterhalten werden. "Politischer Aktivismus ist am wirksamsten, wenn er sichtbar ist und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zieht. Unser Dauerprotest hat das ohne Zweifel hervorragend geschafft. Aber andere, kürzere Aktionen haben auch Vorteile, zum Beispiel, dass es bei ihnen keinen Gewöhnungseffekt gibt."

"Viele Mitstreiter gewonnen"

Während die einen nicht mehr viel vom Klimacamp hörten, nachdem sich der erste Ärger mit der Stadt über die Positionierung oder auch die nächtliche Anzahl von Personen im Camp während der Pandemie gelegt hatte, sehen die Aktivisten selbst ihre Aktion als vollen Erfolg: "Der Hauptgewinn unseres Camps war sicherlich die Vernetzung von Klimagruppen und Bürgerinnen und Bürger der Stadt. Wir haben viele neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter gewinnen können, die Teil des Klimacamps geworden sind. Wir sind eine deutlich größere Gruppe als wir das anfangs waren. Weil die politischen Maßnahmen vonseiten der Stadt noch nicht ausreichen, werden wir wieder kommen", so Lange. Während sie nach eigenen Angaben mit rund 20 aktiven Personen begannen, hätten sich insgesamt letztlich "zwischen 80 und 100 Menschen" im Klimacamp eingeteilt in Zeitschichten eingebracht. "Als auffälligste Aktion ist natürlich die Spielstraßendemonstration zu nennen, die wir in der Bismarckstraße abgehalten haben", sagt Christian Lange. "Mit ungefähr 200 Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen haben wir den Raum in der Stadt dafür genutzt, wofür er eigentlich da sein sollte: zum Spielen, Malen und Spaß haben." Ansonsten blieb der stumme Dauerprotest, Gespräche "auf Augenhöhe" mit Passanten spannend, aufschlussreich und respektvoll", aber auch Menschen, die die Aktivisten beleidigt haben waren darunter, berichtet Aktivistin Anne Voltz. Einmal sind auch Betrunkene nachts in Zelte eingedrungen, haben die Schlafenden geweckt und gefilmt. "Abgesehen davon lief der Protest sehr harmonisch ab."

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