Für zwei Milliarden Euro

Großbauprojekt soll Uni in Franken "in erste Liga" katapultieren - auf Kosten mehrerer Hektar Wald

Theresa Neuß

Werkstudentin

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09.04.2025, 05:00 Uhr
Seit mehreren Jahren läuft die Erweiterung des Südcampus der Friedrich-Alexander-Universität, Standort Erlangen. (Symbolbild)

© Harald Sippel Seit mehreren Jahren läuft die Erweiterung des Südcampus der Friedrich-Alexander-Universität, Standort Erlangen. (Symbolbild)

Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) wächst weiter: Im Rahmen der "Masterplanung Südgelände" soll der Campus erweitert werden, um "zusätzliche Flächen für Forschung und Lehre zu schaffen", heißt es in einem Bericht der Stadt Erlangen. Die Stadt hat das Entwicklungsprojekt genehmigt, doch die Pläne sind umstritten - besonders die geplante Abholzung des angrenzenden Waldes wird kritisiert.

Warum der Campus wachsen muss

Bereits im September 2024 stimmte der Stadtrat dem Bebauungsplan zu. Die Erweiterung des Südcampus sei notwendig, da die Studierendenzahlen in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen seien. Vor allem die naturwissenschaftlichen und technischen Fakultäten benötigen mehr Platz. Zuvor hatte das Bayerische Kabinett im Jahr 2017 beschlossen, die Hochschulstandorte Erlangen und Nürnberg "massiv zu stärken", heißt es im Bebauungsplan der Stadt Erlangen.

Geplant ist der Bau von sieben Gebäudekomplexen, darunter Labore, Werkstätten, Büros und weitere Einrichtungen. Ein zentrales Vorhaben ist zudem das nordbayerische Hochleistungsrechenzentrum, für dessen Planung Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume 2023 grünes Licht gab. "Mit dem neuen Hochleistungsrechenzentrum lassen wir in Franken ein zweites bayerisches IT-Herz neben dem Leibniz-Rechenzentrum in Garching schlagen", betonte Blume in einer Pressemitteilung. "Dieses Jahrhundertprojekt katapultiert die FAU in die erste Liga."

Das Investitionsvolumen für das Großprojekt beläuft sich nach Angaben der FAU auf rund zwei Milliarden Euro. Eine exakte Summe lasse sich derzeit allerdings nicht benennen, da sich die Bauvorhaben "sukzessive" über mehrere Jahrzehnte erstrecken werden, erklärt FAU-Pressesprecherin Jennifer Utley auf Nachfrage unserer Redaktion. Derzeit befinde sich der Neubau der Technischen Chemie im Bau. In Planung seien zudem der zweite Bauabschnitt des Chemikums, ein Parkhaus sowie das Nordbayerische Hochleistungsrechenzentrum.

Erhebliche Folgen für Natur, Wald und Tiere

Doch der Ausbau geht mit ökologischen Folgen einher. Im kommenden Jahr soll mit den Vorbereitungsmaßnahmen für das Rechenzentrum begonnen werden. Rund 3,58 Hektar Wald im Landschaftsschutzgebiet "Brucker Lache" zwischen Nikolaus-Fiebinger-Straße und Kurt-Schumacher-Straße müssen dafür weichen. Laut dem Umweltbericht der Stadt Erlangen hat das Vorhaben Auswirkungen "mittlerer Erheblichkeit". Die Versiegelung der Böden beeinträchtigt den Wasserabfluss und schränkt die biologische Funktion des Bodens ein. Zudem verlieren bestimmte Tierarten Teile ihres Lebensraums, heißt es in dem Bericht weiter.

Der Bund Naturschutz (BN) kritisiert das Bauvorhaben stark: "Die Planung ist offensichtlich nicht nachhaltig", heißt es in einer Stellungnahme. Sie verstoße gegen verschiedene Nachhaltigkeitskriterien für die Entwicklung der FAU. Rainer Hartmann, Vorsitzender des BN Kreisgruppe Erlangen, erklärt auf Nachfrage unserer Redaktion, es sei nicht vertretbar, dass so viel Wald gerodet werde, "obwohl noch ungenutzte Flächen zur Verfügung stehen."

Das Landschaftsschutzgebiet "Brucker Lache" sei aus gutem Grund geschützt. "Es ist für das Stadtklima, die Naherholung und den Erhalt von Pflanzen- und Tierarten erforderlich und im Stadtgebiet nicht ersetzbar", so Hartmann.

Standortwahl und Ausgleichsmaßnahmen

Um die Eingriffe in die Natur auszugleichen, sind laut dem Bebauungsplan Ersatzaufforstungen sowie die Schaffung neuer Lebensräume für bedrohte Tierarten geplant. Insgesamt 3,78 Hektar Waldfläche sollen neu angelegt werden. Doch der BN ist skeptisch, ob diese Maßnahmen ausreichen. Der "Ausgleich findet nur weit entfernt (vom betroffenen Gebiet) statt und ersetzt nicht die bestehenden Strukturen", erklärt Hartmann.

Der Bund Naturschutz fordert deshalb eine Klimaverträglichkeitsprüfung im Rahmen des Umweltberichts, die auch die Auswirkungen auf das globale Klima berücksichtigt. Wie aus dem Bebauungsplan der Stadt Erlangen hervorgeht, wird diese Forderung berücksichtigt, allerdings sehen die Beteiligten des Bauvorhabens den Eingriff in die Natur als "vertretbar" an.

In der Beschlussvorlage der Stadt wird betont, dass vor der Entscheidung zwölf verschiedene Standorte geprüft wurden. Untersuchungen hätten ergeben, dass alle in Betracht gezogenen Flächen vergleichbare ökologische Auswirkungen hätten. Letztlich fiel die Wahl auf das Gebiet im Landschaftsschutzgebiet "Brucker Lache", da es groß genug sei, um alle geplanten Gebäude zu integrieren. Zudem liegt es direkt neben dem bestehenden Südcampus und verfügt über eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr.

Die Bedenken des BN, dass unnötige Rodungsarbeiten bereits vor der tatsächlichen Nutzung der Fläche durchgeführt werden, weist die Stadt zurück. "Im städtebaulichen Vertrag ist festgelegt, dass die Baumfällung erst im Rahmen des jeweiligen Vorhabens erfolgt", erklärt die Stadt in ihrer Beschlussvorlage. Zudem sind sie verpflichtet, die Ersatzaufforstung spätestens innerhalb von drei Jahren umzusetzen. Da die Bauvorhaben schrittweise realisiert werden, erfolgen die Ausgleichsmaßnahmen teilweise bereits vor der eigentlichen Abholzung.

Freie Flächen reichen nicht aus

Auch der Vorwurf vom Bund Naturschutz, man könne stattdessen auf bereits versiegelten Flächen bauen, wird zurückgewiesen. Die Pressesprecherin von der FAU betont, dass vorhandene Baulücken bereits genutzt würden - etwa für die neuen Hörsaalgebäude oder den Neubau der technischen Chemie. "Diese Baulücken und Verdichtungen allein reichen aber nicht aus, um alle benötigten Nutzungen unterzubringen", erklärt sie. Ein Ausweichen in die Höhe sei zudem, anders als beim Wohnungsbau, "nur im begrenzten Umfang möglich".

Anpassungen in nötigen Verordnungen

Ganz so einfach ist die geplante Bebauung der Waldflächen allerdings nicht. Der Erlanger Stadtrat hat unter Berücksichtigung aller Stellungnahmen in einer Sitzung am 27. März 2025 den Bebauungsplan als Satzung beschlossen. Für die Umsetzung der Pläne muss das betroffene Gebiet allerdings zunächst aus der Landschaftsschutzverordnung herausgenommen werden. Parallel dazu ist eine Änderung des Flächennutzungsplans erforderlich, um die bisherige Waldfläche als Sonderbaufläche für die Universität auszuweisen.

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