Lockdown in Erlangen: Der Ärger der Geschäftswelt
30.10.2020, 07:59 UhrErlangens Oberbürgermeister Florian Janik steht hinter den Verordnungen, die ab Montag in Kraft treten und appelliert: "Wir müssen uns beschränken, um das Pandemie-Geschehen in den Griff zu bekommen." Gleichzeitig weiß er, dass die Maßnahmen wieder ein "harter Schlag für viele Bereiche" sind. Umso mehr hofft er, dass die vom Bund angekündigten Hilfen für die betroffen Branchen diesmal schnell ankommen.
E-Werk: Es ist der richtige Weg
Geschlossen werden nun erstmal wieder Kultureinrichtungen wie das E-Werk. "Wir verstehen, dass wir auch jetzt wieder unseren Beitrag zur Eindämmung der Pandemie leisten müssen.
Obwohl wir nach wie vor von unserem Sicherheits- und Hygienekonzept der letzten Monate überzeugt sind, vertrauen wir der Expertenmeinung, dass eine kurze umfassende Schließung vieler öffentlicher Bereiche jetzt der richtige Weg ist", erklärt der Geschäftsführer des Kulturzentrums, Jan Dinger.
Kino: Infektionsrisiko war gering
Zehn bis 15 Personen sitzen pro Vorstellung in einem etwa 100 Quadratmeter großen Kino, alle tragen Masken und im Hintergrund brummt die Belüftungsanlage – Peter Zwingmann schätzt das Ansteckungsrisiko in seinen Lamm-Lichtspielen als äußerst gering ein. Und wenn doch: "Dann können wir den Fall auf den Sitz genau zurückverfolgen", sagt der Betreiber. Finanziell macht sich Zwingmann kaum Sorgen. "Wir bekommen eine relativ gute Förderung durch die bayerische Filmanstalt." Schlimmer sei der Imageverlust. "Den Leuten wird jetzt suggeriert, dass ein Kino ein Corona-Hotspot sei."
Verantwortlich für die drastischen Maßnahmen im November sei auch die Gastronomie, wie Zwingmann als Restaurantgast bemerkt hat. "Ich habe ganz große Unterschiede gesehen, was die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln angeht. Da muss im öffentlichen Raum genauer hingeschaut werden."
Gastro: Viele Insolvenzen werden kommen
Tatsächlich: Gastronom Till Stürmer berichtet, dass das Ordnungsamt nie während des laufenden Betriebs in seinen Restaurants Galileo, Arizona, Herzstück und Havana Bar vorbeigeschaut habe. "Wir wurden nur vormittags kontrolliert. Und da hieß es immer: alles 1a". Es sei schon richtig, dass es ein paar wenige schwarze Schafe in seiner Branche gebe, denen die Regeln egal gewesen seien. Aber dass nun alle leiden müssen, sei nicht in Ordnung – vor allem mit Blick auf die geleisteten Anstrengungen. "Es geht nicht nur um das verringerte Platzangebot und die Hygienemaßnahmen. Als Kellner hat man Hilfspolizei gespielt und alle Gäste aufgefordert, sich an die Regeln zu halten." Ab 2. November schickt er alle Mitarbeiter in Kurzarbeit – bis auf die sieben Auszubildende. "Sie können jetzt lernen, was Krisenmanagement bedeutet."
Stürmer wird mit seinen Restaurants einen Lieferdienst anbieten, Studenten fahren Speisen mit E-Bikes aus. Eine teure Investition, "die sich nicht rechnet", sagt er. Aber irgendwie müsse er ja für die Kunden präsent bleiben. Sorgen macht er sich um andere Gastronomen. "Für Ehepaare, die von einem einzigen Restaurant leben, wird es brutal. Wir werden viele Insolvenzen erleben."
Fitnesstudio: Schwieriges Überleben
Tatiana Prohaska befürchtet verheerende Auswirkungen des Lockdowns. Nicht nur für das Fitnessstudio XXL-Fitness, sondern auch für dessen Kunden. "Im Winter ist die Möglichkeit, draußen Sport zu machen, stark eingeschränkt. Wenn die gesunden Leute jetzt nicht mehr zu uns können, werden sie krank", sagt die Studioleiterin. Festangestellte werden in Kurzarbeit geschickt und 450-Euro-Kräfte vorübergehend nicht gebraucht. Prohaska versteht nicht, warum ihrer Branche das Auskommen weggenommen wird und Friseure offen bleiben: "Die sind bei der Arbeit doch viel näher dran. Unsere Fitnessgeräte stehen eineinhalb Meter auseinander. Bei uns gab es nie einen Ansteckungsfall."
Jetzt hofft Prohaska, mit ihrem Studio einigermaßen unbeschadet durch den Lockdown zu kommen – mit Hilfe der Kunden: "Wir müssen die Beiträge weiterhin einziehen, sonst können wir nicht überleben."
Hotel: Es hagelt Absagen
Nur noch für nicht touristische Zwecke dürfen Hotels den November über ab nächster Woche ihre Zimmer anbieten. "Es ist gerade schlecht", heißt es beim Hotel Bayerischer Hof. Der Hoteldirektor ist für ein Statement zur aktuellen Lage nicht ans Telefon zu bringen. Therese Langhammer, Geschäftsführerin des Hotels Grauer Wolf, schon. "So drastisch habe ich es nicht erwartet", sagt sie. Schließlich sei es erwiesenermaßen so, dass Hotels als Corona-Ansteckungsorte zu vernachlässigen seien. Seit fast 40 Jahren führt Therese Langhammer den Familienbetrieb. Jetzt passiert das, was sie dieses Jahr schon einmal erlebt hat: "Wir werden und müssen wieder in Kurzarbeit gehen." Denn: "Bei uns hagelt es auf einmal wieder Absagen." Und die reichen über den November hinaus.
Auch für Dezember hat die Hotelchefin unmittelbar nach Bekanntwerden der Pläne bereits Stornierungen bekommen. Das addiert sich nun zu denjenigen, die vorher schon eingingen. Nach und nach fielen in den letzten Wochen die Anlässe weg, derentwegen Gäste kommen wollten. Der Nürnberger Christkindlesmarkt zum Beispiel. Oder die Brau-Messe. "Wir müssen schauen, dass wir unsere Mitarbeiter bei der Stange halten", sagt Therese Langhammer. Jetzt muss sie sich um staatliche Hilfe bemühen. "Hoffen wir, dass wir alle diese Krise durchstehen."
Arcaden: Kunden bleiben aus
Das hofft auch Marius Lorbach. "Wir waren auf einem guten Weg", sagt der Centermanager der Erlangen Arcaden. Doch bereits in den letzten beiden Wochen habe man die Verunsicherung der Menschen gespürt. Das könnte sich verstärken. Zwar dürfen die Arcaden offen bleiben, doch es kommen weniger Kunden. "Wir sind immer so sicher wie möglich gewesen", sagt Lorbach. "Hoffen wir, dass die Maßnahmen sich wirklich nur auf den November beschränken."