Gleicher Siemens-Campus für Berlin und Erlangen
4.11.2018, 15:00 UhrSeit Monaten hatte es in der Hauptstadt länger andauernde interne Streitigkeiten zwischen beiden Seiten u. a. wegen des Denkmalschutzes gegeben, die dazu führten, dass ein ausgelaufener Baubescheid auf Betreiben der Linken – sie sind dort Koalitionspartner – nicht verlängert worden war. Der Konzern pokerte daraufhin, wollte das Projekt international ausschreiben ("Berlin oder ein anderer Standort in der Welt") und brachte offenbar Singapur ins Gespräch. Daraufhin kippte die Stimmung in der Politik – wohl auch, weil sich Cedrik Neike, Siemens-Vorstand seit April 2017 und gebürtiger Berliner, als Motor hinter der Entscheidung für die Hauptstadt erwies.
Zukunftsfelder im Blick
Während auf dem Erlanger Campus unter anderem die industriellen Energieaktivitäten dominieren, wird die "Siemensstadt 2.0" in Berlin auf Zukunftsfelder wie Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Elektromobilität, vernetzte Produktion und dezentrale Energiesysteme sowie -management ausgerichtet sein. Konzernchef Joe Kaeser: "Wir müssen Neues erfinden, weil Altes wegfällt." Damit werden künftig drei der sechs Siemens-Geschäftsbereiche in Spandau präsent werden. Zusammen mit Siemens sollen Forschungs-, Fach- und Gründerzentren Schlüsseltechnologien und Innovationsfelder auf dem 70 Hektar großen Gelände entwickeln. Die Technische Universität Berlin und die Fraunhofer-Gesellschaft sind in den Planungen mit einem Industrie- und Wissenschaftscampus in den Hallen des Dynamowerks für rund 70 Millionen Euro einbezogen, wobei bereits von Forschungsprojekten für 55 Millionen Euro und drei neuen TU-Professuren, von Siemens finanziert, gesprochen wird.
So wird sich in Berlin voraussichtlich bis 2030 "eine nationale Aufgabe" (Joe Kaeser) verwirklichen – neben Büros, Labors, Hotels und Räumen für Start-ups auch 3000 neue Wohnungen, von denen 30 Prozent mietpreisgebunden sein sollen. Es handelt sich dabei um nicht weniger als die größte Einzelinvestition von Siemens in seiner 170-jährigen Geschichte. Kaeser verweist in diesem Zusammenhang auf das Gründungskonzept der Siemensstadt aus 1897: Arbeiten, Forschung und Wohnen zu vereinen und damit eine intakte Symbiose für eine erfolgreiche Zukunft zu schaffen.
Wettbewerbe starten
Die erste Etappe beginnt mit einem Architektenwettbewerb Anfang 2019 und endet in einem städtebaulichen Wettbewerb, der 2020 abgeschlossen sein soll – begleitet von der zwischenzeitlich eingesetzten Euphorie des Berliner Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD), der einen "enormen Prestigegewinn" für seine Stadt erkennt sowie "Impulse für die nächsten 20 Jahre" gesetzt sieht.
Berlin trägt seinen Teil bei: mit der Zusage einer Verkehrsanbindung, um in 40 Minuten den neuen Flughafen BER zu erreichen – vorausgesetzt, dort können dann auch wirklich Flugzeuge starten und landen –, ebenso eine S-Bahn-Haltestelle und ein Breitbandanschluss. Und in Erlangen, wo man noch zu Bergkirchweihzeiten durch den OB und die SPD wegen eines Hochhauses für Ärger im Siemens-Vorstand gesorgt hatte, beschwichtigt Konrad Beugel: "Man kann Berlin ja schlecht verwehren, was wir hier bekommen haben. Wettbewerbsmäßig sehe ich das relativ neutral."
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