Corona-Impfstoff

Moderna statt Biontech: Hausarzt schreibt Brandbrief an Gesundheitsminister Spahn

Sharon Chaffin

Redakteurin Erlanger Nachrichten

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23.11.2021, 10:30 Uhr
Die Ankündigung des noch amtierenden Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU), Biontech-Impfstoff zu begrenzen, sorgt für viel Kritik (Symbolbild). 

© Sven Hoppe, dpa Die Ankündigung des noch amtierenden Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU), Biontech-Impfstoff zu begrenzen, sorgt für viel Kritik (Symbolbild). 

In den Arztpraxen ist derzeit ohnehin schon viel zu tun: Corona-Impfungen, Covid-Patienten und alles andere, was bei den Allgemeinmedizinern ohnehin anfällt.

Der Möhrendorfer Hausarzt Thomas Wunderlich, der auch Vorstandsmitglied des Ärztlichen Kreisverbandes Erlangen und des Hausärztevereins Erlangen und Umgebung ist, hat im Gespräch mit diesem Medienhaus die derzeitige Belastung bereits benannt. "Die Lage ist wirklich dramatisch, mein Team arbeitet am Rand der Belastbarkeit", sagte er am 18. November 2021.

Situation verschärft sich

Doch jetzt, wenige Tage später, hat sich die Situation noch einmal verschärft - und zwar durch die Ankündigung des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU), den Biontech-Impfstoff zu rationieren und durch Moderna zu ersetzen. "Herr Spahn", sagt er diesem Medienhaus, "entwickelt sich langsam zur größten Gefahr für die Impfkampagne."

Um das auch an die richtige Stelle zu bringen und seinem Unmut Ausdruck zu verleihen, hat er an den noch amtierenden Ressortleiter in Berlin einen Brief geschrieben und das Schreiben zugleich an die Erlanger Bundestagsabgeordneten Martina Stamm-Fibich (SPD) und Stefan Müller (CSU) sowie den bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) geschickt.

In dem Schreiben, das diesem Medienhaus vorliegt, gibt Wunderlich dem Bundesgesundheitsminister einen Einblick in den momentanen Ablauf der Praxisarbeit. "Wir erklären dauernd ändernde Quarantäne- und Impfregeln. Ach ja, die Grippeimpfungen hätte ich beinahe vergessen. Wir versuchen, Impfskeptiker davon zu überzeugen, dass sie sich doch noch impfen lassen. Nun sollen wir 25 Millionen Menschen bis zum Jahresende mit der Booster-Impfung versorgen. Und ich sage Ihnen: wir machen das gerne, weil es unser Beitrag zur Bewältigung der Pandemie ist. Weil es unsere Aufgabe ist, die Menschen zu schützen und unsere aufopfernd arbeitenden Kolleginnen und Kollegen in den Kliniken, insbesondere der Intensivmedizin, zu unterstützen."

Arzt hält mit Kritik nicht hinterm Berg

Doch Wunderlich hält auch mit der Kritik an Spahn nicht hinterm Berg. So schreibt er: "Allerdings erwarten wir, dass Sie als zuständiger Minister uns bei dieser Aufgabe ebenfalls unterstützen und nicht Knüppel zwischen die Beine werfen". Weiter heißt es in dem Papier: "Ihr Mantra vom ausreichend verfügbaren Impfstoff entpuppt sich als blanker Hohn."

Schließlich hat Wunderlich hunderte von Terminen für Auffrisch- und Erstimpfungen vergeben und, wie er in dem Brief betont, "selbstverständlich kommuniziert, dass wir mit Biontech impfen."

Seine Praxis, schreibt er, sei mit Moderna bislang noch nie beliefert worden. "Die Patientinnen und Patienten vertrauen uns, wir kennen ihre Fragen, Ängste und Sorgen."

Diese sind nun nur Spahns Ankündigung innerhalb kürzester Zeit wieder gestiegen. Seit Montagfrüh, 22. November, laufen die Telefone heiß. "Es rufen Patienten an und fragen nach, womit sie denn dann bei ihrem vereinbarten Termin geimpft werden; das sind natürlich die Beunruhigten; eine Patientin hat auch angedeutet, sich nicht impfen zu lassen, falls es der Moderna-Impfstoff sein sollte. Hierfür gibt es natürlich keinen medizinischen Grund, das möchte ich nochmal hervorheben", sagt er.

Sehr verunsichert seien schon einige Patienten gewesen, die am Montag in der Praxis waren, der Großteil sage aber auch „Wenn Sie mir sagen, dass der Impfstoff in Ordnung ist, dann glauben wir Ihnen das“. Im persönlichen Gespräch lasse sich das regeln, berichtet Wunderlich diesem Medienhaus.

"Aber bei rund 800 Impfungen bis Weihnachten, wenn nicht noch mehr, kann sich da natürlich ein enormer Mehraufwand auftürmen", sagt Wunderlich, "auch unsere telefonische Verfügbarkeit leidet natürlich zusätzlich, weil so viele anrufen, nur um mal schnell nachzufragen“.

Viel Protest gegen Ankündigung

Der Protest gegen Spahns geplante Biontech-Rationierung ist groß, so hatten unter anderem die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns und der Bayerische Hausärzteverband die Pläne bereits am Wochenende heftig kritisiert.

Spahns Ministerium hatte am Freitag angekündigt, dass die Höchstabgabemenge von Biontech-Impfstoff auf 30 Impfdosen pro Woche pro Arzt oder Ärztin beschränkt werden soll. Auch für Impfzentren gibt es eine Deckelung.