AfD-Politiker zitiert Goebbels
Eklat im Erlanger Stadtrat: Allianz plant weiteres Vorgehen - so äußert sich der OB
21.1.2025, 19:20 UhrAfD-Stadtrat Siegfried Ermer hatte vergangene Woche in seiner Haushaltsrede Joseph Goebbels zitiert. Daraufhin verließen alle anderen Fraktionen den Saal aus Protest. "Diese Konsequenz aller demokratischen Kräfte im Stadtrat braucht es auch in Zukunft", erklärt Oberbürgermeister Florian Janik.
Als Sitzungsleiter musste Janik bleiben, fiel Ermer aber mehrfach ins Wort – insbesondere als dieser antifaschistische Vereinigungen mit der "Waffen-SS" verglich.
"Rechtliche Grenzen greifen oft nicht"
"Viele Menschen sehen mit Sorge, wie die extreme Rechte sich in demokratisch gewählten Gremien verhält." So bewertet Janik die öffentlichen Reaktionen auf sein Eingreifen. Er sieht die geschlossene Reaktion des Erlanger Stadtrats als wichtiges Zeichen gegen die Provokationen der rechtsradikalen Bewegungen.
Janik warnt davor, dass die extreme Rechte gezielt provoziert und dabei demokratische Strukturen ausnutzt. Er verweist darauf, dass insbesondere die AfD immer wieder bewusst an rechtliche Grenzen ginge, ohne sie eindeutig zu überschreiten. So können sich ihre Vertreter und Vertreterinnen auf die Meinungsfreiheit berufen und rechtliche Konsequenzen vermeiden: "Die Provokationen sind so ausgefeilt, dass rechtliche Grenzen oft nicht greifen."
Allianz gegen Rechtsextremismus warnt vor zunehmenden Provokationen
"Feinde der Demokratie können die Grenzen nicht mehr sehen", meint auch Stephan Doll, Vorsitzender der Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg, gegenüber unserer Redaktion. Die Allianz, der auch die Stadt Erlangen angehört, lobte Janiks klares Vorgehen bereits in einer Pressemitteilung.
Dass Nazi-Propaganda mittlerweile offen im Stadtrat verbreitet werde, bezeichnete Doll als "neuen Höhepunkt". Besonders alarmierend sei, dass dieser Vorfall nicht an einem Stammtisch passiert sei, sondern "in einem Haus der Demokratie".
Allianz plant, Kommunen fit zu machen
Nach der Bundestagswahl plant die Allianz ein Treffen mit den Vertreterinnen und Vertretern der 165 Mitgliedskommunen, um Best Practices im Umgang mit rechtsextremen Provokationen auszutauschen.
"Wir wollen Vertreter und Vertreterinnen der Kommunen zusammenkommen lassen und eine Bestandsaufnahme machen", so Doll. Es soll unter anderem darum gehen, welche Maßnahmen in Stadträten ergriffen werden können, wenn demokratiefeindliche oder menschenrechtsverachtende Redebeiträge auftreten.
Strafrechtliche Konsequenzen noch unklar
Ob Ermers Aussagen strafrechtliche Folgen haben werden, ist derzeit ungewiss. Laut einer Meldung der Deutschen Presse-Agentur (dpa) teilte die Stadt Erlangen mit, dass die Entscheidung darüber bei den Strafverfolgungsbehörden liege. Das Polizeipräsidium Mittelfranken sei über den Vorfall informiert, allerdings lägen bislang keine Anzeigen gegen den AfD-Politiker vor, es werde auch nicht ermittelt.
Janik betonte unterdessen, dass sein Eingreifen als Sitzungsleiter auf der bayerischen Gemeindeordnung basierte – es stellte keine Einschränkung der Meinungsfreiheit des AfD-Stadtrats dar. Er habe lediglich für Ordnung gesorgt und deutlich gemacht, dass Zitate von Nationalsozialisten im Stadtrat nicht akzeptiert werden. "Der Redner ist auf die Einwände eingegangen, die ich als Sitzungsleiter gemacht habe, ihm wurde das Wort nicht entzogen", so Janik.
Klage gegen die Stadt Nürnberg
Die Debatte um den Umgang mit der AfD beschränkt sich nicht auf Erlangen. Wie nn.de berichtet, bleibt die Stadt Nürnberg Mitglied der Allianz gegen Rechtsextremismus, obwohl der Bayerische Verwaltungsgerichtshof sie zur Neutralität verpflichtet und einen Austritt gefordert hat. Die Stadt hat Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht eingelegt. Bis zur Entscheidung bleibt sie erstmal Mitglied der Allianz.
Doll betont, dass Kommunen mit Blick auf die anstehenden Wahlen eine klare Haltung bewahren müssen: "Wir müssen ganz klar Flagge zeigen." Bereits am 8. Februar plant die Allianz eine Kundgebung unter dem Motto "Nie wieder ist jetzt" vor der Straße der Menschenrechte in Nürnberg.